Wo der Wind weht. Frederik Hetmann

Wo der Wind weht - Frederik Hetmann


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Räuber rächen könne. Was mich aber noch mehr beschäftigte, war die Tatsache, dass ich das Verschwinden der Gans als eine Art Strafe dafür ansah, dass ich meine Beute den anderen hatte vorenthalten wollen. Aber dann sagte ich mir, dass ich nur so gehandelt hätte, um mich zu stärken und für sie Hilfe zu holen.Wie enttäuscht ich auch sein mochte, der Koch war um die ihm zugedachte Belohnung nicht gekommen, denn Kopf und Hals der Gans hingen noch an dem Baum. Ich kehrte also zum Austernkochen zurück und gab wenig darauf, als man mir sagte, am anderen Ufer hätten sich mehr und mehr Indianer gezeigt; denn mit eigenen Augen konnte ich nie welche entdecken. Der nächste Morgen war der neunte oder zehnte Tag nach unserer Landung. Ich machte mich wieder an die Arbeit und hoffte, ich würde meine Reise an diesem Tag beginnen können.

      Wie ich nun eifrig beschäftigt war, kam die Nachricht, im Süden der Insel sei ein Kanu gesichtet worden. Ach, dachte ich, wieder einmal sieht jemand etwas, das er zu sehen wünscht. Als mir dann aber gesagt wurde, dass die Indianer in der Hütte unserer unglücklichen Frauen gewesen seien und diesen Schellfisch zu essen gegeben hätten, war mir klar, dass es hier nicht um eine Fata Morgana ging. Ich lief sofort hin, um mir das von den Frauen selbst erzählen zu lassen. Die Frauen versicherten, das sei die Wahrheit, und wiesen Muschelschalen vor, wie ich sie in dieser Art noch nie gesehen hatte.

      Weiter berichteten sie, die Indianer hätten nach Südosten gedeutet, woraus sie schlossen, dass sie morgen wiederkommen wollten. Vielleicht wollten sie mit der Himmelsrichtung die Zeit beschreiben, zu der sie sich wieder sehen lassen würden. Dann wäre das etwa gegen neun Uhr, denn zu dieser Stunde steht die Sonne etwa in dieser Himmelsrichtung.

      Die Nachricht gab uns allen neue Hoffnung. Sie wirkte unter uns fast wie ein Wunder. Jene, die sich in der Erwartung des sicheren Todes willenlos hingelegt hatten, kamen wieder auf die Beine.

      Der Besuch der Indianer und ihr anteilnehmendes Verhalten gegenüber den hungernden Frauen machte auch meinen Aufbruch unnötig. Statt dessen verbrachte ich nun meine Zeit damit, mir zu überlegen, welche Haltung wir einnehmen sollten, sobald sich diese Engel des Lichts wieder zeigten. Wir kamen überein, jeder Mann solle neben sich ein geladenes Gewehr liegen haben, aber keiner solle zur Waffe greifen, es sei denn, die Indianer kämen als Feinde, was nach dem, was vorgefallen war, sehr unwahrscheinlich war. Dann allerdings würden wir unser Leben so teuer wie möglich verkaufen. Gaben sie sich aber freundlich, wie zu erwarten stand, so wollten wir ihnen unbewaffnet und freundlich begegnen, denn das haben die Indianer gern. Sie hassen melancholische Gesichter.

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      In freudiger Hoffnung auf eine Errettung durch diese Indianer vergingen die Stunden bis zum nächsten Tag. Dann hielt jedes Auge Ausschau, wann die Sonne endlich im Südwesten stehen werde.

      Als sie dann schon im Süden stand, meinten wir schon, die Indianer hätten es sich anders überlegt. Vielleicht war ihnen etwas dazwischengekommen. Oder war gar ein Unglück geschehen?

      Späher wurden nach rechts und links hin ausgesandt, ohne dass sie den ganzen Vormittag über etwas hätten entdecken können. Und dann, da ich mir überlegte, dass wir nun nicht länger warten konnten, entschloss ich mich doch, hinüberzuschwimmen.

      So vernünftig dieser Entschluss schien, bei dem schlechten Wetter, das herrschte, ließ er sich schwer ausführen. Der Nordwind, der in dieser Gegend sehr kalt bläst, ist noch im Sommer unangenehm, im Winter aber geradezu schneidend. Bei solchem Wind sich längere Zeit im Wasser aufhalten zu müssen, war eine recht abschreckende Vorstellung.

      Ich ließ mich also nur zu gern überreden, es sei zu gefährlich, hinüberzuschwimmen, und dies um so mehr, da ich mir sagte, die Indianer würden schon kommen, wenn wir nur geduldig zuwarteten.

      Um zwei oder drei Uhr gefiel es Gott, die Wende zum Besseren herbeizuführen. Während ich damit beschäftigt war, mich um das Feuer zu kümmern, zeigten sich die Indianer. Sie traten hinter einem großen Baum hervor. Sie lächelten und trugen keinerlei Waffen, ließen auch keine Anzeichen böser Absicht erkennen. Die ganze Gruppe, zwanzig bis dreißig Männer, Frauen und Kinder, kam lachend auf uns zu, und sie schüttelten einem jeden von uns die Hand.

      Die Worte »Ny Top« wurden oft von ihnen wiederholt, und wir begriffen bald, dass sie etwas Freundliches bedeuteten. Später wurden sie uns übersetzt, und wir erfuhren, dass sie »Ny« einen Freund nennen.

      Nach vielen Begrüßungen und »Ny Tops« hin und her brach die Nacht herein und wir begannen, uns mit Zeichen zu verständigen.

      Die Indianer erwiesen mir die Ehre, bei Bitten sich immer an mich zu wenden, vielleicht, weil ich einen Mantel mit Gold und Silberborten trug.

      Die Maiskolben, die uns die Indianer als Geschenke mitgebracht hatten, wurden von uns gern angenommen, und es bedurfte angesichts der Toten und der lebendigen Leichname keines Dolmetschers, um zu erklären, wie willkommen diese Gaben waren. Von unserer Not zeigten sich besonders die Frauen der Indianer sehr beeindruckt. Sie haben oft ein sehr empfindsames und mitfühlendes Gemüt.

      Eine von ihnen schenkte mir den Schenkel eines Schwanes, den ich allein aufaß, so, wie er mir in die Hand gedrückt worden war, mit um so größerem Vergnügen, da es entschieden der größte Schenkel eines Geflügels war, den ich je zu Gesicht bekommen habe.

      Die Indianer blieben zwei Stunden bei uns und gaben uns zu verstehen, sie würden am nächsten Tag wiederkommen. Die Stunde des Rendezvous teilten sie uns mit, indem sie auf den Fleck am Himmel deuteten, an dem die Sonne gegen zwei Uhr steht.

      Ich schenkte dem Häuptling ein Band und noch ein paar Kleinigkeiten, die ihm offensichtlich gefallen hatten, und gab ihm zu verstehen, wie dankbar wir für die freundliche Behandlung seien. »Ha-na Haw« sagten sie zum Abschied, was wohl so viel heißt wie »Auf Wiedersehen«, und dann deuteten sie auf die Stelle, an der die Sonne stehen würde, wenn sie uns wieder besuchten.

       The Pizen Sarpint

      Am 7. August 1761 starb Timothy Nyrick aus Springfield, Massachusetts an den Folgen des Bisses einer Klapperschlange. Ein örtlicher Dichter verfasste über dieses Ereignis eine ernstgemeinte elegische Ballade, aber die Leute fanden die Reime des Textes mehr zum Lachen als zum Weinen. Das Lied wurde später in abgeänderter Form häufig in der Music-Hall gesungen und beklatscht.

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      In Springfield mountain there did I dee-i-ell

      A lovely youthz I knew full we-iell

      Chorus: Riturinu, ritudinay, riturinu, ritudiday

      One day this youth did chance to go-i-o,

      Down in the meadow for to mow-i-o.

      He skeerst had mowed half round the fie-i-ield,

      When a pizen sarpint tuck him by the he-i-eel.

      He laid right down upon the grou-ow-ound,

      Shut both his eyes and looked all ar-ow-ow-ound.

      »O pappy da-wa-wad, go tell my ga-wa-wal,

      That I'm goin' fer to die, I know I sha-wa-wal.«

      »O John, O John, why did you go-wo-wo

      Out in the meadow for to mo-wo-wow?«

      »O Sal, O Sal, why don't you kno-wo-wow

      When the grass gits ripe, it must be mo-wo-wowed?«

      Sal tuck his heel all in her mou-ow-wouth,

      And tried to suck the pizen ou-ow-wout.

      But Sal she had a rotten too-oo-ooth,

      And so the pizen kilt them bo-o-oth.

      Come all young girls and shed one tear-weer-weer,

      For these young folks who died right here-weer-weer.

      Come


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