Vom Verlust der Freiheit. Raymond Unger

Vom Verlust der Freiheit - Raymond Unger


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KAPITEL 6 – MIGRATIONSKRISE

       Im Schatten von Corona

       Zuwanderung

       Euphemismus Multikultur

       Vormund und Mündel

       Säkulare Muslime

       Gott schuf die Angst

       Scharia und Grundgesetz

       Demografie

       Youth Bulge

       KAPITEL 7 – AUSBLICK

       Angst

       Homo hygienicus

       Lockdown oder Kontrolle?

       Freiheitsverlust

       Great Reset

       Finanzcrash

       Krisenkult

       Apokalyptische Reiter

       SCHLUSSWORT

       NACHTRAG

       BIBLIOGRAFIE

       ANMERKUNGEN

       »Denn das Schlimme am Totalitarismus ist ja nicht, dass Böse Böses vorhaben, sondern dass das Gutgemeinte maßlos ausgedehnt wird, bis es schließlich alles andere in der Gesellschaft verschlingt. Der oder die ›total Gute‹ ist auch deswegen so gefährlich, weil die total Guten bis zum letzten Moment glauben, sie seien auf der richtigen Seite. Sie sind völlig blind für die Einsicht, dass man sich selbst begrenzen oder von anderen begrenzen lassen muss – gerade in seinen besten Absichten.«

      REBECCA NIAZI-SHAHABI

      Vorwort

      In meinen bisherigen Büchern geht es um die Frage, welche Mechanismen die authentische Selbstwerdung begünstigen oder verhindern. Obgleich ich mittlerweile als politischer Autor wahrgenommen werde, gilt mein Hauptaugenmerk nach wie vor den Bereichen Psychologie, Kreativität, Spiritualität und Philosophie. In den letzten Jahren habe ich allerdings erkannt, dass alle individualpsychologischen Prozesse auch eine kollektive und damit politische Bedeutung haben. Menschen sind soziale Wesen, sie beeinflussen ihr soziales Umfeld und vice versa. Therapeuten wie Hans-Joachim Maaz weisen zu Recht darauf hin, dass es zwei Arten von Freiheit gibt: eine formal politische, die in einer offenen Gesellschaft wie der unseren eigentlich garantiert sein sollte, und eine innerpsychische. Das Problem ist: Die eine Freiheit bedingt die andere. Verunsicherte, unreife Individuen können nichts zur Sicherung und Ausgestaltung freier Gesellschaften beitragen.

      Ausgehend von meiner Arbeit an kreativen und psychologischen Prozessen, war es nur ein kleiner und folgerichtiger Schritt, die Gesellschaft als Ganzes in den Blick zu nehmen. Als Künstler und Therapeut interessieren mich gesellschaftliche Bedingungen, die ein authentisches und freies Leben ermöglichen. Wie kann man den diversen Fremdbestimmungen, einem Leben aus dem sogenannten »Über-Ich«, entgehen? Um die vielen Fremdbestimmungen und Zugzwänge erkennen und ablegen zu können, muss man zunächst einmal lernen, wirklich erwachsen zu werden, was bekanntlich nichts mit Älterwerden zu tun hat. C. G. Jung würde zudem davon sprechen, dass man lernen müsse, auf die Stimme des »Selbst« zu hören. Andere Therapeuten würden ergänzen, man müsse das »wahre Selbst« erst einmal kennenlernen, es gleichsam freilegen. Ein Leben im »falschen Selbst« bedeutet, dass man als Kind nie die Chance hatte zu lernen, was man wirklich fühlt, braucht oder ablehnt. Was ist echt, eigen und authentisch? Und was wird vorgegeben, befohlen und verordnet? Wer sein wahres Selbst nicht kennenlernen konnte, ist sich seiner nicht bewusst. Einfacher gesagt, er ist nicht selbstbewusst. Menschen ohne Selbstbewusstsein sind zum Konformismus verdammt. Und Menschen ohne Selbstbewusstsein haben Probleme mit dem Eigenen, das nicht erkannt, geschweige denn geliebt und geschützt werden kann. Da Menschen mit diesem Psychogramm keine echte, innerpsychische Freiheit kennengelernt haben, sind sie auch kaum in der Lage, gesellschaftlichen Freiheitsverlust wahrzunehmen. Mehr noch: Normierende, autoritäre Strukturen werden sogar als entlastend erlebt. Viele Menschen, die mit diesem Psychogramm in der Kindheit beschämt wurden, fühlen sich auf eigentümliche Weise einsam und schuldig, ohne ergründen zu können, woran dies liegt. Allerdings finden viele Betroffene schnell heraus, dass sich Scham-, Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle erfolgreich ableiten lassen, indem man Macht über andere erlangt. Wer eine gesellschaftliche Position erringen kann, in der er andere beschämen, maßregeln und belehren kann, vorzugsweise mithilfe zeitgenössischer Moralen, kann seinen innerpsychischen Schmerz erfolgreich lindern. Derartige Machtpositionen finden sich naturgemäß in den Bereichen Ausbildung und Lehre, Politik, Medien und Kultur.

      In Wirklichkeit können narzisstische Persönlichkeiten jedoch weder in der eigenen Familie noch in einer Liebesbeziehung noch im gesellschaftspolitischen Raum frei, innovativ und wahrhaftig interagieren. Im Gegenteil: Zu echter Bindung unfähig, sind diese Charaktere auf ständigen Zuspruch von außen angewiesen; dies bringt Mitläufertum und Opportunismus mit sich. Die Ursachen, eine narzisstische Persönlichkeitsstörung zu entwickeln, sind vielfältig. Immer mehr Fachautoren stellen jedoch erschrocken fest, dass sich das Phänomen des kollektiven Narzissmus häuft. Gerade Deutschlands Besonderheit im »gut sein« legt die Vermutung nahe, dass hier sehr wirkmächtige, kollektive Faktoren greifen. In meinen vorangegangenen Büchern habe ich als Erklärungsansatz den Mechanismus des »transgenerationalen Kriegstraumas« beschrieben, in Die Heimat der Wölfe als erzählende, literarische Familienchronik, in Die Wiedergutmacher als politisches Sachbuch.

      Für die erschreckende Polarisierung der Gesellschaft machen die Medien allgemein einen »Rechtsruck« verantwortlich – ohne dabei den eigenen »Linksruck« wahrzunehmen. Bei genauerer Betrachtung findet die Polarisierung der Gesellschaft jedoch weniger zwischen den Antipoden »rechts« und »links« statt. Die tatsächlichen Grenzlinien verlaufen zwischen narzisstisch und gesund, zwischen totalitär und freiheitlich, zwischen infantil und erwachsen, zwischen Gesinnung und Verantwortung und zwischen Mitläufern und Freidenkern. Narzissmus und Infantilität gehören zusammen. Das vielleicht wichtigste Merkmal des Erwachsenwerdens ist es, sich die inhärente Unverfügbarkeit des Lebens bewusst zu machen und sie anzuerkennen. Ein erwachsenes Bewusstsein erkennt, dass der Mensch ein Stück weit in sein Schicksal gestellt ist und dass der Mensch nicht Gott ist. Erwachsene Menschen halten Zielkonflikte und Widersprüche aus; sie wissen, dass alles seinen Preis hat und vor allem – dass das Leben endlich ist. Kinder wissen dies nicht. Kinder halten sich oder ihre Eltern


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