Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters. Hardy Kettlitz

Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters - Hardy Kettlitz


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– Biografie

      Ray Douglas Bradbury wurde am 22. August 1920 in Waukegan, Illinois, geboren. Sein erster Vorname sollte zunächst Rae lauten, nach Rae Williams, einem Cousin väterlicherseits. Doch ein Lehrer wandte ein, dass der Name zu weiblich klinge und der Junge sicher Probleme deswegen bekommen würde. Und so änderten die Eltern den Namen in Ray. Der zweite Vorname geht auf die Filmleidenschaft der Mutter zurück, denn Douglas bezieht sich auf den Schauspieler Douglas Fairbanks, der damals ein großer Frauenschwarm war.

      Die Familie lebte mit den Großeltern und Rays Tante Neva zusammen. Für kurze Zeit zog die Familie aus Waukegan weg, kehrte aber 1927 wieder in ihr altes Haus zurück. Rays geliebter Großvater und seine kleine Schwester starben, wodurch er schon als kleiner Junge mit dem Tod und dem Verlust geliebter Menschen konfrontiert wurde – ein Umstand, den er später in vielen Kurzgeschichten verarbeitete. Idealisierte Abbilder seiner Familie finden sich in zahlreichen Geschichten wieder, insbesondere in dem episodischen Roman Dandelion Wine, in dem die Großeltern eine wichtigere Rolle als die Eltern spielen.

      Das Jahr 1928 war bedeutsam für Ray. Seine Tante Neva machte ihn mit den Oz-Büchern und den Geschichten von Edgar Allan Poe bekannt, und ein Mädchen, das bei der Familie zu Besuch war, ließ eine aktuelle Ausgabe von AMAZING STORIES QUARTERLY zurück. Es handelte sich dabei um die vierte Ausgabe dieses Magazins (Herbst 1928), auf deren Titelbild ein Mann abgebildet ist, der von einer riesigen Ameise angegriffen wird – eine Illustration zu »The World of Giant Ants« von A. Hyatt Verrill. Dieses Magazin faszinierte Ray und war sein erster Kontakt mit Pulps, die bald zu seiner Leidenschaft werden sollten. Diesem für ihn magischen Jahr setzte er ebenfalls in Dandelion Wine ein Denkmal, denn das Buch spielt im Sommer 1928.

      Im Jahr 1929 erschien erstmals der Comicstrip BUCK ROGERS in den Zeitungen. Ray sammelte jeden einzelnen Strip und erfreute sich daran. Als sich seine Klassenkameraden in der Schule über ihn lustig machten und die Sammelleidenschaft als kindisch bezeichneten, vernichtete Ray seine Sammlung, was er bald darauf bereute.

      1930 entdeckte Ray nicht nur die städtische Bibliothek für sich, sondern auch die Büchersammlung seines Onkels Bion, der mit seiner Familie ganz in der Nähe wohnte. Bion liebte die Bücher von Edgar Rice Burroughs über Tarzan und John Carters Abenteuer auf dem Mars.

      1932, im Alter von zwölf Jahren, hatte Ray ein folgenschweres Erlebnis. Sein Onkel Lester Moberg wurde bei einem Überfall angeschossen und verstarb an den Folgen der Verletzung. Am Wochenende der Beisetzung war ein Jahrmarkt in der Stadt und Ray traf dort »Mr. Electrico«. Der Mann sagte Ray die Unsterblichkeit voraus und stellte ihn den anderen Leuten des Jahrmarktes vor. Ray war fasziniert, und diese Faszination für Jahrmärkte sollte sich später durch sein gesamtes literarisches Werk ziehen.

      Nur Wochen später begann Ray, seine ersten Texte zu schreiben. Er erzählte seiner Familie, dass er Schriftsteller werden wollte, und bekam zu Weihnachten 1932 eine Spielzeugschreibmaschine geschenkt, was ihn sehr glücklich machte.

      1934 zog die Familie nach Los Angeles um, und Ray war schon alt genug, um die Gegend um die Hollywood-Filmstudios auf eigene Faust zu erforschen. Nicht weit entfernt von der Wohnung der Bradburys war ein Premierenkino und Ray sah zahlreiche berühmte Filmstars. Er sprach so viele wie möglich an und sammelte ihre Autogramme. Bei seinen Ausflügen lernte er auch einige Kinder in seinem Alter kennen und traf unter anderem die Gumm Sisters. Frances Gumm, die damals zwölf Jahre alt war, änderte ihren Namen später in Judy Garland.

      Am 18. August 1936 wurde in der WAUKEGAN NEWS-SUN zum ersten Mal ein Text von Ray veröffentlicht, und zwar ein Gedicht, das er anlässlich des ersten Todestages des Radiostars Will Rogers geschrieben hatte. Es war vielleicht nicht sehr gut, aber es war immerhin seine erste Veröffentlichung.

      Ray war ein recht guter Schüler, nur Mathematik lag ihm überhaupt nicht. Er besuchte einen Schreibzirkel, wo er hilfreiche Tipps für seine Kurzgeschichten bekam. Da er selbst nicht über eine Schreibmaschine verfügte, nutzte er jede Gelegenheit, um in den Schreibmaschinenraum der Schule zu gehen und Texte zu tippen. Bereits zu diesem Zeitpunkt verfasste er durchschnittlich eine Story pro Woche.

      Im Herbst 1937 traf Bradbury in einer Buchhandlung auf die Werbung der »Los Angeles Science Fiction Society«, eines Klubs, dessen Mitglieder sich jeden Donnerstag trafen, um sich über Science Fiction zu unterhalten. Gründer dieses Klubs war Forrest J. Ackerman, der nur wenig älter als die anderen Mitglieder war. Bei Bradburys erster Teilnahme an einem Klubtreffen war unter anderem auch Henry Kuttner anwesend.

      Von einem Klubmitglied kaufte Bradbury eine Schreibmaschine und konnte sie, da er nicht genügend Geld hatte, in kleinen Raten von einem Dollar pro Woche abzahlen.

      Forrest J. Ackerman gab das Fanzine IMAGINATION heraus, in dem im November 1937 ein kurzer, humorvoller Text von Bradbury erschien, »Foolosofy & Scientificrax«, und im Januar 1938 seine allererste Kurzgeschichte (»Hollerbochen’s Dilemma«), die schrecklich schlecht war, wie sich Ackerman und Bradbury später erinnerten.

      Im Juni 1938 verließ Bradbury die Los Angeles High School mit einem sehr guten Zeugnis, doch es war in dieser Zeit schwer, eine Arbeit zu finden. Bradbury konnte für eine hohe Abschlagszahlung von 80 Dollar an einer Straßenecke Zeitungen verkaufen. Das beschäftigte ihn nur einige Stunden am Nachmittag, sodass ihm noch ausreichend Zeit zum Schreiben blieb.

      Anlässlich der Wiederaufführung von King Kong lernte Bradbury durch Forry Ackerman einen jungen Mann kennen, der sich mehr für die Vergangenheit als für die Zukunft interessierte, nämlich Ray Harryhausen, mit dem ihn eine lange Freundschaft verbinden und mit dem zusammen er später auch ein Filmprojekt verwirklichen sollte.

      Im Sommer 1939 fand die erste World Science Fiction Convention in New York statt. Bradbury fuhr mit dem Greyhoundbus nach New York und war sehr aufgeregt, denn dort trafen sich ca. zweihundert Fans, Autoren und Herausgeber der noch sehr jungen Science-Fiction-Szene. Die meisten Besucher waren Teenager. Bradbury hatte viele seiner Erzählungen dabei und versuchte, einen Agenten zu finden. Er lernte Julius Schwartz kennen, der schließlich kurze Zeit später sein Agent werden sollte. Bradbury hatte auch sein erstes eigenes Fanzine, FUTURIA FANTASIA, im Gepäck und verteilte es eifrig unter Interessenten (siehe Kapitel 2.1). Ein Erfolg war zumindest, dass er den Herausgeber von WEIRD TALES aufsuchte und ihm die Bilder seines Freundes Hannes Bok vorstellte, der dadurch seine Karriere als professioneller Titelbildzeichner starten konnte.

      Wenige Monate nach der World Science Fiction Convention war der zu diesem Zeitpunkt weitgehend unbekannte Robert A. Heinlein mit seiner Frau Leslyn zu Gast bei der Los Angeles Science Fiction Society. Bradbury schloss Freundschaft mit dem Ehepaar und konnte Heinlein überreden, einen Beitrag für FUTURIA FANTASIA zu schreiben.

      Die Heinleins gründeten selbst eine Art Science-Fiction-Klub, den sie »Mañana Literary Society« nannten und bei dem sich im Haus der Heinleins samstags Leute wie Henry Kuttner, Edmond Hamilton, Leigh Brackett, Jack Williamson und C. L. Moore trafen. Auch Anthony Boucher und L. Ron Hubbard waren gelegentlich zu Gast. Ab und zu wurde Bradbury eingeladen. Heinlein verhalf ihm zu seiner ersten professionellen Veröffentlichung im Literaturmagazin SCRIPT, und obwohl Bradbury kein Honorar erhielt, war er überglücklich und Heinlein mehr als dankbar.

      Im Jahr 1941 vollendete Bradbury jede Woche eine Story. Julius Schwartz konnte zwei dieser Geschichten, die Bradbury zusammen mit seinem Freund Henry Hasse geschrieben hatte, an Pulp-Magazine verkaufen. Nach diesen Veröffentlichungen hat Bradbury beschlossen, lieber allein arbeiten zu wollen. Diesen Umstand hat Hasse ihm nie verziehen und die Freundschaft beendet.

      Leigh Brackett, die Mitglied der Los Angeles Science Fiction Society und ebenfalls bei Julius Schwartz unter Vertrag war, wurde zu einer guten Freundin und Mentorin. Sie war fünf Jahre älter als Bradbury und hatte bereits mehrere Geschichten an PLANET STORIES und ASTOUNDING verkauft. Die beiden trafen sich fünf Jahre lang an so gut wie jedem Sonntagnachmittag am Muscle Beach in Santa Monica, spielten gemeinsam Volleyball, gingen baden und lasen vor allem gegenseitig ihre Storys. Bradbury sagte später, dass er nie von jemand anderem so viel über Plot und Aufbau einer Geschichte gelernt hat wie von Brackett. Besonderen Einfluss hatte sie auf seine Kriminalgeschichten, die ab 1944 in verschiedenen Krimi-Pulps erschienen. Die Novelle


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