Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters. Hardy Kettlitz

Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters - Hardy Kettlitz


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der Siebzigerjahre war Bradbury so bekannt wie nie zuvor. Seine Erzählungen waren in mehr als zweitausend Anthologien erschienen. Der Walt-Disney-Konzern engagierte ihn 1976, um am Konzept des EPCOT-Centers in Florida mitzuarbeiten, vor allem an der Hauptattraktion »Spaceship Earth«, einem 16.000 Tonnen schweren Konstrukt, das von außen wie ein Golfball aussieht. Darin durchfährt der Besucher zahlreiche Etappen der Menschheitsgeschichte, die szenisch durch Puppen dargestellt und über Lautsprecher erläutert werden.

      Im Oktober 1976 erschien dann bei Knopf der nächste Erzählungsband, Long After Midnight.

      Mehrere Regisseure hatten sich für eine Verfilmung von The Martian Chronicles interessiert, darunter auch Fritz Lang und John Huston, doch es kam nie dazu. Erst im Januar 1980 kam eine mehrteilige Fernsehversion von NBC, mit Rock Hudson in der Hauptrolle, auf die Bildschirme. Bradbury hatte mit der Produktion nichts zu tun, das Drehbuch schrieb Richard Matheson. Als Bradbury nach seiner Meinung zu dieser Verfilmung befragt wurde, antwortete er nur: »Langweilig!«

      Als im Oktober 1982 in Orlando das EPCOT-Center von Disney eröffnet wurde, war Bradbury einer der wichtigsten Ehrengäste. Da er unter großer Flugangst litt, ließ er sich mit einem Auto durch die USA fahren, um nach Orlando zu gelangen, weil es dorthin keine Bahnverbindung gab. (Bradbury hat nie in seinem Leben einen Führerschein gemacht.) Diese Reise war anstrengend, zumal das Auto mehrfach kaputtging. Als die Feierlichkeiten nach mehreren Tagen zu Ende gingen, wollte Bradbury die beschwerliche Reise per Auto nicht wieder auf sich nehmen und ließ sich einen Flug buchen. Dieser erste Flug des berühmten Autors erweckte so viel Aufmerksamkeit, dass sogar die Presse darüber berichtete.

      Auch für Something Wicked this Way Comes hatten sich bereits Filmleute interessiert, am stärksten wohl Sam Peckinpah. Bradbury selbst hatte schon 1955 eine Drehbuchversion für Gene Kelly geschrieben. 1977 schließlich verkaufte er die Filmrechte an Paramount und schrieb selbst ein Drehbuch, doch das Projekt fiel durch und Bradbury erhielt die Filmrechte zurück, die er dann 1982 an Disney verkaufte. Aber er bestand darauf, dass Jack Clayton Regie führen sollte, weil er dessen Filme sehr schätzte und bereits mit ihm gearbeitet hatte. Doch Clayton konfrontierte Bradbury kurz vor Drehbeginn mit einem anderen Drehbuch, das er in Auftrag gegeben hatte. Bradbury war entsetzt und wütend.

      Der Film wurde eine Katastrophe, und selbst nachdem viele Szenen nachgedreht und der Schnitt geändert worden waren, erhielt er bei seinem Start in den Kinos im April 1983 nur sehr gemischte Kritiken.

      Viel erfreulicher war dagegen das Angebot, an einer nach ihm selbst benannten Fernsehserie mitzuwirken, die dann auch tatsächlich zumindest in den USA ein relativ großer Erfolg wurde. Lesen Sie dazu Kapitel 12.4.

      1989 wurde Bradbury von den Science Fiction Writers of America mit dem »Grand Master Award« für sein Lebenswerk ausgezeichnet.

      Bradbury schrieb wieder jeden Tag, zum Teil fürs Fernsehen, aber auch weitere Bücher. 1985 erschien der Roman Death is a Lonely Business, 1988 schließlich der Erzählungsband The Toynbee Convector, 1989 der Essayband Zen in the Art of Writing und 1990 die Fortsetzung des Krimis Death is a Lonely Business unter dem Titel A Graveyard for Lunatics. Einen großen Teil dieser Texte schrieb er übrigens in Paris während der alljährlichen Urlaube, die er mit Maggie dort verbrachte.

      1992 schließlich erschien das Buch Green Shadows, White Whale, ein Episodenroman, in dem er seine Erlebnisse in Irland verarbeitete und in dem er, ähnlich wie bei The Martian Chronicles, ältere Geschichten mit Zwischentexten verband.

      Schließlich wurde zu der Zeit, als THE RAY BRADBURY THEATER im Fernsehen endete, doch noch ein Zeichentrickfilm mit dem Titel The Halloween Tree gedreht, übrigens unter anderem mit der Stimme von Leonard Nimoy. Der Film bekam 1992 einen ›Emmy Award‹ in der Kategorie ›Best Animated Children’s Programme‹.

      Bradbury wechselte Mitte der 90er-Jahre seinen Verlag. Donn Albright stand ihm zur Seite, als es um die Zusammenstellung neuer Erzählungsbände ging, in denen neues und altes Material gemischt wurde. Und so erschienen 1996 Quicker Than the Eye und 1997 Driving Blind.

      Am 4. November 1999 erlitt Bradbury einen Herzinfarkt, den er jedoch nach einem Krankenhausaufenthalt überstand.

      Im November 2000, ein Jahr nach dem Herzinfarkt, wurde ihm die größte Ehre seiner Karriere zuteil: Er erhielt die »Medal for Distinguished Contribution to American Letters« von der National Book Foundation, eine der höchsten literarischen Auszeichnungen der USA.

      Obwohl es ihm gesundheitlich schlechter ging, erschien fast jedes Jahr ein neues Buch: der Erzählungsband One More for the Road (2002), sein dritter Kriminalroman Let’s All Kill Constance (2003) und der Erzählungsband The Cat’s Pajamas (2004). Seit 2001 konnte er nur noch die linke Hand richtig benutzen, und so begann er, seine Texte zu diktieren, meist per Telefon seiner Tochter Alexandra.

      Am 24. November 2003 starb Maggie Bradbury an Lungenkrebs. Kurze Zeit später starben weitere Menschen, die wichtig waren in Bradburys Leben, nämlich sein alter Freund Julius Schwartz am 8. Februar 2004 und sein Bruder Skip am 3. April 2004.

      2004 wurde Ray Bradbury vom Präsidenten der Vereinigten Staaten mit der »National Medal of Arts« ausgezeichnet.

      Ray Bradbury starb am 5. Juni 2012 im Alter von 91 Jahren in Los Angeles.

      Bei der Verleihung der »National Medal of Arts«, mit George W. Bush und Laura Bush

      2. – Debüt und erste Erzählungen (1938–1945)

      2.1 – FUTURIA FANTASIA und die Fanzines

      Als Bradbury im Alter von 17 Jahren noch an der Los Angeles High School war, führte ihn Forrest J. Ackerman, der zu einem guten Freund wurde, in das Science-Fiction-Fandom ein. Forry Ackerman gab selbst ein Fanzine mit dem Titel IMAGINATION heraus, in dem Bradbury auch seinen allerersten Text veröffentlichte (»Hollerbochen’s Dilemma«), und fragte Ray, warum er nicht selbst ein Fanzine zusammenstelle. Bradbury verdiente sich zu der Zeit ein paar Dollar als Zeitungsjunge an einer Straßenecke und hatte den festen Vorsatz, Schriftsteller zu werden. Also entstand die Idee zum Fanzine FUTURIA FANTASIA. Er sprach im Laufe der nächsten Monate einige bereits bekannte SF-Autoren an und erhielt tatsächlich Texte von Robert A. Heinlein, Henry Kuttner, Ross Rocklynne, Damon Knight und einigen anderen. Bilder für das Fanzine malte und zeichnete der sehr begabte Hannes Bok, mit dem Bradbury auch später noch freundschaftlich verbunden war.

      Die erste Ausgabe von FUTURIA FANTASIA erschien pünktlich zur ersten World Science Fiction Convention in New York. Bradbury war sehr aufgeregt und fuhr mit seinem Freund Forry Ackerman per Greyhound-Bus nach New York, weil dies die billigste Art zu reisen war. In New York besuchten die beiden Farnsworth Wright, den Herausgeber des Magazins WEIRD TALES, und zeigten ihm die Bilder von Hannes Bok. Und tatsächlich kaufte Wright eines der Bilder als Magazintitelbild für fünfzig Dollar, was damals eine Menge Geld war. Bradbury schreibt in seinem Vorwort zur Buchausgabe von FUTURIA FANTASIA, dass man für rund 80 Dollar quer durch die ganzen USA und wieder zurück reisen konnte, wenn man es richtig anstellte.

      Da Bradbury über kein Geld verfügte, finanzierte Ackerman den Druck von FUTURIA FANTASIA. Die erste Ausgabe kostete in der Vervielfältigung ca. 25 Dollar, und die hundert Exemplare wurden für 10 Cent pro Stück verkauft. Natürlich war das ein Zuschussgeschäft, doch Bradbury wollte, dass möglichst viele Leute sein Fanzine lasen und verteilte sogar viele Exemplare kostenlos auf dem WorldCon, der übrigens nur ca. 200 Besucher hatte.

      Bradbury war damals oft in Geldnöten, wie so viele junge Männer. Als Forrest J. Ackerman in den Neunzigerjahren zu Gast in unserem Berliner Science-Fiction-Club ANDYMON war, erzählte er unter anderem auch eine Anekdote über Bradbury, die ungefähr 1939 passiert sein muss: Ackerman war damals bereits ein engagierter Bücher- und Magazinsammler, und Bradbury bot ihm ein von Edgar Wallace signiertes Exemplar des Romans King Kong an. Ackerman war begeistert und kaufte es sofort, fand jedoch später heraus, dass Wallace das Buch gar


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