The S-Files: Die Succubus Akten. Группа авторов

The S-Files: Die Succubus Akten - Группа авторов


Скачать книгу
unter Sterblichen so wohl fühlen könnte. Ihm zersprang vor Glück beinahe das Herz in der Brust.

      Doch da war auch dieser kleine Stachel, der sich schmerzhaft in seinen Geist bohrte. Als Incubus hatte er gesehen, dass Liebe durchaus Folter sein konnte.

      ›Love hurts, Love scars‹, schoss ihm durch den Kopf. Und plötzlich wurde ihm klar, dass es egal war. Wenn Liebe wirklich schmerzte, dann würde er diese Folter mit Freuden auf ewig ertragen, solange Claire an seiner Seite war.

      Mario Hammer

      J

      osh Carlyle trocknete das gerade gespülte Whiskeyglas sorgsam mit einem weichen Tuch ab und stellte es hinter sich ins Regal. Er nahm ein weiteres Glas vom Tresen und seufzte leicht. Ein langer, anstrengender Tag lag hinter ihm. Es war bereits kurz vor Mitternacht und der große, breitschultrige Mann mittleren Alters gedachte, den Saloon für heute zu schließen. Er kratzte sich an seinem mit Bartstoppeln übersäten Kinn und seufzte erneut. Ja, es wurde wirklich Zeit, für heute Schluss zu machen.

      Während draußen vor der Tür bereits die ersten Kojoten ihren nächtlichen Gesang anstimmten und sich Scharen von Moskitos zum gemeinsamen Tanz an der unstetig flackernden Straßenbeleuchtung einfanden, herrschte im ›Buzzard Bait‹ selbst mittlerweile fast gähnende Leere.

      Obwohl Cashier City, das kleine Städtchen am südlichsten Ende des Rattlesnake Rivers, viel von seinem einstigen Glanz eingebüßt hatte und schon längst nicht mehr erste Anlaufstelle für Goldschürfer und Glücksjäger jeglicher Art war, die ihre tagsüber mühsam erbeuteten Funde des Abends im Saloon gegen ein paar Gläser Getreidesaft eintauschten, herrschte dennoch reger Betrieb in Josh Carlyles Heimatort; zumindest am helllichten Tag. Doch je mehr die Sonne gen Abend anstrengungsbedingt zu erröten begann und sich nach getaner Arbeit zur nächtlichen Ruhe begab, desto ruhiger wurde es in der Stadt. Dasselbe traf auf das Buzzard Bait zu. Verständlicherweise, musste man sagen.

      Noch vor wenigen Monaten hatte Josh seine Gäste stets mit Freuden bis in die frühen Morgenstunden bewirtet, doch jetzt … jetzt war alles anders. Jetzt sahen selbst die hartgesottensten Saufkumpanen und Raufbolde tunlichst zu, noch vor Ende des Tages in ihre Häuser zu gelangen und sich, in ihren warmen Betten liegend, die Decken über die Köpfe zu ziehen.

      Auch an diesem Abend sollte es nicht anders sein, und so befanden sich, neben Josh selbst, lediglich noch ein einzelner Gast sowie der Alte Bob in der staubigen Spelunke.

      Ja, der Alte Bob. Josh Carlyle konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wann und vor allem warum er den dürren Klavierspieler mit mausgrauem Haar und Rauschebart eingestellt hatte. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie alt der Alte Bob überhaupt war, doch ging man nach seinem Aussehen, hätte es sehr gut sein können, dass er sich eines schönen Tages vor etlichen Jahren mit einem Klappstuhl bewaffnet in die Prärie gesetzt hatte und man Cashier City einfach um ihn herum erbaute. Und selbst damals dürfte der spindeldürre Greis schon kein spürbar musikalisches Talent besessen haben.

      Zu später Stunde schlug Bob, um diese Zeit zumeist mit nur noch wenig Restblut im Alkohol, wahllos auf die Tasten seines holzwurmdurchlöcherten Klaviers ein, dass es keine wahre Freude war. Eine angeschossene, dreibeinige Katze, die man über die Klaviatur laufen ließ, hätte unmöglich grausamere Töne hervorrufen können. Nun ja, immerhin war der alte Mann sehr genügsam, wenn es um seine Bezahlung ging; ein paar Becher Whiskey hier und da und eine Schüssel mit gesalzenen Erdnüssen, mehr verlangte er meist nicht.

      Erdnüsse schien auch der letzte, an diesem Abend übriggebliebene Gast nicht zu verschmähen. Zumindest folgerte Josh dies aus dem Umstand, dass er seinem Gegenüber die bereits dritte, beinahe sauber geleerte Schale vor der Nase wegziehen musste. »Sorry, mein Bester, aber wir schließen gleich«, sagte er mit leicht drängendem Unterton und schielte aus dem Fenster. Viel zu lange schon hatte er den Gast gewähren lassen.

      Der kleine, leicht untersetzte Mann auf der anderen Seite der Theke schien ihn nicht gehört zu haben, zeigte er doch keinerlei erkennbare Reaktion. »Hey, Kumpel!« Zur Vorsicht setzte Josh ein Ausrufungszeichen ans Ende seines Satzes, nur, um ganz sicher zu gehen, dass er dieses Mal auf Gehör stoßen würde. »Wir schließen gleich«, fügte er erneut hinzu und blickte nervös auf die alte Standuhr neben sich.

      »Hm? Was?« Wie aus süßen Träumen gerissen schreckte der Mann hoch. Er schien seine Gedanken zu sortieren, verarbeitete langsam das soeben Vernommene und antwortete wie folgt: »Was? Schon? Warum?«

      »Na ja, es ist kurz vor Mitternacht«, entgegnete Josh. »Glaub mir, du willst zur ›Geisterstunde‹ hier nicht auf der Straße herumlaufen.« Er zwinkerte seinem Gast halbherzig zu, wohl wissend, dass es sich seinerseits nicht wirklich um einen Scherz handelte.

      »Na ja«, erwiderte sein Gegenüber. »Ich wäre ja nicht auf offener Straße. Ich wäre ja hier bei Ihnen im Saloon.«

      »Bist ein ganz ein pfiffiges Kerlchen, was?« Der Gastwirt konnte sich ein kurzes, dezentes Lächeln nicht verkneifen, welches jedoch schlagartig von erneut auftretender Nervosität vertrieben wurde.

      »Viel zu selten«, antwortete der Mann, der auf den Namen Darren Mac Allister hörte, und schmunzelte. »Aber Sie haben ja recht. Nützt ja alles nichts. Dann werde ich wohl mal …« Er unterbrach sich selbst mit einem Räuspern, leerte in einem Zug sein Glas und rückte seine Krawatte zurecht.

      Darren Mac Allister war sehr vornehm angezogen, das hatte Josh direkt gemerkt. Viel zu vornehm für eine Gegend wie diese, wenn es nach ihm ging. Und überhaupt wollte der kleine Mann mit seinem Erscheinungsbild nicht so recht hineinpassen in die Welt von Cashier City. Er trug einen feinen, schwarzweiß karierten Nadelzwirn, eindeutig zu sauber für eine alte, heruntergekommene Stadt im tiefsten Westen des Landes. Seine auf Hochglanz polierten Lederschuhe hatten augenscheinlich noch nie in ihrem Leben Staub und Sand aus nächster Nähe gesehen. Seine Hände waren glatt und weich, sanft wie ein Babypopo und ohne jegliche Spur Dreck unter den Fingernägeln. Sein rundliches Gesicht war glatt rasiert, sein schütteres Haupthaar fein gekämmt. Nein, er passte nun wirklich nicht in diese Gegend. Und je länger Josh Carlyle darüber nachdachte, desto mehr verwunderte es ihn, wie Darren Mac Allister es überhaupt geschafft hatte, in einem derart unbenutzt wirkenden Zustand in seinen Saloon gelangt zu sein. Beinahe zerbrechlich wirkte der Mann auf den Wirt, welcher von sich selbst behaupten durfte, eine verdammt gute Menschenkenntnis zu besitzen. Sprach man Josh darauf an, so entgegnete er stets, dass er sie, neben einigen weiteren durchaus nützlichen Eigenschaften, von seiner lieben Großmutter Mary geerbt hatte. Wie sie konnte er die Menschen lesen. So sah er Darren Mac Allister bereits an, um was für eine Art Mensch es sich handelte, als dieser vor wenigen Stunden den Saloon betreten hatte. Er war der typische Mann, der keine Lust mehr darauf hatte, allein zu sein. Der sich nach Gesellschaft sehnte. Nach weiblicher Gesellschaft, um genau zu sein. Und er war beileibe kein Mann, der die Frauen anzog wie das Licht die Motten. Ganz im Gegenteil. Er war der Typ Mann, der auf seine inneren Werte setzen musste. Und bislang schien er damit wohl wenig Erfolg gehabt zu haben. So wenig Erfolg, dass er sogar bereit gewesen war, sich in ein Etablissement zu begeben, das so gar nicht seinem gewohnten ›Jagdrevier‹ entsprach. Wahrscheinlich, und hier war sich Josh nicht ganz sicher, führte sogar ein Hauch von Verzweiflung zu Darrens Entschluss, an diesem Tag das Buzzard Bait zu besuchen.

      Wie dem auch sei. Darren musste gehen. Und das zeitnah. Unter anderen Umständen hätte Josh sehr gern noch weiter mit seinem Gast geplaudert, ihm vielleicht sogar das ein oder andere Getränk spendiert. Doch nicht jetzt. Nicht jetzt, wo die Sonne bereits untergegangen war und die Straßen der Stadt von Gestalten heimgesucht werden würden, denen nichts ferner lag als ein kleines Pläuschchen mit wohlgekleideten Ortsfremden.

      »Mein Herr«, sprach Darren in zwar wohldosierter Lautstärke, die es aber dennoch vermochte, nun ihrerseits den Barkeeper aus seinen Gedanken zu reißen. Er griff zu seinem Hut und erhob sich langsam. »Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Gastfreundlichkeit.«


Скачать книгу