The S-Files: Die Succubus Akten. Группа авторов
ja. Ich schätze, ja. Das können wir doch vielleicht weiterverfolgen, oder? Öfter mal wiederholen?«, fragte Hanna optimistisch die Therapeutin. Helprecht, die zwar mit etwas mehr Zeit wirklich gerne mit Lyzzi weiter über ihre Kindheit gesprochen hätte, stimmte zu und gab befriedigt mit den erzielten Fortschritten weiter zum nächsten Paar.
Feldstudien
Christina Wermescher
B
edächtig ging Belinda vor dem großen Hasenstall, der hinter dem Haus stand, in die Knie. Sie studierte die verschiedenen Schildchen, bis ihre Augen an einem haften blieben, auf dem in krakeliger Schrift geschrieben stand: »Freddy, Deutscher Riese«. Ein Blick durch das Drahtgeflecht verriet ihr, dass der Name hielt, was er versprach. Freddy war mehr Koloss als Kaninchen, genau das Richtige für heute. Schließlich wollte Belinda an diesem Abend ihre Ruhe haben. Zweifelnd besah sie sich ihren handlichen Picknickkorb, verschwand im Haus und kam wenig später mit einem Kartoffelsack zurück.
Obwohl der Garten von einer hohen Thuja-Hecke umgeben war, schaute sie sich kurz um, bevor sie Freddy mit einem beherzten Griff im Genick packte und in den Sack steckte. Der Kaninchenkoloss wurde nicht müde, panisch zu strampeln. Belinda war versucht, den Sack gegen den Türrahmen zu schlagen, als sie ins Haus zurückkehrte. Doch ohnmächtig oder gar tot würde der Schmaus nicht halb so viel Anklang finden.
Sie ging direkt zur Kellertür. Es hatte keinen Sinn, die unliebsame Begegnung unnötig lange hinauszuzögern. Und je eher sie sie hinter sich brachte, desto eher war sie wieder oben und konnte sich auf den Abend mit Wolfgang vorbereiten. Vorsichtig stieg sie die steile Treppe hinunter. Auf halbem Weg streifte sie ihre High Heels ab. Nicht, dass sie Belinda behindert hätten, sie hatte sich sehr schnell an diese Art Schuhe gewöhnt. Nein, aber sie wollte ihr Gegenüber nicht unnötig reizen. Die Treffen im Keller wurden ohnehin zunehmend unangenehmer.
Barfuß schritt sie durch das Halbdunkel. Nur eine nackte Glühlampe erhellte den Raum spärlich. Als sie vor der massiven Stahltür ankam, holte sie tief Luft. Der Schlüssel steckte im Schloss. Belinda drehte ihn um und zog die schwere Tür auf. Das grelle Licht der Neonröhren blendete sie wie jedes Mal, wenn sie dieses Zimmer betrat. So oft schon hatte sie sich vorgenommen, eine andere Beleuchtung zu installieren. Doch insgeheim wusste sie, dass sie es doch niemals tun würde. Zittra war es sicherlich egal, und die wenigen Minuten, die sich Belinda hier aufhielt, rechtfertigten den Aufwand nicht.
Zittra hockte auf einem der beiden Stühle, die ebenso wie der dazugehörende Tisch fest mit dem Boden verschraubt waren. Langsam sah sie auf.
»Du trägst ja immer noch diesen hässlichen Fetzen!«, blaffte sie statt einer Begrüßung. Belinda presste die Lippen zusammen. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, schwang sie den Sack auf den Tisch. Das Riesenkarnickel hoppelte heraus und schaute für eine bange Sekunde in Zittras Richtung. Als sie ihn blitzschnell packte, kreischte er für ein Kaninchen ganz und gar untypisch, doch Belinda wusste, dass sich im Angesicht des Todes alle Säugetiere in etwa gleich anhörten. Kurz vor dem Exitus war ein Hund akustisch nicht mehr von einem Gnu zu unterscheiden, und warum sollte Freddy hier eine Ausnahme machen. Schließlich ließ Zittra ihn lachend los, und er flitzte in Windeseile vom Tisch herunter und in die gegenüberliegende Ecke des Zimmers schräg hinter Belinda, um sich dort zusammen zu kauern und vor Angst zu zittern.
»Freddy findet meine Erscheinung wohl ansprechender als deine«, kommentierte Belinda trocken.
»Bring doch morgen ein Salatblatt mit, dann fragen wir es nach seiner Meinung«, konterte Zittra ohne zu zögern.
Belinda seufzte. Sie hatte diese Streitereien so satt. Langsam setzte sie sich auf den zweiten Stuhl. Zittras Gesichtsausdruck verriet, dass sie diese Annäherung überraschte. Nicht dass Belinda ihr Einverständnis für irgendetwas brauchen würde, aber ohne die Gewissheit, einen Feind im Keller zu haben, wäre ihr doch wohler. Darum versuchte sie es nun mit versöhnlicheren Tönen.
»Mutter. Wie lange willst du denn noch mit mir streiten?«
Bei der Anrede »Mutter« zuckte Zittra kurz zusammen, doch ihre Miene versteinerte sich sofort wieder. Grimmig funkelte sie Belinda aus ihren orangefarbenen Augen an.
»So lange, bis du zur Vernunft gekommen bist!«
»Aber was ist denn so schlimm an meinem neuen Outfit?« Belinda strich sich durch die blonde Mähne und rückte ihren Busen zurecht.
»Ich verkleide mich doch auch nicht als Schwein!«, schrie Zittra. Speichel tropfte von ihren spitzen Zähnen, während sie Belinda angewidert musterte. »Das ist absurd und abstoßend. Kuronne, du bist unsere fähigste Jägerin, und nun rennst du herum in der Hülle eines Beutetiers. Schämst du dich denn nicht?«
Belinda atmete tief durch und bemühte sich ruhig zu bleiben. Sie war gegen Zittras Vorhaltungen schon abgestumpft, trotzdem hörte sie den Zorn leise in sich brodeln. Allerdings lag ihr diesmal mehr daran, Verständnis bei ihrer Mutter zu wecken, statt der eigenen Wut freien Lauf zu lassen.
»Sie sind so viel mehr als Beutetiere«, versuchte sie sich zu erklären. »Sie haben so viele verschiedene Talente. Darin sind sie uns sogar recht ähnlich.«
Zittra funkelte sie böse an. »Wir sind uns überhaupt nicht ähnlich«, brauste sie auf. »Die Menschen sind faul und unfokussiert!«
»Das mag sein. Aber dennoch erschaffen sie ganz Erstaunliches! Es ist, als hätten sie den Müßiggang, den wir immer verteufeln und um jeden Preis vermeiden, für sich entdeckt und perfektioniert.« Begeisterung schlich sich in Belindas Stimme. »Sie bauen riesige Häuser und Rondelle, in denen man Geschichten auf einer großen Wand anschauen kann oder Spiele mit einem oder gar mehreren Bällen. Ja, du hast richtig gehört, Mutter. Auch die Erwachsenen spielen oder sehen einfach dabei zu und das mit einer Begeisterung, die wirklich faszinierend ist.«
Zittra schnaubte.
»Und diese Geschichten, auf dieser großen, weißen Wand, die werden nicht einfach nur erzählt. Man kann sich dort richtig ansehen, was geschieht, als ob man mittendrin wäre in der Handlung.«
Zittra ballte ihre schwarze, ledrige Hand zur Faust und schlug vehement auf die Tischplatte.
»Schluss jetzt!«
Belinda blieb noch einen Moment sitzen, und schaute ihre Mutter resigniert an. Das Gespräch schien beendet zu sein. Schließlich erhob sie sich und ging wortlos zur Tür. Freddy kauerte noch immer verängstigt in der Ecke.
»Du brauchst nicht abzusperren, Kuronne«, rief Zittra plötzlich. »Ich werde brav hier warten, bis du zur Besinnung gekommen bist. Dieser Wahnsinn dauert nun schon viel zu lange, deshalb bin ich sicher, dass es bald vorbei sein wird.«
Belinda sah nicht zurück und schlug die Stahltür hinter sich zu. Ohne zu zögern drehte sie den Schlüssel um.
Auf dem Weg nach oben zog sie ihre High Heels wieder an. Wolfgang schien diese Art Schuhe an ihr zu mögen. Warum, erschloss sich ihr nicht. Aber wenn sie dieses Menschenleben ausprobieren wollte, dann musste sie sich damit abfinden, dass sie nicht alles verstand. Manchmal kam es ihr bei ihren Studien gar so vor, als würden die Menschen sich selbst oftmals nicht verstehen. Aber das würde sie Zittra natürlich nicht auf die Nase binden.
Sie zündete mehrere Kerzen an und füllte zwei bauchige Gläser mit einer dunkelroten Flüssigkeit aus Trauben, wie sie es in einer bunten, mehrseitigen Schrift extra für Menschenfrauen nachgelesen hatte. Dann schlüpfte sie in das kurze Kleid, auf das Wolfgang immer ähnlich freudig reagierte wie auf ihre High Heels.
Wenige Minuten später klingelte es. Wolfgang stand mit einem Blumenstrauß vor der Tür, was gemäß dem bunten Schriftstück in etwa das Pendant zu ihren Vorbereitungen hinsichtlich Kerzenlicht und vergorenen Trauben darstellte. Sie schien also alles richtig gemacht zu haben. Erleichtert bat sie ihn herein.
Sie