Lehren und Lernen auf der Sekundarstufe II (E-Book). Группа авторов

Lehren und Lernen auf der Sekundarstufe II (E-Book) - Группа авторов


Скачать книгу
Einstellung gegenüber neuen beruflichen Herausforderungen sind schließlich auch die Lehrpersonen und ihre Kompetenzen nicht zu vernachlässigen. Die Modellierung und Erfassung der professionellen Kompetenz von Lehrpersonen für «Wirtschaft und Gesellschaft» stand im Zentrum des Teilprojekts 3 des Leading House LINCA. Die Untersuchungen brachten beispielsweise zutage, dass für die Ausbildung von Lehrpersonen insbesondere die Entwicklung des fachdidaktischen Wissens und Könnens gestärkt werden sollte (vgl. Eberle & Holtsch, 2018).

      3.3Erkenntnisse für die Steuerung des Schweizer Bildungssystems

      Mit seinen drei Pfeilern – Schule, Unternehmen und überbetriebliche Kurse –, die den Lernenden durch gemeinsames Wirken das Werkzeug für ihre spätere Tätigkeit in der Arbeitswelt geben sollen, ist das Berufsbildungssystem der Schweiz hochkomplex. Dies in der Forschung abzubilden, braucht fundierte Systemkenntnisse und wissenschaftliche Kreativität. Prof. Dr. Franz Eberle und seinem Team gelang genau dieser Spagat. Die im Rahmen des Leading House LINCA gewonnenen Forschungsresultate beispielsweise konnten zielgruppenadäquat kommuniziert werden und trugen so zu deren Valorisierung bei. Die neuen Erkenntnisse für die Entwicklung des kaufmännischen Berufes sind dabei vielzählig und liefern wichtige Hinweise für die Praxis und die Steuerung des Bildungssystems. Die bis zum Abschluss des Leading House gewonnenen Erkenntnisse werden aber mit Sicherheit weiter diskutiert und bei der Umsetzung künftiger Reformen, insbesondere im kaufmännischen Bereich, in die Überlegungen einfließen.

      4Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz

      4.1Einzelprojektforschung mit internationaler Reichweite

      Schließlich setzte sich Prof. Dr. Franz Eberle auch mit spezifischen kleineren Forschungsprojekten für die Berufsbildung der Schweiz ein. Für die Durchführung der Projektstudie «Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenzen» reichte Prof. Dr. Franz Eberle gemeinsam mit Prof. Dr. Stephan Schumann beim SBFI (damals BBT) einen Förderantrag ein. Das Gesuch stieß auf breites Interesse und erfüllte die hohen wissenschaftlichen Ansprüche. Die Forschungsarbeiten konnten im Frühling 2012 aufgenommen werden.

      Bei der Studie «Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenzen» handelte es sich um ein Teilprojekt des Verbundprojekts «Kompetenzen in der kaufmännischen Berufsbildung» (Competencies in the Field of Business and Administration, Learning, Instruction, and Transition – CoBALIT) des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Dieses Verbundprojekt wiederum war Teil der BMBF-Forschungsinitiative «Technologie-orientierte Kompetenzmessung in der Berufsbildung» (ASCOT) und verfolgte u.a. das Ziel, ein technologiebasiertes Testinstrumentarien-Set zur Erfassung von kaufmännischer Kompetenz zu entwickeln.

      4.2Wirtschaftsbürgerliche Kompetenz

      Das Schweizer Forschungsteam um Prof. Dr. Franz Eberle war für die ergänzende Messung von wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz zuständig, deren Erwerb in der Schweiz explizit und in Deutschland zumindest teilweise zu den Bestandteilen einer beruflichen Grundbildung im kaufmännischen Bereich gehört. Im Gegensatz zu Berufsfertigkeit und -fähigkeit beruht die wirtschaftsbürgerliche Kompetenz auf einem allgemeinen Wirtschafts- und Gesellschaftsverständnis und nicht auf der wirtschaftsberuflichen Bildung. Neben einem näheren Beschrieb des Modells wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz und einem entsprechenden Messinstrument lieferte das Teilprojekt deshalb auch eine Analyse des Verhältnisses zwischen wirtschaftsbürgerlicher und kaufmännischer Kompetenz.

      Das Teilprojekt kam im Sommer 2016 zum Abschluss. Das entwickelte Instrument zur Erfassung von wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz erwies sich als größtenteils gut, und die getroffenen Modellannahmen zur zweidimensionalen Struktur der wirtschaftsbürgerlichen Kompetenz ließen sich bestätigen. Die deskriptiven Resultate zeigten hingegen, dass seitens Ausbildungspraxis und Politik weiterhin Handlungsbedarf besteht. Zwar schnitten die Schweizer Lernenden beim Test zur Erfassung der wirtschaftsbürgerlichen Kompetenz besser ab als die deutschen Kolleginnen und Kollegen ohne Hochschulreife und zumindest gleich gut wie diese mit Abitur – was darauf hinweist, dass sich in der Schweiz die höhere Gewichtung der wirtschaftsbürgerlichen Kompetenz sowie die Kombination von Allgemein- und Berufsbildung in der kaufmännischen Ausbildung durchaus bewähren. Dennoch ist das allgemeine Wirtschafts- und Gesellschaftsverständnis auch bei Schweizer Lernenden stark lückenhaft, und es besteht weiterhin Spielraum für Verbesserung.

      4.3Breite Valorisierung der Forschungsresultate

      Die im Rahmen des Projektes «Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenzen» gewonnenen Erkenntnisse liefern einen wichtigen Beitrag zur Berufsbildungsforschung sowie zur Weiterentwicklung der Schweizer Berufsbildung. Valorisierung im Sinne von Nachwuchsförderung und wissenschaftlicher Vernetzung erfolgte durch die Einbindung des Projektes in CoBALIT und ASCOT. Die Praxisverantwortlichen profitierten vom Projekt bereits während der Projektlaufzeit durch den konsequenten Einbezug von beteiligten Lernenden und Branchen. Insbesondere das entwickelte Testinstrument könnte auch in der Zukunft zu Evaluationszwecken und zur Sensibilisierung von Ausbildnerinnen und Ausbildnern in den überbetrieblichen Kursen dienen. Für die Bildungspolitik lieferten schließlich vor allem die deskriptiven Erkenntnisse einen Ansatz für die Weiterentwicklung der Berufsbildung (vgl. Eberle, Schumann, Kaufmann, Jüttler & Ackermann, 2016).

      Danksagung

      Die Evaluation von MAR95, das Leading House LINCA und die Einzelprojektstudie zur Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenzen sind nur eine Auswahl von Projekten, die die Politikbereiche des SBFI tangieren und bei denen Prof. Dr. Franz Eberle eine wichtige und ausschlaggebende Rolle wahrgenommen hat. Unter seiner Verantwortung entstand eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien mit Erkenntnissen, die weitreichende Folgen für das Bildungssystem der Schweiz hatten. Neben den Forschungsresultaten, die bereits den Weg in die Praxis gefunden haben, hat Prof. Dr. Franz Eberle aber einige Feststellungen zutage gebracht, deren Valorisierung noch nicht abgeschlossen ist oder deren Nutzen für die Steuerung und Weiterentwicklung des Bildungssystems noch gar nicht abschließend gewürdigt werden kann. Mit Blick auf dieses Potenzial wird mir bewusst, welch umfangreiches Expertenwissen dem Bund, unseren Partnern aus Bildung und Praxis sowie der Forschung hier vorhanden ist, und deshalb hoffe ich, dass wir vom Wissen, der Erfahrung und dem breiten Netzwerk von Prof. Dr. Franz Eberle auch nach seiner Emeritierung noch profitieren können. Ich danke im Namen des SBFI herzlich für seine Leistungen als Forscher und Mensch. Für die Zeit nach der Emeritierung wünsche ich ihm und seiner Familie alles erdenklich Gute.

      Literatur

      Eberle, F., Brüggenbrock, C., Rüede, C., Weber, C., & Albrecht, U. (2015). Basale fachliche Kompetenzen für allgemeine Studierfähigkeit in Mathematik und Erstsprache. Schlussbericht zuhanden der EDK. Revidierte Fassung vom 12. Januar 2015. Zürich: Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich.

      Eberle, F., Gehrer, K., Jaggi, B., Kottonau, J., Oepke, M., & Pflüger, M. (2008). Evaluation der Maturitätsreform 1995 (EVAMAR). Schlussbericht zur Phase II. Zürich: Institut für Gymnasial- und Berufspädagogik, Universität Zürich.

      Eberle, F., & Holtsch, D. (2018). Leading House LINCA. Lehr-Lernprozesse im kaufmännischen Bereich. Valorisierungsbericht. Zürich: Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich. Online: www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home/bildung/berufsbildungssteuerung-und-politik/berufsbildungsforschung/leading-houses/lehr-lernprozesse-im-kaufmaennischen-bereich.html [7.8.2018].

      Eberle, F., Schumann, S., Kaufmann, E., Jüttler, A., & Ackermann, N. (2016). Modellierung und Messung wirtschaftsbürgerlicher Kompetenz (WBK). Valorisierungsbericht z.H. des SBFI. Zürich: Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Zürich. Online: www.sbfi.admin.ch/sbfi/de/home/bildung/berufsbildungssteuerung-und-politik/berufsbildungsforschung/einzelprojekte/themenbereich-kompetenzentwicklung/modellierung-und-messung-wirtschaftsbuergerlicher-kompetenzen.html


Скачать книгу