Killerrache: Krimi Koffer 9 Romane. Alfred Bekker
gehen Sie mir besser nicht weiter auf die Nerven. Sie bekommen Ihre Papiere. Mein Wort darauf!"
Ich fragte mich, was sein Wort wert sein würde. Ich hoffte genauso viel wie beim letzten Mal. Aber leider unterliegt ja so gut wie alles der Inflation.
Plötzlich fragte er: "Von wo aus rufen Sie an?"
"Warum interessiert Sie das?"
Er schwieg zunächst und ich fragte mich, was das werden sollte. Dann sagte er: "Sie wollten doch Informationen über einen Mann namens Khalil. Libanese, wenn ich mich recht erinnere."
"Sicher", bestätigte ich.
"Wie viel wäre Ihnen das wert?"
"Mindestens so viel wie die Papiere. Wenn es sich um brauchbare Informationen handelt."
"Können wir uns treffen?"
"Wenn Sie mir etwas zu sagen haben, können Sie das auch am Telefon. Außerdem sehen wir uns ja, wenn ich die Papiere kriege."
Ich hatte keine Lust, mich mit ihm zu treffen, das war die schlichte Wahrheit. Und ich glaubte auch nicht, dass er schon etwas haben konnte, das mich interessierte. Nicht nach den paar Tagen. Ich nahm an, dass er nur etwas heiße Luft produzieren und mich dafür abkassieren wollte. Seine Reaktion gab mir recht.
"Gut", meinte er. "Dieses Geschäft läuft uns ja nicht weg!"
"Nein, das tut es nicht."
Ich legte auf.
Dritter Teil
Am Donnerstag war ich pünktlich am Flughafen, um Krylenko abzupassen, aber er kam nicht. Vier Tage lang nahm ich mir jede Maschine vor, die aus Moskau kam. Nichts. Erst am Montag tauchte er dann auf. Er hatte einiges getan, um sein Äußeres zu verändern, sich rasiert, sich die Haare dunkel gefärbt und eine dunkle Brille auf der Nase. Aber ich erkannte ihn trotzdem sofort. Er war so dämlich, eine russische Illustrierte aus der Manteltasche herausragen zu lassen. Und da wusste ich gleich, dass er es war. Wenn du länger leben willst, musst du cleverer werden, Krylenko!, dachte ich bei mir und ich fragte mich, ob er noch Zeit genug haben würde, um in diesem Punkt dazuzulernen. Krylenko kam natürlich nicht allein. Zwei Männer begleiteten ihn. Beide mit Schnurrbärten, beide dunkelhaarig, der eine vielleicht Mitte zwanzig, den anderen schätzte ich auf fünfundfünfzig.
Der Jüngere war sehr schlank, fast zierlich, der Ältere hatte einen Bauch und sah im Ganzen wie ein etwas zu blass geratenes Abziehbild von Saddam Hussein aus. Die beiden machten einen nervösen Eindruck und blickten sich immer wieder nach allen Seiten um. Seine Frau hatte Krylenko offenbar noch zu Hause in Moskau gelassen. Vermutlich wollte er sie später nachholen. Die Dreier-Gruppe kam ohne Schwierigkeiten durch die Kontrollen. Mit dem Gepäck brauchte Krylenko sich nicht herumzuärgern. Das holte einer der beiden schnauzbärtigen Wachhunde ab, und zwar der Jüngere, während der Ältere unruhig den Blick umherschweifen ließ.
Ich hielt mich im Hintergrund. Schließlich war ich nun wirklich nicht daran interessiert, irgendwie auf mich aufmerksam zu machen. Stattdessen sah ich mich nach Leuten um, die sich eventuell ebenfalls für Krylenko und sein Gefolge interessierten. Vielleicht jemand, der einen ähnlichen Zettel wie ich bekommen hatte, mit einem Datum und einer Uhrzeit, und der nun gekommen war, um den Russen in Empfang zu nehmen.
Mir fiel tatsächlich jemand auf. Eine Frau.
Aber sie war ganz gewiss keiner der Killer, die der graue Mann, der auch unter dem Namen Harry aufgetreten war, auf Krylenko angesetzt hatte.
Ich erkannte sie von den Fotos wieder, die der Graue mir in das Gepäckfach am Bahnhof gelegt hatte. Sie war zwar etwas älter geworden, vielleicht auch eine Spur fülliger und außerdem machte die Lockenfrisur, die sie jetzt trug, einen völlig anderen Typ aus ihr - aber sie war es. Sie war Krylenkos Tochter.
Die Begrüßung war kurz, aber herzlich. Dann hakte sich die junge Frau bei Krylenko unter.
Ich folgte der Gruppe vor die Tür. Dort wartete ein dunkelblauer Mercedes. Der Fahrer deutete auf die Uhr und schien damit zur Eile aufzufordern.
Krylenko stieg hinten ein und wurde von seinen beiden Bewachern in die Mitte genommen. Seine Tochter nahm vorne auf dem Beifahrersitz Platz. Der Wagen fuhr sofort los und ich hatte Mühe, schnell genug zu meinem eigenen zu gelangen, einzusteigen und hinterherzukommen. Am Scheibenwischer sah ich das Knöllchen. Ich hatte die vorgeschriebene Höchstparkdauer überschritten. Mein Versuch, in den laufenden Verkehr einzufädeln, war ziemlich riskant und entsprach auch nicht gerade dem, was man in der Fahrschule so beigebracht bekommt. Irgend jemand hupte und zeigte mir den Vogel. Aber ich kam dennoch durch.
Wenn ich den blauen Mercedes verlor, würde ich einer meiner letzten, einigermaßen vielversprechenden Spuren verlieren. Also setzte ich alles daran, ihm auf den Fersen zu bleiben und das möglichst so, dass Krylenko und sein Anhang nichts davon mitbekamen.
Ich fragte mich was wohl geschehen würde, wenn ich meinen Auftrag jetzt doch noch ausführte. Ich dachte an die halbe Million, von der nur hunderttausend auf meinem Konto waren.
Aber dann schob ich den Gedanken ziemlich rasch wieder bei Seite. Sollten sich andere die Finger daran verbrennen.
Meine Probleme waren schon groß genug.
Es ging hinaus auf die Autobahn. Der Mercedes legte ein ziemlich hohes Tempo vor und fuhr fast auf ausschließlich der linken Fahrbahnseite.
In sicherer Entfernung folgte ich ihm. Das ging vielleicht vierzig, fünfzig Kilometer so, dann nahm er eine Ausfahrt, was ich erst im letzten Moment mitbekam, weil ein Sattelschlepper mir die Sicht verdeckte.
Ich musste stark abbremsen.
Mein Hintermann fuhr mir fast in den Kofferraum. Ich sah ihn im Rückspiegel wild gestikulieren und war froh, dass ich mir nicht anhören musste, was er gerade so vor sich hin schimpfte. Aber die Krylenko-Leute hatten von diesem Bremsmanöver nichts mitbekommen.
Ich fuhr ihnen im Sichtschatten des Sattelschleppers nach.
Es ging auf eine Landstraße, dann auf eine kleinere Landstraße, durch ein Dorf und durch noch eins und dann auf eine hundertfach geflickte Asphaltpiste, die sich in Serpentinen durch ein Waldgebiet schlängelte.
Irgendwann bog der Mercedes dann seitwärts ein. Ich wartete eine Weile, bis ich ihm folgte. Es war kaum mehr, als ein Waldweg, dem sich der Mercedes da anvertraut hatte. Die Reifenspuren hatten sich tief in den weichen Boden gegraben. Nach einiger Zeit kam Sand und dann schließlich Schotter.
Der Weg teilte sich. Ich hielt den BMW an und und stieg aus. Von dem Mercedes war nirgends mehr etwas zu sehen. Und aussagekräftige Spuren gab es auch keine mehr auf dem hartgepressten Schotter.
Ich