Grundlagen der Visuellen Kommunikation. Stephanie Geise

Grundlagen der Visuellen Kommunikation - Stephanie Geise


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genau zu notieren. Bei Zeitungsartikeln sollten Sie den Namen der Zeitung, das Datum der zitierten Ausgabe und die Seitenzahl nicht vergessen; bei Internetquellen die URL-Adresse, sowie bei elektronischen Artikeln aus Fachzeitschriften die Angabe des DOI (Digital Object Identifier). Für Blogs und Websites gilt es zudem, zusätzlich das genaue Datum Ihres letzten

      Zuganges festzuhalten. Diese Quellen müssen in der Beschreibung selbst nicht genannt werden. Sobald Sie jedoch auf die Interpretationsebene (Kapitel 4.3) gelangen, müssen Sie Ihre Argumente belegen und da brauchen Sie dann Ihre Schriftquellen. Also ersparen Sie sich doppelte Arbeit und halten Sie die Quellenangaben von Beginn an detailliert fest! Zur korrekten Angabe der Literatur gibt es auf www.utb-shop.de einen Praxistip.

      Ein Beispiel für eine analytische Beschreibung findet sich in Kapitel 4.3 auf S. 62–63.

      Zur Interpretation benötigen Sie Ihren Dokumentsinn (vgl. Abb. 1, S. 25), Kenntnisse über den spezifischen sozio-kulturellen Bildkontext, in dem sich politisches und soziales Handeln vollzieht sowie das auf Basis Ihrer Recherche angeeignete Wissen über die Produktionsstrukturen (Produktionsanalyse), die Gestaltungs-, Typen- und Motivgeschichte des von Ihnen zu interpretierenden Bildes (Produktanalyse) sowie ggf. Instrumente zur Ermittlung eigener Daten, wenn Sie sich auf die Interpretation der Bildrezeption konzentrieren (Wirkungsanalyse). Einen Einstieg in die Wirkungsanalyse gibt das nachfolgende Kapitel 5. Neben der Kommunikationswissenschaft sind es vor allem die Psychologie, die Kognitionswissenschaft und die Werbewirkungsforschung, die sich mit den Wirkungsaspekten von Bildern auseinandersetzen. Auch wenn hier noch Forschungsbedarf besteht, liegen mittlerweile vielversprechende Ansätze vor, die in Kapitel 5 ausführlicher behandelt werden.

      Im Folgenden liegt der Schwerpunkt auf der Bildinterpretation im Rahmen von Produkt- und Produktionsanalysen. Die beiden Letztgenannten sind im Vergleich zur Wirkungsanalyse insofern voraussetzungslos, als dass zusätzlich zur Bildvorlage lediglich die üblichen Recherchemittel Internet und Bibliothek benötigt werden. Wirkungsanalysen sind hingegen meist komplexe empirische Forschungsvorhaben, die selten von einer Einzelperson durchgeführt werden können, da die Entwicklung eines Fragebogens oder eines Experiments und die Durchführung der Befragung bzw. des Experiments, sowie die Auswertung der so generierten Daten sehr arbeits-, zeit- und kostenintensiv sind. Bildwirkungsforschung findet daher oft im Team statt. Leider sind nicht alle Studien zu Bildwirkungen öffentlich zugänglich, da sie Auftragsarbeiten für die Werbewirtschaft sind.

      Zudem ist die Wirkungsanalyse in gewissem Sinn abhängig von einer vorausgegangenen Produktions- und Produktanalyse.

      Produkt- und Produktionsanalyse sind Voraussetzungen der Wirkungsanalyse.

      Für die meisten Fragestellungen zur Wirkung von Bildern ist eine profunde Produktund Produktionsanalyse wichtige Voraussetzung. Während die Wirkungsanalyse die Adressaten und Rezipienten Visueller Kommunikation erforscht und dabei die Frage klärt, wie Bilder auf welche Personengruppe wirken, fragt die Produktanalyse nach den bildimmanenten Bedeutungspotenzialen: Was ist auf dem Bild wie dargestellt? Die Produktionsanalyse konzentriert sich auf die Bildproduzenten und den Entstehungskontext: Wann ist das Bild wie und warum entstanden? Produkt- und Produktionsanalyse stellen also eine wichtige Voraussetzung der Wirkungsanalyse dar, denn nur wenn die Bedeutungspotenziale der Bilder und ihre Funktionen ermittelt sind, kann zielgerichtet nach den Wirkungen der Bilder geforscht werden. Auch für die Erstellung von wirkungsorientierten Erhebungsinstrumenten (z. B. Fragebögen) kann eine Produktionsanalyse hilfreich sein. So lassen sich beispielsweise bei qualitativen Interviews mit den Bildproduzenten leicht der Adressatenkreis sowie die intendierten Rezeptionseffekte in der bestimmten Zielgruppe ermitteln – und dann entsprechend empirisch testen.

       Praxistipp: Bildinterpretation

      Klären Sie von Beginn an für sich, auf welchen Aspekt der Visuellen Kommunikationsforschung Sie sich konzentrieren möchten – Produkt-, Produktions- oder Wirkungsanalyse –, denn Ihre Schwerpunktsetzung ist ausschlaggebend für die Wahl Ihres methodischen Vorgehens.

      Hüten Sie sich vor Überinterpretationen und Überfrachtungen. Nicht jedes Detail ist gleichermaßen relevant. Entscheidend ist, dass Sie bei der Interpretation die forensisch ermittelten Indizien zu einer sinnvollen, intersubjektiv nachvollziehbaren Erklärung zusammenfügen. Diese kann durchaus ambivalent sein. Erscheinen Ihnen zwei »Interpretationsfährten« relevant, dann verfolgen Sie beide und wägen Sie beide Varianten gegeneinander ab. Behalten Sie auch Gegen-Standpunkte im Blick. Die beiden der Interpretation vorangehenden Schritte, Bildbeschreibung und Bildanalyse, sind dabei wichtige Voraussetzungen, um nicht zu Kurzschlussinterpretationen zu gelangen. Bedenken Sie auch, dass Ihre eigene Bildinterpretation nicht unbedingt von anderen Rezipienten geteilt wird. Versuchen Sie daher selbstkritisch zu bewerten, wie stichhaltig Ihre eigene Beschreibung, Analyse und Interpretation ist und auf welche Quellen und »Beweise« Sie sich dabei stützen.

      Die Interpretation von Grafiken, Fotografien und Tafelbildern muss sich anderer Instrumentarien und Methoden bedienen als die Interpretation bewegter Bilder. Wenn es sich zudem bei den zu analysierenden und interpretierenden Grafiken (vgl. Abb. 15, S. 56) um historisches Material handelt, liegt die Anwendung historischer bzw. kunsthistorischer Ansätze nahe.

      Das Geheimnis des Stiches kann nun gelüftet werden: Es handelt sich hier um das Frontispiz zu einer philosophisch-kulturwissenschaftlichen Abhandlung aus dem 18. Jahrhundert. Der aus Neapel stammende Wissenschaftler Giovanni Battista Vico (1668–1744) stellte der dritten Auflage seines Hauptwerkes »Prinzipien einer neuen Wissenschaft über die gemeinsame Natur der Völker« 1744 jenes Frontispiz voran. Dabei ließ es Vico nicht bei der bloßen Illustration seines Werkes bewenden. Er verfasste vielmehr eine beinahe 30-seitige Einleitung, welche die abgebildeten Symbole detailgenau erläutert und zudem deutlich macht, wie ein Bild Informationen verdichtet. Denn in der vorangestellten Grafik sei, so der Autor, die Idee seines gesamten Werkes enthalten. Gleich zu Beginn der »Erklärung des an den Anfang gestellten Bildes, die als Einleitung in das Werk dient«, schreibt Vico (1744/1990: 3):

      »So zeigen wir hier eine Tafel der politischen Verhältnisse, die dem Leser behilflich sein soll, die Idee dieses Werkes vor der Lektüre zu erfassen und sie nach der Lektüre mit Hilfe der Phantasie leichter im Gedächtnis zu behalten.«

      Eine analytische Bildbeschreibung, die ausdrücklich auf Vicos Kommentar Bezug nimmt, könnte folgendermaßen lauten:

       Beispiel für eine analytische Beschreibung zu Abb. 15 (Frontispiz Giambattista Vico)

      Das Bild ist in zwei Teile gegliedert: Der eine Bereich ist der Visualisierung der immateriellen Dinge vorbehalten, der andere visualisiert die materiellen Aspekte des menschlichen Lebens.

      Die weibliche Allegorie verkörpert die Metaphysik, die, und das ist typisch für die Denkweise des Autors, als visuelle Metapher die Bedeutung des Begriffes sprichwörtlich umsetzt, denn sie steht – über der Physis – auf der Weltkugel, die die natürliche Welt symbolisiert. Ihr Blick ist gebannt durch das Auge Gottes, der in einem Lichtstrahl seine Vorsehung auf die denkende Menschheit herabschickt. Aber nicht nur diese soll in Gestalt der Metaphysik von ihr profitieren. Auf ihrem Brustamulett trägt die


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