Erfolgreich Publizieren. Barbara Budrich
Auswirkung monokulturell angelegter Forstwirtschaft in Deutschland. Denken Sie sich analoge Gegenstände für Ihr Fachgebiet aus. Wenn Sie versuchen, von Ihrer eigenen derzeitigen Forschungsfrage einen [22] Schritt zurückzutreten und sie in den nächstgrößeren Kontext einzuordnen, bis Sie irgendwann auf einer allgemeineren Fachebene angekommen sind, dann können Sie sich auf dieser Grundlage die Größenordnung der potenziellen Kundschaft ungefähr überlegen.
Die Thematik ist zentral für das potenzielle Interesse in der Scientific Community. (Einmal abgesehen von exemplarischen Studien und Präzedenzfällen: keine Regel ohne Ausnahmen.) Je größer der angesprochene Zeitraum, je größer das untersuchte Feld, desto mehr Menschen beschäftigen sich vermutlich mit dem Gegenstand. Je größer die Zahl derer, die sich mit dieser Fragestellung beschäftigen, desto größer der potenzielle Kundenkreis, desto geringer die „Bauchschmerzen“ des Verlages mit Blick auf den zu erwartenden Absatz.
Wenn Sie Ihr Manuskript veröffentlicht sehen wollen, schadet es nicht, sich im Vorfeld mit derartigen Fragen zu befassen. Besprechen Sie sich mit Professor*innen, mit Kolleg*innen, vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, auf einer Veranstaltung die Lektor*innen der von Ihnen favorisierten Verlage anzusprechen und mit ihnen zu diskutieren, ob sie ein Interesse an einer Veröffentlichung haben könnten. Diese frühe Offensive kann Ihnen nur Vorteile bringen. Schlimmstenfalls bekommen Sie zu hören, dass man Ihnen ohne genauere Informationen über Ihr Projekt (noch) nichts sagen kann. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen und fragen Sie einen anderen Verlag. Ein konkretes Angebot wird Ihnen ohne weitere Unterlagen nur ein Verlag machen können, der keine spezifische Programmpflege betreibt, also ein Verlag, der sich auf die Publikation mit Druckkostenzuschüssen konzentriert oder ein Konzernverlag, ohne Anspruch an eine qualitätsvolle Auswahl (auch hier mag es Ausnahmen geben).
Allerdings: Über welches Thema Sie promovieren möchten, woran Sie als Nächstes arbeiten wollen, sollten Sie vom wissenschaftlichen Kontext, Ihren Neigungen und Möglichkeiten abhängig machen – nicht allein von potenziellen Absatzmärkten.
Unabhängig von allen wissenschaftlichen Ansprüchen ist für den potenziellen Absatz und die generelle Wahrnehmung eines Buches entscheidend, welches Thema es behandelt und welche Konjunktur das Thema in einschlägigen Wissenschaftskreisen hat.
2.2 Der Nasenfaktor
[23] Da ich auf meinen Veranstaltungen so häufig darauf angesprochen werde, hier noch eine kurze Anmerkung zum Thema der persönlichen Bedeutsamkeit der Autor*innen.
Gelegentlich fragen mich vor allem Nachwuchswissenschaftler*innen, ob ihre Manuskripte in einem Verlag überhaupt eine Chance haben könnten – schließlich seien sie selbst in der Wissenschaft noch gar nicht bekannt.
Der als „Nasenfaktor“ bekannte Vorteil, wenn Sie als Autor*in bereits bekannt sind, ist nicht vollkommen von der Hand zu weisen: Bei der Programmpflege gibt es in Verlagen gelegentlich auch „politische“ Entscheidungen. Schließlich ist es der Reputation eines Verlages zuträglich, qualitativ hochwertige Arbeiten bekannter Wissenschaftler*innen im Programm zu führen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber nicht, dass Wissenschaftler*innen, die sich noch keinen Namen gemacht haben, keine Chancen hätten.
Wie Sie gleich anhand der verschiedenen Buchtypen sehen können, fließen eine ganze Reihe unterschiedlicher Überlegungen in die Verlagskalkulation ein – und der „Nasenfaktor“ ist eher ein Zünglein an einer Entscheidungswaage als ein entscheidender Faktor.
Nutzen Sie also Ihre (noch) fehlende Reputation nicht als Ausrede, um Ihr Licht unter den Scheffel zu stellen!
2.3 Buchtyp I
Qualifikationsarbeiten, Tagungsdokumentationen und -berichte
Beim Buchtyp I ist es häufig so, dass Urheber*innen diese Manuskripte aus unterschiedlichsten Gründen veröffentlichen müssen oder wollen. Dies gilt vor allem für Qualifikationsarbeiten, insbesondere Dissertationen, die veröffentlicht werden müssen, wenn die Autor*innen sich in der Wissenschaft profilieren wollen. Dies gilt abgeschwächt für Tagungsdokumentationen und für Forschungsberichte, die, einmal angefertigt, auch veröffentlicht werden können. Das ergibt neue Einträge auf der [24] Veröffentlichungsliste und die Möglichkeit, sich bei der VG Wort anzumelden (s. Kap. 6).
Aus Übersicht 2.2 ist nachzuvollziehen, dass der fehlende Verkauf für Bücher, die zum Buchtyp I gehören, ganz grundsätzlich einen Druckkostenzuschuss notwendig machen kann. Einen solchen Zuschuss braucht ein Verlag, um Bücher zu veröffentlichen, die sich aus dem Erlös des eigenen Verkaufs nicht selbst finanzieren. Das heißt, der Verlag geht kein Risiko ein, wenn er auf einen Druckkostenzuschuss verzichtet, sondern er lässt sich auf einen Verlust ein. Dies machen Verlage selten: manchmal beispielsweise bei Festschriften, die sie den Geehrten „schenken“. Für ein solches, mehrere tausend Euro teures Geschenk sollten die Beziehungen zwischen Verlag und Geehrtem eng sein.
2.3.1 Qualifikationsarbeiten
Zurück zu den Qualifikationsarbeiten. Dissertationen und Habilschriften (die es angeblich nicht mehr gibt) sind zumeist bereits fertiggestellt, wenn die Autor*innen den Verlag ansprechen. Es gibt Verlage, die sich auf die Veröffentlichung von Qualifikationsarbeiten spezialisiert haben, und andere, die dafür eigene Imprints oder Reihen eingerichtet haben. In diesen Verlagen bzw. für diese Imprints oder Reihen wird das Manuskript zumeist kurz geprüft und dann – unter Umständen gegen die Zahlung eines entsprechenden Druckkostenzuschusses – veröffentlicht. In der Regel wird keine oder nur sehr wenig Überarbeitung des Ursprungstextes erwartet.
Es gibt auch die Möglichkeit, Dissertationen, ja sogar Hausarbeiten und kurze Essays bei verschiedenen Anbietern hochzuladen. Teils werden dafür Vergütungen angeboten, falls diese Publikationen zu einem von den Autor*innen festgesetzten Preis heruntergeladen werden. Wenn Sie nicht weiter in der Wissenschaft tätig bleiben wollen, stehen Ihnen diese Möglichkeiten offen. Sollten Sie eine wissenschaftliche Karriere anstreben, bedenken Sie bitte: Ist der Inhalt, den Sie hier anbieten, auch dann noch vertretbar, wenn Sie als Professor*in arbeiten? Oder könnte es sein, dass es Ihnen späterhin unangenehm ist, dass Ihre ersten wissenschaftlichen Schritte öffentlich nachvollziehbar sind? Bedenken Sie auch, dass es für diese Publikationsplattformen in der Regel keinerlei Lektorat gibt. Im Zweifel sollten Sie mit erfahrenen Kolleg*innen beraten, ob die eine [25] oder andere spezifische Plattform für eine bestimmte Publikation infrage kommt. Und machen Sie sich keine Sorgen, Sie könnten einen reichen Geldsegen verpassen. Ich verspreche Ihnen, da verpassen Sie nichts! Es ist schön, ein wenig Geld aus der eigenen publizistischen Tätigkeit zu erhalten, wenn sich die Absatzzahlen entsprechend entwickeln. Viel Geld wird es jedoch nie – und sicherlich wollen Sie dafür nicht Ihren wissenschaftlichen Ruf verspielen.
Manche Verlage veröffentlichen Qualifikationsarbeiten in ihrem normalen Programm und nicht in einer speziellen Abteilung. Das kann für die Autor*innen recht arbeitsaufwendig werden – allerdings ohne dass ein Druckkostenzuschuss dadurch automatisch obsolet würde. Das ist für diejenigen, die Arbeit investieren müssen, vielleicht schwerlich nachvollziehbar: Da sollen sie das Ganze intensiv überarbeiten, doch an den Konditionen ändert das nichts. Für den Verlag stellt sich die Situation anders dar. Er übernimmt die Dissertation als „normales Buch“ in sein Programm. Die Überarbeitung ist notwendig, um in das Programm aufgenommen zu werden, an das bestimmte Erwartungen geknüpft werden. An den sehr bescheidenen Absatzerwartungen ändert dies wenig.
In manchen Prüfungsordnungen ist vermerkt, dass eine Dissertation unverändert und unter dem Originaltitel zu publizieren ist. Sie sollten also vor einer etwaigen Überarbeitung prüfen, ob dies an Ihrem Fachbereich derart restriktiv gehandhabt wird. Sollte dies der Fall sein, nutzen Sie die Möglichkeit, Ihre Originalarbeit beispielsweise auf Microfiche zu veröffentlichen – die Älteren unter uns werden sich erinnern: Das sind Mikrofilme, die mithilfe entsprechender Lesegeräte gelesen werden können –, oder besprechen Sie mit Ihrem Verlag, ob er mit der Online-Publikation auf dem Bibliotheksserver einverstanden ist; unter Umständen macht dies die Publikation für den Verlag uninteressant. Stimmt er aber zu, dann haben Sie