Handbuch der Soziologie. Группа авторов

Handbuch der Soziologie - Группа авторов


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      Schnell, Rainer/Hill, Paul B./Esser, Elke (2011): Methoden der empirischen Sozialforschung, München.

      Schütz, Alfred (1971): Gesammelte Aufsätze. Bd. 1: Das Problem der sozialen Wirklichkeit, Den Haag.

      Schütze, Fritz (1983): Biographieforschung und narratives Interview. In: Neue Praxis 13 (3): 283–293.

      Schütze, Fritz (1984): Kognitive Figuren des autobiographischen Stehgreiferzählens. In: Kohli/Robert (Hg.): Biographie und soziale Wirklichkeit. Stuttgart: 78–117.

      Steinke, Ines (1999): Kriterien qualitativer Sozialforschung. Ansätze zur Bewertung qualitative-empirischer Sozialforschung. Weinheim.

      Strauss, Anselm (1991): Grundlagen qualitativer Sozialforschung. München.

      Strauss, Anselm/Corbin, Juliet (1990): Basics of Qualitative Research: Grounded Theory Procedures and Techniques, Newbury Park.

      Strübing, Jörg (2006): Wider die Zwangsverheiratung von Grounded Theory und Objektiver Hermeneutik. In: Sozialer Sinn 7 (1): 147–157.

      Strübing, Jörg (2008): Grounded Theory. Zur sozialtheoretischen und epistemologischen Fundierung des Verfahrens der empirisch begründeten Theoriebildung. Wiesbaden.

      Strübing, Jörg (2013): Qualitative Sozialforschung. Eine komprimierte Einführung für Studierende. München.

      Tashakkori, A./Teddlie, C. (1998): Mixed Methodology: Combining Qualitative and Quantitative Approaches. Thousand Oaks, CA.

      Tashakkori, A./Teddlie, C. (2009): Foundations of Mixed Methods Research: Integrating Quantitative and Qualitative Approaches in the Social and Behavioral Sciences. Thousand Oaks, CA.

      Thome, Helmut (2007): Methoden der Sozialforschung. In: Joas, Hans (Hg.): Lehrbuch der Soziologie, Frankfurt/New York: 39–71.

1Die Objektive Hermeneutik ist am schwierigsten mit den anderen Ansätzen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Ulrich Oevermann hat daher im Jahr 2004 sogar die Zugehörigkeit der OH zum Bereich der qualitativen Methoden auf dem Podium des 32. Soziologiekongresses in München heftig bestritten (vgl. Strübing 2006: 153).
2Einen guten Überblick über die Entwicklungsphasen des Mixed-Methods-Research findet sich z. B. in Tashakkori/Teddlie 1998 und Creswell/Plano Clark 2011.
3Im vierten Kapitel ihres Lehrbuchs stellen Creswell und Clark Studien vor, die sich aufgrund ihres Vorgehens den hier aufgeführten Designvarianten zuordnen lassen (Creswell/Plano Clark 2011: 116 ff.).

      [80][81]Teil II

      Grundbegriffe und fundamentale Kontroversen der Soziologie

      [82][83]Gesa Lindemann

      Natur versus Kultur: Was ist der Gegenstand der Soziologie?

      Die Termini Natur und Kultur sind nicht eindeutig und sie sind auch nicht eindeutig aufeinander bezogen. Das Verhältnis von Natur und Kultur lässt sich auf dreierlei Weise verstehen:

1.das normative Verständnis,
2.das zivilisatorische Verständnis,
3.das methodische Verständnis.

      Ad 1: Die normative Position begreift Natur und Kultur als zwei voneinander getrennte Bereiche, die sich folgendermaßen voneinander unterscheiden: »Natur« sei rein deskriptiv bzw. kognitiv zu erfassen, und sie folgt einheitlichen Gesetzmäßigkeiten. Im Unterschied dazu ist »Kultur« als der Bereich der Werte bzw. der von Menschen frei gesetzten Zwecke zu begreifen. Kulturelle Ordnungen einschließlich ihrer Werte gelten als die Produkte menschlichen Handelns, die deshalb auch von Menschen verändert werden können. Wenn man die Bereiche derart strikt gegeneinander absetzt, folgt daraus, dass aus dem natürlichen Sein nicht abgeleitet werden kann, an welchen kulturell erzeugten Werten bzw. Normen sich das Handeln von Menschen orientieren sollte.

      Ad 2: Dem zivilisatorischen Verständnis zufolge stehen Natur und Kultur in einem zeitlichen Verhältnis zueinander und sind zunehmend ineinander verflochten. Natur bezeichnet den Ausgangszustand menschlicher Entwicklung, welcher durch zivilisatorische Anstrengungen überwinden wird bzw. überwunden werden soll. Die Zivilisierung bezieht sich sowohl auf die Kultivierung der äußeren Natur (Ackerbau, Werkzeuge, Industrie) als auch auf die Kultivierung der Natur des Menschen durch gesellschaftliche Institutionen. Die Kultivierung der Natur kann dabei positiv im Sinne eines kontinuierlichen Fortschritts oder negativ im Sinne einer zerstörenden Verfügbarmachung begriffen werden.

      Ad 3: Im Rahmen des methodischen Verständnisses werden Natur und Kultur nicht als zwei fest voneinander getrennte Bereiche aufgefasst, sondern als das Ergebnis unterschiedlicher methodischer Zugänge zur Welt. Wenn man die Welt als einen Zusammenhang begreift, der durch allgemeine Gesetzmäßigkeiten erklärt werden kann, erscheint sie als einheitliche Natur. Wenn man sich der Welt dagegen vermittels der Methode des Verstehens zuwendet, erscheint diese als Kultur, bzw. als differenziert in eine Vielzahl von Kulturen. Das Verstehen richtet sich auf die innere Struktur einzelner Kulturen bzw. auf die Unterschiede zwischen einzelnen Kulturen.

      Die drei Verständnisse der Natur-Kultur-Unterscheidung lassen sich nicht exakt einzelnen Autoren zuordnen, denn die Differenz zwischen Natur und Kultur wird oft mehrdeutig verwendet. Umso wichtiger ist es, nachvollziehen zu können, in welchem Sinn ein Autor die Natur-Kultur-Unterscheidung jeweils versteht. Um dies genau herauszuarbeiten, ist es sinnvoll, sich zunächst der Philosophie Immanuel Kants zuzuwenden. Kant selbst hatte nicht zwischen Natur und Kultur unterschieden, er stellte vielmehr die Differenz zwischen Naturerkenntnis und Moralbegründung in den Mittelpunkt. Aber die Natur-Kultur-Unterscheidung, wie sie in den [84]Geistes- und Sozialwissenschaften (G-SW) bestimmend geworden ist, schließt an die kantische Unterscheidung zumindest implizit und oft auch explizit an. Aus diesem Grund soll zunächst Kants Unterscheidung zwischen Naturerkenntnis und Moralbegründung dargestellt werden; sodann werde ich herausarbeiten, wie sich die einzelnen Positionen der Natur-Kultur-Unterscheidung darauf beziehen.

1.Kant: Naturerkenntnis und Moralbegründung

      Kant verfolgte ein doppeltes Problem. Zum einen ging es ihm darum, wie es möglich ist, dass Menschen eine geordnete Welt wahrnehmen, die rational, d. h. wissenschaftlich, erforscht werden kann. Zum anderen versuchte er nachzuweisen, dass es möglich ist, rational zu begründen, an welchen Werten wir uns als Vernunftwesen moralisch orientieren sollten. Die daraus resultierende Begründung von Moral erhebt den Anspruch für alle Menschen, d. h. universell, gültig zu sein.

      Kants Analyse zufolge ist eine rationale Begründung wissenschaftlicher Naturerkenntnis nur dann möglich, wenn die subjektiven Bedingungen der Wahrnehmung der Natur in den Blick genommen werden. Dass Menschen eine geordnete Welt wahrnehmen, sei darauf zurückzuführen, dass das wahrnehmende Subjekt seine Sinneseindrücke anhand von Formen ordnet. Die Formen der Anschauung könnten nicht aus der sinnlichen Erfahrung gewonnen werden, sondern seien der Wahrnehmung vorgeordnet; sie sind apriorisch, wie Kant sagt. Wenn Menschen äußere Gegenstände als räumlich ausgedehnt wahrnehmen, wird eine Vielzahl sinnlicher Eindrücke in eine Form gebracht. Die sinnlichen Eindrücke werden dreidimensional als »Raum« geordnet. Gleiches gilt für die Zeit, durch diese werden die Sinneseindrücke in die Ordnung eines Nacheinander von Zeitpunkten gebracht (vgl. Kant 1787/1956: 66–83). Erst die Anwendung der Anschauungsformen von Raum und Zeit ermöglicht es, die eintreffenden Sinneseindrücke so zu strukturieren, dass man z. B. sagen kann, jetzt steht der Tisch neben der Wand. Wie das Verhältnis einzelner Gegenstände zueinander wahrgenommen wird bzw. wie wahrgenommen wird, dass Gegenstände aufeinander wirken, sei durch die Kategorien des wahrnehmenden Verstandes bestimmt. Zu diesen gehören etwa Kausalität und Dependenz (Ursache und Wirkung). Insgesamt sei Wahrnehmung als Formung von Sinneseindrücken durch Anschauungsformen und Kategorien zu begreifen. Die Sinne (z. B. Augen und Ohren) werden durch äußere Reize erregt und die so empfangenden Sinneseindrücke werden gemäß den vorgeordneten Formen wie etwa Raum, Zeit und Kausalität in eine Ordnung gebracht. Die so geordnete Wahrnehmung erscheint als die äußere Natur. Am Beispiel einer rollenden Kugel lässt sich dies verdeutlichen: Eine Kugel rollt eine schräge Ebene hinunter, stößt an eine


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