Der Clan der Auserwählten. Hans-Peter Vogt

Der Clan der Auserwählten - Hans-Peter Vogt


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steuert, oder auch ausschaltet, weil er seinen Frieden haben will. Er kann diese Gruppen schon bald aufeinander hetzen, wenn ihm das dient. Er lernt vor allem, die Sprache so zu benutzen, dass er andere Menschen in seinem Sinn beeinflussen kann.

      Artemis beobachtet das ganze Geschehen, und die Entwicklung dieses Jungen, und er lächelt. Dieser Junge ist für ihn wie ein Quell neuen Wissens. Was er sieht, das gefällt ihm.

      Leon entwickelt Qualitäten, die ihm helfen, seine Aufgaben besser zu bewältigen. Er versteht Tiere nicht nur, sondern er lernt, sich mit ihnen in ihrer Sprache zu unterhalten, egal ob Libelle, Biene, Vogel oder Hund. Das geht soweit, dass Leon lernt, sich in Tiere zu verwandeln, zu denen er einmal Kontakt aufgebaut hat. Eine Fähigkeit, die Artemis diesem Jungen aber erst nach vielen Jahren gestattet, in denen sich dieser Junge bewähren muss. Leon lernt aber sehr schnell eine Sprache, von der er nie zuvor gehört hat. Ein seltsames Gemisch von Lauten und Elektroimpulsen, das ihm erlaubt, Kontakt zu anderen Kulturen aufzunehmen. Dieses Gemisch ermöglicht ihm, fremde Sprachen im Handumdrehen zu erlernen. Leon sieht auch die Ströme von Energie, die er aussendet, wenn er diese Laute anstimmt. Als Drittes erhält er ein unglaubliches Gespür für die Empfindungen von Menschen, deren geheime Wünsche und Gedanken. All das geschieht nicht sofort, sondern das ist ein langsamer und zäher Prozess. Die zuletzt genannte Eigenschaft ist es vor allem, die aus Leon später einen genialen Scout machen wird. Schließlich lernt er, den Raum zu überwinden. Es ist nicht so, dass er wie bei einem GPS eine bestimmte Strasse in New York oder in Singapur eingeben kann, und dann automatisch dorthin geführt wird. Er muss den Ort schon kennen, dann öffnet sich vor ihm ein Tunnel, durch den er rasend schnell fliegt, bis er dort ist, wo er hin will. Er löst sich bei dieser Fahrt in seine Atome auf, angetrieben nur durch die Energie, die Artemis dem Jungen zur Verfügung stellt.

      Diese Eigenschaften entwickeln sich Stück für Stück, damit Leon sie mit Bedacht anwendet, ohne sie zu missbrauchen. Ein Teil dieser Fähigkeiten ist in dem Jungen bereits verankert, ein Teil liefert Artemis dazu. Er hat erkannt, dass er dieser Spezies seine gewaltigen Kräfte nicht unbegrenzt zur Verfügung stellen darf, weil diese Menschen in ihrer Art unvollkommen sind. Macht verführt dazu, solche Kräfte ungehemmt anzuwenden und zu missbrauchen. Das ist das Letzte, was Artemis im Sinn hat. Er will diesen Menschen in seinem Sinn beeinflussen, so dass er sich der Philosophie der Cantara unterordnet. Dieser Junge soll ein Wächter des Lebens werden.

      Da ist noch etwas, was Leon zunächst nicht versteht, aber es ist von Anfang an da. Wenn er nicht weiter weiß, dann tut sich vor ihm eine Art Tunnel auf, in den er hineinschlüpfen kann, wie in die Röhren der U-Bahn. Er findet dort eine Stimme, die mit ihm spricht, ihm Mut zuredet oder ihm Lösungen vorschlägt. Diese Stimme spricht in diesem Kauderwelsch aus Lauten, das nicht menschlicher Natur ist, und das aus nichts anderem besteht als reiner Energie.

      Früher hat Leon noch nie etwas von solchen Kräften gespürt. Sie sind ganz plötzlich über ihn gekommen, wie ein unerwartetes Geschenk, das man auspackt, um es dann sorgsam und für immer in Besitz zu nehmen. Stück für Stück, aber auch seine Gedächtnisleistung ist enorm angestiegen. Er kann sich problemlos Ereignisse, Details, Gesichter und Zahlen merken. Er entwickelt ein ungeheures Gespür für die Analyse von Situationen und die Fähigkeiten von einzelnen Personen.

      Artemis hat ihm nur einen Bruchteil seiner eigenen Kraft zur Verfügung gestellt, aber der Junge nutzt diese Energie sehr effektiv. Es gelingt ihm, Teile seines Gehirns zu aktivieren, die zuvor völlig brach gelegen haben. Viel mehr muss zunächst nicht sein, findet Artemis, und er hat immer die Kontrolle darüber, was der Junge tut. Er ist es, der Leon erlaubt, seine Fähigkeiten zu erweitern und auf der Leiter der Möglichkeiten einige Stufen hinaufzuklettern.

      Leon befreundet sich eng mit Roy, Kathy und Bea. Er lernt Spek kennen und begleitet ihn hin und wieder auf seinen Raubzügen. Er lernt sich im Gewühl der Menschen so unscheinbar zu machen, dass er anderen Menschen unauffällig folgen kann, um sie zu beschatten.

      Artemis hilft Leon bei all diesen Tätigkeiten. Er ist sich sicher, dass aus diesem Jungen einmal etwas Großes werden wird. Auch für Artemis ist diese Symbiose von Vorteil. Er bedient sich der Sinne dieses jungen Leon. Artemis lernt unter anderem Freude, Angst, Gleichgültigkeit oder Anspannung zu fühlen. Eine höchst interessante Erfahrung. Er nimmt diese Impulse in sein historisches Gedächtnis auf, und wird sie an seine Nachkommen weitergeben.

      Leon wiederum erlernt die Fähigkeit, Talente aufzuspüren, und ihnen in ihrer Entwicklung zu helfen. Mit elf Jahren ist Leon bereits ein geschickter Drahtzieher, der viele Fäden in seiner Hand vereint. Wir Menschen sagen dazu ein Wunderkind, das die Facetten der sozialen Interaktion und der Fähigkeit, sich verständlich auszudrücken, spielend beherrscht.

      Weil dieser Junge Artemis zu so vielen Erkenntnissen verhilft, beschließt Artemis sich erneut zu teilen, und seine Nachkommen in die Kopfe von Bea, Roy, Spek und Kathy zu schicken, damit sie dort beobachten, und diesen Menschen helfen, ihre menschlichen Fähigkeiten weiter zu entwickeln, als sie das aus eigener Kraft tun können. Artemis kann ihnen jederzeit weitere Kräfte zur Verfügung stellen, wenn er nur will.

      Die Kinder dieser Menschen werden Mutanten sein, und Kräfte in sich tragen, die größer sind, als bei normalen Menschen. Sie werden vor allem lernen, den Codex von Artemis' Volk zu übernehmen.

       2.6. Reisen mit dem Wirt und weitere Zellteilungen

      2.6.1. Leon verbirgt die Freundschaft zu Bea und Katharina Zuhause nicht. Bea, Katharina und seine Freunde aus seiner Kindergartenzeit sind oft bei ihm Zuhause. Das bringt ihm viele Vorteile. Bea bringt auch manchmal ihre Geige mit, und spielt den Freunden vor. So kann Leon leicht erklären, was er an den Nachmittagen und den Wochenenden so treibt. Über Roy, Spek und die Kids im Berliner Untergrund spricht er allerdings nicht. Die Eltern müssen nicht alles wissen. Der Vater ist Lehrer für spanisch und französisch an einer Berliner Eliteschule für Kinder von Diplomaten. Die Mutter ist Dozentin für Anthropologie an der Universität. Sie unterstützen das, was sie glauben, was Leon da treibt. Sie erkennen schnell, dass er ein besonderes Gespür dafür hat, Bea bei ihrer jugendlichen Karriere zu fördern, und sie wissen, dass er in seiner Schule als eine Art Genie gilt, der locker eine Klasse überspringen könnte. Es macht sie stolz. Die Zensuren freuen sie, und die Lehrer sind hochzufrieden, weil dieser Schüler ein echter Teamplayer ist, der Konflikte in der Klasse spielend in eine sachliche Streitkultur verwandeln kann. Sie denken, dass dies ihre Gene sind. Alle Eltern sind stolz, wenn sich das eigene Kind prächtig entwickelt. Sie bekommen auch mit, dass Kathy und Leon zusammen kommen, als sie 14 sind, und auch das finden sie gut. Vielleicht ein bisschen früh, aber so ist das in dieser die Zeit, in der sie leben. Sie wissen natürlich von Kathys Eltern. Gegen wohlhabende Eltern ist nichts einzuwenden. Irgendwie passen Leons Freunde wirklich gut zusammen, jedenfalls die, von denen Leons Eltern wissen. Es ist eine gute Truppe, und Freundschaft muss man unterstützen, wenn das die richtigen Freunde sind. Daran haben die Eltern keinen Zweifel.

      Während Kathy, Roy und Spek ihrem Berlin und ihrer Gruppe aus Kindern und Jugendlichen regional verbunden sind, macht Beatrice schnell Karriere. Bea gibt Konzerte in Berlin, Dresden, München und Wiesbaden. Sie gewinnt Nachwuchswettbewerbe und wird von den Berliner Philharmonikern gefördert. Für Bea ist das ein Sprungbrett für eine internationale Karriere. Das erste Konzert hat sie zusammen mit den Berliner Philharmonikern in der Karnegie Hall in London. Später folgen Paris, Mailand, Barcelona, New York, Mexiko City und Tokio. Sie fliegt nach Peking, und Sydney. Sie hat Bewunderer ihrer Kunst in Moskau, Kapstadt und San Franzisko.

      Leons Eltern genehmigen, dass Leon seine Freundin Bea in den Ferien zu ihren Auslandsreisen begleitet. Bea zahlt. Leon, der seinen Freunden mittlerweile als genialer Scout zählt, reist mit Bea zu vielen ihrer Auftritte.

      Ein Schlüsselerlebnis für Bea und Leon ist, als sie in den Sommerferien zusammen nach China und in die Mongolei fahren. Sie sind gerademal sechzehn. Für Leon öffnet sich eine Art kulturelles Zeitfenster, und er wieder Zuhause ist, beginnt er im Internet zu recherchieren.

      Zwei Jahre später hat Bea ihr Abitur in der Tasche. Bea hat eine Reihe von Auftritten in Süd- und Mittelamerika, und Leon begleitet sie


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