Der Clan der Auserwählten. Hans-Peter Vogt
Sie wollen.“
„Gut“, bestimmt Ana Théla, "dann geb’ ich das Tempo vor." Sie schaut überall. Sie läßt sich die Vorgänge genau erklären. Sie spricht mit Arbeitern und Grupenleitern. Sie spricht selbst mit den LKW Fahrern. Wie ist das mit den Frachtpapieren. Wie mit der Kühlung, Welche Fahrzeiten müssen sie einhalten. Wieso haben die alle einen Hubwagen am Heck? Marion seufzt. Sie ist extra für dieses Mädchen abgestellt worden, aber die will ja wirklich alles ganz genau wissen. Irgendwann kann sich Marion mal frei machen, und sie berichtet ihrem Chef.
„Marion“, meint Daniel, „lass’ sie einfach. Begleite sie, gib ihr jede Auskunft. Denke daran, dass dieses Mädchen in ein paar Jahren deine Chefin sein könnte.“ Er sieht sie an. „Ich meine das wirklich ernst.“ Dann schickt er Marion zurück.
Ana Théla ist gerade beim Kosten. Das mit der Garzeit, warum ist das gerade so. Was ist in den Gewürzmischungen drin? Warum sind die Mischungen für Frankreich anders als für Italien? Wie ist das mit dem Froster? Wieviel Grad hat der? Was ist, wenn die Kühlkette unterbrochen wird. Muß man sie dann sofort verzehren, wegwerfen, oder kann man sie wieder einfrieren?
Ana Théla hält den Betrieb an diesem Tage etwas auf, und die Gruppenleiter sind froh, wenn sie weiterzieht.
Am nächsten Morgen zieht Daniel seiner Praktikantin einen Kittel an und stellt sie an die Maschine. Nicht alleine, nein. Sie begleitet eine der Arbeiterinnen, und erfährt an diesem Tag viel mehr über diesen Teilabschnitt.
Am Freitag Abend meint sie. „Opa. Ich spring jetzt nach Berlin. Chénoa bleibt bei ihrem Daniel. Sie haben an diesem Wochenende etwas vor. Ich will dir auch nicht zur Last fallen. Gibt es hier irgendwo ein Zimmer für mich?“
Leon greift zum Telefon, wählt sich ein, spricht leise in den Hörer, dann dreht er sich zu Ana Thela. "Wir haben hier ein Wohnheim für Auszubildende. Da wohnen einige Polinnen und noch ein paar andere. Getrennte Zimmer, gemeinsame Küche, ein großes Wohnzimmer, und es gibt einen Wasch- und Trockenraum. Da ist noch ein Zimmer frei. Soll ich dich hinbringen?"
Als Ana Théla nickt, lässt sich Leon ein Auto mit Fahrer schicken. Er hat immer noch keinen Führerschein.
Wenige Minuten später sind sie in diesem kleinen Ort, der mit der Fabrik gewaltig gewachsen ist, und der nun immerhin schon 65.000 Einwohner zählt. Sie arbeiten fast alle in der Fabrik. Genaugenommen gehört dieser Ort der Fabrik, und die Nachbargemeinden auch. Die Fabrik sorgt hier für den Wohlstand aller. Bauern, Zulieferer, Handwerker, Baufirmen, Transportfirmen, Lehrer und Müllmänner, Anwälte und auch Stadtverordnete. Alle leben von dieser Fabrik.
Leon klingelt. Ein Mädchen, vielleicht 15 Jahre alt, macht auf. Sie spricht nur gebrochen deutsch.
Ana Théla legt den Kopf etwas schief, dann fängt sie an zu summen.
Es ist wie immer. Wie, wenn ein Großrechner plötzlich anfängt, die Worte, die Silben, die Stimmhöhe, die Phonetik, das Klangbild, den Atem, den Schweiß, die Gestik, die Mimik und die Augenkontakte in einem Schnelldurchlauf zu analysieren, zu zerstückeln und wieder zusammenzusetzen, auf der Suche nach bekannten Mustern. Ana Théla versteht innerhalb von wenigen Minuten, was das Mädchen in ihrer Sprache meint, und sie kann diese Wortlaute auch selbst anwenden. Sie bleiben in ihrem Gedächtnis, und sie wird sie nie mehr vergessen.
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