"Ich schaffs!" in Aktion. Ben Furman
»Würdest du gerne etwas Besonderes anziehen oder sollen sich alle verkleiden?« usw.
In der Regel sind Kinder für eine Feier zu begeistern. Aber in manchen Fällen – insbesondere, wenn sie noch im Grundschulalter sind oder ihnen das betreffende Problem peinlich ist – können sie ein solches Angebot schon mal ablehnen. Dann findet sich aber meistens eine gute Alternative, wie z. B., nur mit den Eltern etwas Schönes zu unternehmen.
Die Feier ist ein zusätzlicher Anreiz, der Kindern häufig den entscheidenden Kick gibt, sich auch tatsächlich an das Erlernen der Fähigkeit zu machen. Man sollte sie allerdings nicht einfach nur als Belohnung für das Kind ansehen; sie ist auch ein wichtiges gemeinschaftliches Erlebnis, das einen Entwicklungsschritt im Reifungsprozess des Kindes markiert und durch das seine Erfolge im sozialen Umfeld bekannt werden.
9. Die Fähigkeit beschreiben
Auch wenn ein Kind äußert, dass es eine bestimmte Fähigkeit erlernen muss, weiß es vielleicht gar nicht genau, was das in der Praxis bedeutet. Daher sollten Sie unbedingt mit dem Kind darüber sprechen, was es ganz genau tun wird, wenn es diese Fähigkeit beherrscht.
Damit »Ich schaffs« funktioniert, muss die Fähigkeit, die man erlernen soll, »machbar« sein. Kinder sollten also demonstrieren können, wie sie sich in einer bestimmten Situation verhalten werden. Das Vorführen einer Fähigkeit in einem Rollenspiel oder im wirklichen Leben gewährleistet, dass es ein gemeinsames Verständnis davon gibt, was für eine Bedeutung die Fähigkeit in der Praxis hat. Es bietet auch Anregungen dafür, wie Kinder die Fähigkeit üben können.
Die folgenden Fragen sind Beispiele dafür, wie Sie ein Kind bitten können, seine Fähigkeit in der Praxis zu demonstrieren:
•»Kannst du mir zeigen, wie du auf jemanden, der gemein zu dir ist, reagieren wirst, wenn du diese Fähigkeit besitzt?«,
•»Zeig uns doch mal, wie du essen wirst, wenn du gelernt hast, ordentlich zu essen«,
•»Ich würde gerne sehen, wie du dich auf deine Arbeit konzentrierst, wenn deine Klassenkameraden versuchen, dich abzulenken«,
•»Zeig mir, wie das aussieht, wenn du lernst, stolz und glücklich über Dinge zu sein, die du getan hast«
•»Kannst du mir die ›Nagelkönigin-Fähigkeit‹ vorführen? Ich würde gerne sehen, wie du deine Nägel pflegst, statt auf ihnen herumzukauen«.
10. Öffentlich machen
Kinder wollen in der Regel nicht, dass andere Leute von ihren Problemen erfahren. Jedoch haben sie in den meisten Fällen nichts dagegen, wenn ihre Altersgenossen und erwachsene Bezugspersonen mitbekommen, welche Fähigkeit sie gerade erlernen. Damit kann man also »an die Öffentlichkeit gehen«. Das Öffentlichmachen hat den Vorteil, dass man die Bezugspersonen an der Unterstützung beteiligen kann, indem sie Interesse bekunden oder das Kind ermutigen. Wenn sich Kinder wegen ihrer Probleme einen schlechten Ruf erworben haben, kann die öffentliche Verlautbarung, dass sie einen ernsthaften Versuch zu einem anderen Verhalten unternehmen, zur Wiederherstellung des guten Rufs beitragen. Außerdem unterstützt das Öffentlichmachen die Verbindlichkeit, dass man sich wirklich kümmern muss.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sein Vorhaben bekanntzugeben. Zum Beispiel kann man den Leuten sein Trainingsbuch zeigen, ein Poster an die Wand des Klassenzimmers oder die Kühlschranktür hängen, oder auch ein Tischset für den Esstisch bedrucken.
Es sollte betont werden, dass es aber auch Situationen gibt, in denen es den Kindern nicht recht ist, öffentlich über ihre Fähigkeiten zu sprechen. Manche Kinder möchten, dass nur die Eltern, aber nicht ihre Freunde Bescheid wissen. Und Teenager wiederum möchten die Fähigkeiten manchmal nur mit der Unterstützung ihrer Freunde erlernen. Man kann – aber man muss nicht – mit seinem Vorhaben an die Öffentlichkeit gehen. Bei dieser Entscheidung sollten vor allem die Wünsche des Kindes respektiert werden.
11. Die Fähigkeit üben
Damit Kinder eine neue Fähigkeit erlernen oder in einer bereits erworbenen Fähigkeit besser werden können, müssen sie üben, also das erwünschte Verhalten immer wieder ausführen. Manchem fällt es schwer, sich Möglichkeiten auszudenken, wie man soziale oder psychologisch definierte Fähigkeiten üben kann. Glücklicherweise sind Kinder aber sehr erfinderisch. Ideen zu Rollenspielen oder sonstigen Übungen fallen ihnen meist ganz spontan ein. Wenn ein Kind Mühe hat, sich eigene Methoden des Übens zu überlegen, unterbreiten Sie ihm ruhig Ihre Ideen.
12. Erinnerungshilfen erfinden
Bei »Ich schaffs« haben wir das Konzept von »Rückschlägen« bzw. der »Rückkehr zum Problem« durch das Konzept des »Vergessens« ersetzt. Die Idee besagt Folgendes: Beim Erlernen neuer Fähigkeiten erleben wir typischerweise Momente, in denen wir das, woran wir gerade arbeiten, vorübergehend außer Acht lassen. Dieses normale Phänomen muss man nicht als Rückfall oder Rückschlag werten – es kann genauso gut einfach als temporärer Verlust bzw. das »Vergessen« der Fähigkeit angesehen werden. Die Umdeutung dieses Zurückfallens in das alte Verhalten hat folgenden Vorteil: Der bewusste Gebrauch des Wortes »vergessen« ebnet hierbei den Weg für eine Diskussion darüber, wie man das Kind in Situationen, in denen es die Fähigkeit vergisst, daran erinnern sollte.
Anstatt also zu fragen: »Was sollen wir nun also tun, wenn du wieder … (das problematische Verhalten)?«, fragen Sie: »Wenn du die Fähigkeit (das erwünschte Verhalten) mal vergisst, wie sollen wir dich dann daran erinnern?«. Es geht darum, das Kind in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen, wie andere auf solche unvermeidbaren Momente während des Lernprozesses reagieren sollen. Sie sollten unbedingt darauf achten, dass sich weder das Kind noch die Eltern enttäuschen oder entmutigen lassen, wenn es die Fähigkeit vorübergehend vergisst.
13. Den Erfolg feiern
Wenn Einigkeit darüber herrscht, dass das Kind die Fähigkeit erlernt hat – oder sie zumindest in ausreichendem Maß beherrscht –, ist es an der Zeit, die bereits geplante Feier zu veranstalten. Sie hat dann die Funktion eines Übergangsrituals, einer Bekanntmachung, dass das Kind etwas Neues erlernt hat. Als wichtigen Bestandteil der Feier soll das Kind all den Personen danken, die es während des Lernprozesses unterstützt haben. »Wer hat dir beim Erlernen der Fähigkeit geholfen?«, »Wie haben sie dir geholfen?« und »In welcher Form möchtest du ihnen danken?« sind Fragen, die den Kindern helfen können, sich bewusst zu machen, in welcher Art und Weise andere Leute zu ihrer Entwicklung und ihrem Reifungsprozess beigetragen haben.
Es ist nicht nur eine Frage der Höflichkeit, den anderen durch den Dank für ihre Hilfe Wertschätzung entgegenzubringen, sondern es ist ein wichtiger Bestandteil in der sozialen Bestätigung des Wandels – ein Moment, in dem man all denen Respekt zollen kann, die es einem Kind ermöglicht haben, diesen speziellen Schritt in seiner Entwicklung zu gehen.
Wenn ein Kind sein Ziel nicht erreicht hat, ist es ratsam, noch einmal zu Schritt 9 zurückzukehren und zu erwägen, ob man die Aufgabe in kleinere Bestandteile aufteilen kann, wobei man wiederum die Vorzüge erklärt, die die Fähigkeit mit sich bringt. So macht es den Kindern mehr Spaß, das Üben wird belohnt, und es ist gewährleistet, dass die Erwachsenen, die sich maßgeblich um das Kind kümmern, während des Lernprozesses wirklich engagiert mitarbeiten.
14. Die Fähigkeit an andere weitergeben
»Die beste Art, etwas zu lernen, ist, es jemand anderem beizubringen.«
Eine