Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher

Internationales Privatrecht - Thomas Rauscher


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506 zur Adoption). Insoweit verlaufen nicht nur die individuellen Interessen ähnlich wie im Namensrecht; die Staatsangehörigkeit hat Ordnungsfunktion und kann nicht abweichend von der Sicht des betroffenen Staates beurteilt werden. Es kommt hier noch der völkerrechtliche Aspekt hinzu, dass ein Staat nicht eine Person als Staatsangehörigen eines anderen Staates ansehen kann, wenn der betroffene Staat dies nicht tut. Das kann dazu führen, dass ein Kind eine ausländische Staatsangehörigkeit von einem Elternteil erwirbt, der bei Anknüpfung nach Art. 19 aus Sicht des deutschen Rechts nicht Elternteil ist.[6]

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      c) Vorfragen in einem von völkervertraglichen Kollisionsnormen berufenen Recht müssen ebenfalls unselbständig angeknüpft werden; das durch solche Verträge angestrebte Ziel der Vereinheitlichung der Rechtsanwendung ist nur durch äußeren Entscheidungseinklang sinnvoll zu verwirklichen.

      Die Verwandtschaft als Vorfrage einer Unterhaltspflicht wurde unter Geltung des HUntStÜbk 1973 nach dem IPR der Rechtsordnung angeknüpft, die Art. 4 bis 6 HUntStÜbk 1973 beriefen. Sie wurde aber nicht unmittelbar nach den materiellen Vorschriften dieser Rechtsordnung beantwortet (vgl Rn 523 ff), weil Art. 2 Abs. 2 des Übereinkommens das Bestehen der für den Unterhaltsanspruch vorgreiflichen familienrechtlichen Beziehungen aus dem Anwendungsbereich des Übereinkommens ausklammert. Daran hat sich unter Art. 1 HUntStProt 2007 nichts geändert, auch wenn eine Art. 2 Abs. 2 HUntStÜbk 1973 entsprechende ausdrückliche Regelung fehlt. Das Unterhaltsstatut bestimmt Ob und Umfang des Anspruchs (Art. 11 HUntStProt 2007) aus einer Familienbeziehung (Art. 1 HUntStProt 2007), nicht aber deren Bestehen.

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      Nicht zu vermeiden ist dagegen, dass Erstfragen, die in der Anwendung völkervertraglicher Kollisionsnormen auftreten, selbständig angeknüpft werden; Erstfragen können immer nur selbständig angeknüpft werden (Rn 508), weil in diesem Stadium der Prüfung noch keine lex causae ermittelt ist. Etwas anderes gilt, wenn die völkervertragliche Kollisionsnorm für eine Erstfrage eine interne Definition vornimmt, um den Rückgriff auf andere Rechtsordnungen zu vermeiden, der zu einer uneinheitlichen Anwendung führen würde.

      Art. 15 iVm Art. 5 ff KSÜ setzen voraus, dass die betroffene Person ein „Kind“ ist. Art. 2 KSÜ definiert den Begriff des Kindes autonom.

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      d) Ähnlich wie im völkervertraglichen IPR ergeben sich auch im EuIPR Vorfragen- und Erstfragenprobleme. Ausdrückliche Bereichsausnahmen verdeutlichen, dass die Kollisionsnormen einer Verordnung bestimmte Vorfragen nicht erfassen, sich also nach einem anders angeknüpften Recht beurteilen. Klar ist damit, dass diese Vorfragen nach nationalem IPR oder einem anderen, ihre Materie erfassenden europäischen oder völkervertraglichen Rechtsinstrument anzuknüpfen sind. Nicht eindeutig ist dagegen, ob bei nationalem IPR das IPR der lex fori (selbständige Anknüpfung) oder das der europarechtlich bestimmten lex causae (unselbständige Anknüpfung) anzuwenden ist.

      ZB formuliert Art. 1 Abs. 2 Rom III-VO eine Bereichsausnahme für die Vorfrage des Bestehens der Ehe (Art. 1 Abs. 2 lit. b Rom III-VO), die nicht dem von Art. 5 ff Rom III-VO geregelten Scheidungsstatut unterliegt. Damit bietet sich eine selbständige Anknüpfung lege fori oder, ebenso wie im völkervertraglichen IPR, die unselbständige Anknüpfung an das IPR des vereinheitlichten Scheidungsstatuts an, um auch für die Vorfrage Entscheidungseinklang zu erreichen. Zwar fördert die unselbständige Anknüpfung das Ziel einheitlicher Entscheidung in allen Mitgliedstaaten; andererseits ist gerade bei der Ehe als Vorfrage der innere Entscheidungseinklang stark gestört. Bei Erstfragen im EuIPR führt auch die lex fori-Anknüpfung dann zu Entscheidungseinklang mit anderen Mitgliedstaaten, wenn sich die Frage in einem (anderen) kollisionsrechtlich oder materiell-rechtlich EU-rechtlich harmonisierten Rechtsgebiet stellt.

      Ein Beispiel autonomer Ausfüllung einer Erstfrage durch Rückgriff auf vereinheitlichtes materielles Recht ergibt sich in Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO, wo der „Verbraucher“ in derselben Weise definiert wird, wie bereits in zahlreichen verbraucherschützenden Richtlinien, die auch für § 13 BGB Pate standen. Gäbe es die Definition in Art. 6 Rom I-VO nicht, so müsste der Rechtsanwender für die Beantwortung der Erstfrage (Ist der Beteiligte X Verbraucher?) auf jene EU-rechtlich harmonisierten materiellen Regelungen zurückgreifen.

      Literatur:

      Gössl Die Vorfrage im Internationalen Privatrecht der EU, ZfRV 2011, 65; Henrich Die Wirksamkeit der Adoption als Vorfrage der Namensführung des Adoptierten, IPRax 1998, 96.

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      1. Die Beantwortung einer Vorfrage nach der lex causae ähnelt der Beantwortung nach der lex fori. Es wird ohne Zwischenschaltung eines IPR die Vorfrage dem materiellen Recht unterstellt, das auf die Hauptfrage anwendbar ist.

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      2. Diese Methode der Anknüpfung – oder besser Nichtanknüpfung – der Vorfrage ist abzulehnen. Sie fördert weder den inneren noch den internationalen Entscheidungseinklang, denn die Vorfrage wird weder nach der aus deutscher noch der aus fremder Sicht „richtigen“ Rechtsordnung beantwortet.

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      3. Hiervon zu unterscheiden sind Fälle, in denen wir ausnahmsweise eine Vorfrage unselbständig an das IPR der lex causae anknüpfen (Rn 515 ff) und dabei feststellen, dass dort die Vorfrage nach eigenem Recht behandelt wird (vgl Rn 504). Dem schließen wir uns an, jedoch nicht, weil wir die Vorfrage lege causae behandeln, sondern weil die lex causae so anknüpft.

      Ein Kind eines Italieners und einer Deutschen, die nicht verheiratet sind, lebt mit seinen Eltern in Italien. Für die Feststellung der Abstammung verweist Art. 19 Abs. 1 in italienisches Recht. Art. 35 Abs. 1 italIPRG knüpft die Anerkennung an das Heimatrecht des Kindes zur Zeit der Geburt an. Fraglich ist also die Staatsangehörigkeit des Kindes. Art. 1 Abs. 1 lit. a des italienischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (Legge 91/1992) bestimmt, dass ein Kind die italienische Staatsangehörigkeit erwirbt, wenn Vater oder Mutter Italiener ist, Art. 2 bestimmt, dass die Anerkennung oder gerichtliche Feststellung der Vaterschaft während der Minderjährigkeit des Kindes den Staatsangehörigkeitserwerb vermittelt. Die Abstammung vom Vater ist damit Vorfrage der italienischen Staatsangehörigkeit. Wir knüpfen sie ausnahmsweise unselbständig an. Das italienische Staatsangehörigkeitsrecht geht aber von einer Abstammung aus, die nach dem codice civile wirksam besteht, wendet also eigenes materielles Familienrecht an. Wir folgen dem und bestimmen die Abstammung anknüpfungslos nach dem codice civile.

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      1. Als „hinkend“ werden Statusverhältnisse (oder Rechtsverhältnisse) bezeichnet, die aus Sicht wenigstens einer Rechtsordnung wirksam und aus Sicht wenigstens einer anderen Rechtsordnung unwirksam sind.

      Eine in Deutschland privat geschlossene Ehe eines Marokkaners mit einer Algerierin ist aus deutscher Sicht mangels Wahrung der Ortsform (Art. 13 Abs. 3) nicht existent (Nichtehe); aus marokkanischer und algerischer Sicht voll wirksam (übrigens auch aus Sicht vieler europäischer Staaten, weil aus deren Blickwinkel die Ehe im Ausland geschlossen wurde und hierfür verbreitet die Wahrung der beiden Heimatrechte der Verlobten genügt).

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      2.


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