Internationales Privatrecht. Thomas Rauscher
rel="nofollow" href="#u90b883cc-aed3-5e5b-95ce-da7e5dc0b35a">§ 5 Erstfrage, Vorfrage und Substitution › C. Substitution
I. Problemstellung
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1. Substitution bedeutet die Ersetzung eines Rechtsinstituts der lex causae durch ein funktionell gleichwertiges Rechtsinstitut einer anderen Rechtsordnung. Meistens stellt sich die Frage aus deutscher Sicht, wenn ein Rechtsinstitut des deutschen Rechts im Tatbestand einer Norm der deutschen lex causae auftritt, dieses Tatbestandsmerkmal aber im Ausland – in Anwendung einer fremden Rechtsordnung – verwirklicht worden sein soll.
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Im Zusammenhang mit der Vorfragenanknüpfung wurde angemerkt, dass der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Adoption eine Adoption voraussetzt, die einer Adoption deutschen Rechts funktionsgleich ist (oben Rn 506). Wurde ein ausländisches Kind durch einen Deutschen nach Bestimmungen einer ausländischen Rechtsordnung mit schwächeren Adoptionswirkungen adoptiert, so genügt die Anerkennung dieser Adoption (auf verfahrensrechtlichem Weg nach §§ 108, 109 FamFG) nicht, um dem Kind die deutsche Staatsangehörigkeit zu verschaffen. Die Ersetzung der deutschen Adoption im Tatbestand des § 6 StAG erfordert also zum einen, dass das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht überhaupt bereit ist, eine ausländische Adoption als Ersatz für eine deutsche zu akzeptieren; in einem zweiten Schritt ist dann zu klären, wie nahe die ausländische Adoption dazu der deutschen kommen muss.
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2. Substitution unterscheidet sich von der Anknüpfung einer Vorfrage: Vorfragenanknüpfung unterstellt die Beurteilung eines Tatbestandsmerkmals (zB wirksam geschlossene Ehe) einer bestimmten, ggf auch ausländischen Rechtsordnung. Substitution setzt dagegen voraus, dass die deutsche Bestimmung mit der Bezeichnung eines Rechtsinstituts inzident dessen Bedeutung und Inhalte nach deutschem Recht verbindet; sie überlässt die Ausfüllung gerade nicht einer anderen Rechtsordnung, sondern ermittelt nur, ob sich das deutsche Recht auch mit einem aus einem fremden materiellen Recht kommenden Ersatz zufrieden gibt.
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Haben die Deutschen M und F in Las Vegas, Nevada, die Ehe geschlossen und stirbt M später, so ist die Frage einer wirksamen Eheschließung (nur) Vorfrage in Anwendung des Ehegattenerbrechts in § 1931 BGB; eine Substitutionsfrage stellen wir nur deshalb nicht, weil wir unterstellen, dass eine „Ehe“ ein rechtsvergleichend austauschbares Rechtsinstitut ist.
Sind die Iraner M und F in Teheran eine Ehe auf Zeit nach shiʼitischem Recht (mut’a) eingegangen und stirbt M als Staatenloser in Deutschland (bis zum 16.8.2015: mit deutschem Personalstatut als Erbstatut, Art. 25 Abs.1 iVm Art. 5 Abs. 2 aF; seit 17.8.2015: mit deutschem gewöhnlichem Aufenthalt als Erbstatut, Art. 21 Abs. 1 EU-ErbVO) während dieser Ehe, so stellt sich die Substitutionsfrage, ob das Rechtsinstitut der mut’a als „Ehe“ iSd von § 1931 BGB vorausgesetzten deutschen Begriffsverständnisses angesehen werden kann.
II. Voraussetzungen der Substituierbarkeit
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Substitution setzt die positive Antwort auf zwei Fragen voraus: Erlaubt die lex causae, meist das deutsche Recht, überhaupt eine Substitution des in Begriffen deutschen Rechts verstandenen Tatbestandsmerkmals durch ein ausländisches Rechtsinstitut? Wenn dies zu bejahen ist: Genügt das konkrete Rechtsinstitut den Voraussetzungen, die an eine Vergleichbarkeit zu stellen sind?
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1. Nur ganz ausnahmsweise wird die erste Frage zu verneinen, also die Möglichkeit der Substitution ganz abzulehnen sein. Dies erfordert eine Begründung, wonach die betreffende Norm mit der Verwendung des deutschen Rechtsinstituts Zwecke verfolgt, die schlechterdings nicht durch ein noch so ähnliches ausländisches Rechtsinstitut substituierbar sind.
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Die Form der Übereignung eines deutschen Grundstücks unterliegt nach Art. 11 Abs. 4 deutschem Recht als Sachstatut (lex rei sitae). Damit gelten §§ 873, 925 BGB, erforderlich ist die Auflassung vor einem Notar. § 925 BGB geht sicher von dem deutschen Begriffsverständnis von „Notar“ aus. Es stellt sich die erste Substitutionsfrage, ob überhaupt ein ausländischer Notar (zB ein österreichischer, der dem deutschen Notar an Ausbildung und Seriosität gleich steht) die Auflassungserklärungen entgegennehmen kann. Nach hM soll das nicht möglich sein; ein ausländischer Notar ist also in § 925 BGB nicht für einen deutschen substituierbar.[10] In diesem Zusammenhang geht es weniger um die Wahrung der Interessen Beteiligter (vgl dazu unten Rn 547 Belehrung über deutsches Recht) als um die Sicherheit des Grundbuchverkehrs.
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Umstritten ist die Substituierbarkeit des ausländischen Notars als Urkundsperson im Gesellschaftsrecht,[11] insbesondere bei Gesellschaftsgründungen und Satzungsänderungen, die deutsche Handelsgesellschaften betreffen. Nach richtiger Ansicht ist das Beurkundungserfordernis für Rechtsgeschäfte, welche die Verfassung der Gesellschaft betreffen, nicht nur formeller, sondern auch materieller Natur, weil solche Geschäfte tief in die überindividuelle Struktur der Gesellschaft eingreifen. Da also die Wahrung der Ortsform nach Art. 11 nicht genügt, kommt es auf die Frage nicht an, ob die für eine inländische Gesellschaft (zB schweizerische AG) vorgesehene Ortsform übertragbar wäre auf eine vergleichbare deutsche Gesellschaft (deutsche AG). Es gilt somit für eine deutsche Gesellschaft jedenfalls deutsches Recht, zB für die GmbH §§ 2, 53 GmbHG. Die erste Substitutionsfrage lautet: Kann überhaupt ein ausländischer Notar für die notarielle Beurkundung nach diesen Bestimmungen einen deutschen Notar ersetzen? Obgleich verbreitet für die Verfassung der Gesellschaft betreffende Geschäfte nur der deutsche Notar als kompetent angesehen wird, bejaht der BGH[12] zu Recht die Substituierbarkeit, sofern auf die Belehrung über das anwendbare deutsche Recht (konkludent) verzichtet werden kann. Erst recht gilt dies für die Form bei Übertragung von Gesellschaftsanteilen.
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2. Ist eine Substitution überhaupt möglich, so ist die zweite Substitutionsfrage zu stellen, ob das fremde Rechtsinstitut gleichwertig zu dem in der Bestimmung gemeinten deutschen Institut ist. Die Beantwortung hängt von dem Zweck ab, den die deutsche Bestimmung mit der Verwendung dieses Rechtsinstituts verfolgt, so dass in jedem Einzelfall die Zwecke der Norm diskutiert werden müssen.
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a) Vielfältige Fragen ergeben sich um die Funktion ausländischer Notare. Substitution erfordert hier die Gleichwertigkeit der Urkundsperson und des Urkundsverfahrens. Schreibt eine Bestimmung öffentliche Beglaubigung vor (zB § 29 GBO), so kann die deutsche öffentliche Beglaubigung durch jede Urkundsperson substituiert werden, die nach dem Recht des Staates, wo sie handelt, einen öffentlichen Glauben hinsichtlich der Identität des Erklärenden genießt. Insbesondere genügt sogar ein – juristisch meist nicht gebildeter – notary public des common law-Rechtskreises.
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b) Verlangt das deutsche Recht notarielle Beurkundung und genügt nicht die Ortsform, so kommt es zunächst darauf an, welche Funktionen (Authentizität der Erklärung, Warnungs- oder Belehrungsfunktion) im Vordergrund der Formvorschrift