Aufenthalts- und Asylrecht. Kyrill-Alexander Schwarz
S. 12.
2. Teil Das allgemeine Ausländerrecht
Inhaltsverzeichnis
A. Regelungsgegenstand und staatsrechtlicher Status
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Das Aufenthalts- und Asylrecht ist eine sehr vielschichtige Materie. Der Schwerpunkt dieses Skripts liegt dabei vor allem auf dem nationalen und europäischen Asylrecht. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir das Aufenthaltsrecht außen vorlassen könnten. Viel mehr sind beide Regelungssysteme wichtig, da sie zum Teil aufeinander aufbauen und zum Teil sich gegenseitig bedingen. Der gesamte Komplex des Aufenthalts- und Asylrechts lässt sich aus Sicht dieses Skripts aber in ein allgemeines und ein besonderes Ausländerrecht aufteilen. Das allgemeine Ausländerrecht verkörpert das Aufenthaltsrecht, insbesondere das Aufenthaltsgesetz. Dieses Regelungssystem legt die Grundlagen fest, die für das Ausländerrecht in Deutschland gelten. Darauf aufbauen und dieses ergänzend kommt dann das Asylrecht als besonderes Ausländerrecht. Dieser Struktur folgend, beschäftigen wir uns zunächst mit dem Aufenthaltsgesetz, um uns das allgemeine Ausländerrecht und die gesetzliche Grundstruktur anzueignen. Mit diesem Wissen werden wir uns sodann den Besonderheiten des Asylrechts widmen.
2. Teil Das allgemeine Ausländerrecht › A. Regelungsgegenstand und staatsrechtlicher Status
A. Regelungsgegenstand und staatsrechtlicher Status
2. Teil Das allgemeine Ausländerrecht › A. Regelungsgegenstand und staatsrechtlicher Status › I. Regelungsgegenstand
I. Regelungsgegenstand
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Lernen Sie aktiv mit diesem Skript und verschaffen Sie sich einen Überblick über die Gesetze und zitierten Normen, bevor Sie in den nachfolgenden Abschnitten die Erläuterungen lesen.
Um sich mit dem Aufenthalts- und Asylrecht vertraut zu machen, ist es zunächst wichtig, sich ein Bild davon zu machen, welche Gesetze dieses Rechtsgebiet regeln. Dabei ist die Vielschichtigkeit dieses Rechtsgebiets zu beachten. Es ist geprägt von zahlreichen Kodifikationen auf den verschiedensten Ebenen. Wie uns die historische Einführung gezeigt hat, gilt es neben nationalen Regelungen auch europäische, bilaterale und völkerrechtliche Kodifikationen zu beachten. Als eine zumindest für die Bundesrepublik zentrale Kodifikation lässt sich allerdings das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ausmachen. Dieses regelt nicht nur die Einwanderung, sondern hat auch das Ziel, den Aufenthalt und die Beendigung desselben zu regeln. Zwar erfolgt dies bei weitem nicht abschließend. Insbesondere hinsichtlich der Problematik des Umgangs mit Asylsuchenden ist die zentrale Kodifikation auf Bundesebene das Asylgesetz (AsylG). Dennoch entspringt dem Aufenthaltsgesetz die wesentliche Struktur des Ausländerrechts in Deutschland.
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In § 1 Abs. 1 AufenthG werden die Zwecke des AufenthG aufgelistet. Demnach dient das Aufenthaltsgesetz unter anderem der:
• | Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern (Satz 1), |
• | Gestaltung des Zuzugs unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit (Satz 2), |
• | Erfüllung humanitärer Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland (Satz 3). |
Zu diesen Zwecken soll das Aufenthaltsgesetz die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern regeln. Unabhängig vom Zweck der Regelungen im Aufenthaltsgesetz hängt die Anwendbarkeit nach § 1 Abs. 1 AufenthG auch und vor allem vom Begriff des Ausländers ab. Nur auf solche Personen ist das Gesetz überhaupt anwendbar. Auf den nächsten Seiten wollen wir uns daher mit diesem Begriff näher auseinandersetzen.
2. Teil Das allgemeine Ausländerrecht › A. Regelungsgegenstand und staatsrechtlicher Status › II. Die staatsrechtlichen Status
II. Die staatsrechtlichen Status
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Eine der ersten wichtigen Fragen, die es für die Anwendbarkeit des allgemeinen Ausländerrechts zu klären gilt, ist die nach der Definition des Ausländers. Es handelt sich um einen zentralen Begriff dieser Rechtsmaterie. Der § 2 Abs. 1 AufenthG liefert uns für die inhaltliche Bestimmung dieses Begriffs eine Legaldefinition:
Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 Grundgesetz ist.
Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist grundsätzlich jeder, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Die Eigenschaft des Deutschen bzw. des Ausländers steht und fällt also mit dem staatsrechtlichen Status der jeweiligen Person.
Hinweis
Wie wir später noch sehen werden, kann ein Asylbewerber verschiedene aufenthaltsrechtliche Status, wie zum Beispiel eine Aufenthaltserlaubnis, erlangen. Dies ändert jedoch nichts an seinem staatsrechtlichen Status. Eine Person kann sowohl einen staatsrechtlichen als auch einen aufenthaltsrechtlichen Status besitzen. Entsprechend bleibt der staatsrechtliche Status eines Ausländers unverändert, wenn sich sein aufenthaltsrechtlicher Status ändert. Eine Änderung seines staatsrechtlichen Status ergibt sich beispielweise dann, wenn der Ausländer einen Antrag auf Einbürgerung nach § 8 StAG bewilligt bekommt. Diese Unterscheidung ist elementar für das Ausländerrecht. Während der staatsrechtliche Status eine wesentliche Rolle für die Anwendbarkeit des AufenthG darstellt, kann aus dem Aufenthalt eines Ausländers in Deutschland je nach Sachlage ein aufenthaltsrechtlicher Status erst entstehen.
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Unter einem staatsrechtlichen Status versteht man ein Bündel von Rechten und Pflichten, die durch die Verleihung des Status auf die betreffende Person übertragen werden.[1]
Aus dieser Definition folgt unmittelbar, dass ein staatsrechtlicher Status grundsätzlich von der Verleihung durch einen Staat abhängig ist. Ein solcher Status ist zum Beispiel die deutsche Staatsangehörigkeit. In Deutschland existieren neben der deutschen Staatsangehörigkeit noch weitere Status, die eine Person innehaben kann. Diese Status unterscheiden sich unter anderem in der Art der Erlangung bzw. Verleihung als auch im Umfang der Rechte und Pflichten, die mit ihnen verbunden sind. Die für das Aufenthalts- und Asylrecht relevanten werden in der Folge näher erläutert.[2]