Schuldrecht Besonderer Teil I. Achim Bönninghaus
§ 453
1. Die Grundtypen des Kaufvertrages
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Notwendige Voraussetzung für die Entstehung der kaufvertraglichen Primär- und Sekundäransprüche ist das Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages. Für den Vertragsschluss gelten die allgemeinen Regeln – der Kaufvertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande.[1]
JURIQ-Klausurtipp
Typische Klausurprobleme[2] sind hier die Abgrenzung der „invitatio ad offerendum“ vom verbindlichen Angebot, die Bestimmung des richtigen Vertragspartners beim „Bargeschäft des täglichen Lebens“ , beim „unternehmensbezogenen Geschäft“ und beim Handeln unter fremden Namen sowie die „falsa demonstratio“ und das Scheingeschäft vor dem Notar beim „Schwarzkauf“ eines Grundstücks.
Ein Kaufvertrag ist dann geschlossen, wenn die zwischen den Vertragspartnern vereinbarten primären Hauptleistungspflichten (die sog. „Essentialia“) dem Typus des § 433 (ggf. i.V.m. § 453 beim Rechtskauf) entsprechen. Es handelt sich um einen gegenseitigen Vertrag i.S.d. §§ 320 ff.: Zahlung des Kaufpreises gegen Verschaffung des Kaufobjekts.
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Je nach dem vereinbarten Kaufgegenstand können wir zwei Grundtypen des Kaufvertrages unterscheiden: den „Sachkauf“ (§ 433) einerseits und den „Rechtskauf“ (§ 453) andererseits.
Innerhalb dieser beiden Grundtypen des Kaufes kennen wir noch weitere Differenzierungen, die wir uns nachfolgend ebenfalls ansehen.
a) Hauptleistungspflichten
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Beim sog. „Sachkauf“ verpflichtet sich der Verkäufer, gegen Zahlung des Kaufpreises Besitz und Eigentum (oder nur Miteigentum) an einer Sache (§ 90) frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen (§ 433 Abs. 1). Die Primärleistungspflicht des Verkäufers umfasst also zwei Komponenten: die Verschaffung von Besitz und Eigentum (§ 433 Abs. 1 S. 1) einerseits und die Gewährleistung der Mangelfreiheit der Sache (§ 433 Abs. 1 S. 2) andererseits. Dabei soll die Gewährleistungspflicht des Verkäufers nicht ewig andauern. Der Verkäufer will sich typischerweise nicht zu einer dauernden Instandhaltung verpflichten, sondern die Mängelfreiheit nur zu einem bestimmten Zeitpunkt gewährleisten. Der Kaufvertrag begründet kein Dauerschuldverhältnis wie etwa die Miete (vgl. § 535 Abs. 1 S. 2). Der maßgebliche Zeitpunkt ist nach der Formulierung des § 433 Abs. 1 S. 2 spätestens der Moment, in dem der Verkäufer dem Käufer Eigentum und Besitz „verschafft“ hat. Wir werden uns noch damit beschäftigen, dass in der Regel noch frühere Zeitpunkte als „Gewährleistungsstichtage“ in Betracht kommen.
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Zur Herstellung der verkauften Sache ist der Verkäufer nicht verpflichtet. Soll er nach der Vereinbarung auch die Herstellung der Sache schulden, liegt kein Kauf-, sondern ein Werklieferungsvertrag i.S.d. § 650 vor (s.u. Rn. 366 ff.).
Hinweis
Daraus folgt, dass der Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist. Ein Herstellerverschulden kann dem Verkäufer nicht über § 278 zugerechnet werden![3]
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Werden Tiere verkauft, finden die Vorschriften über den Sachkauf Anwendung. Denn nach § 90a S. 3 werden Tiere grundsätzlich wie Sachen behandelt. Für Tiere sehen die §§ 433 ff. keine Sondervorschriften (mehr) vor.
Beispiel
Wer einen Hund verkauft, verpflichtet sich gem. § 433 Abs. 1 dem Käufer Besitz und Eigentum am Hund frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
b) Besondere Auslegungsfragen
aa) Bestimmung der verkauften Sache(n)/Stück- und Gattungsschuld
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Bei Vereinbarung eines Sachkaufes i.S.d. § 433 muss sich die verkaufte und damit vom Verkäufer geschuldete Sache als eines der „essentialia negotii“ des Kaufvertrages anhand der Vereinbarung eindeutig bestimmen lassen.[4]
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Die Parteien können als „verkaufte Sache“ ein ganz bestimmtes, individuelles Stück als Kaufobjekt festlegen. Man spricht dann von einer „Stückschuld“ oder einem „Stückkauf“.
Beispiel
V verkauft dem K ein bestimmtes, mit der grundbuchmäßigen Flurbezeichnung bezeichnetes Grundstück.
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Die Kaufvertragspartner können aber alternativ auch abstraktere Merkmale festlegen, die als solche noch keine Individualisierung einer ganz bestimmten Sache erlauben. Dann soll dem Verkäufer die Auswahl überlassen bleiben, mit welchen Exemplaren er seine Pflicht aus dem Kaufvertrag erfüllen möchte. Entscheidend ist dann nur, dass die ausgewählte Sache den vereinbarten Merkmalen gerecht wird und auch im Übrigen mangelfrei (vgl. § 243 Abs. 1) ist. Wegen der Festlegung der Auswahlmerkmale liegt eine hinreichende Bestimmbarkeit des Kaufobjekts vor. Es handelt sich dann um eine „Gattungsschuld“ bzw. um einen „Gattungskauf“. Wenn die Parteien in die Gattungsbeschreibung das Merkmal aufnehmen, die Sache solle aus dem Vorrat des Verkäufers stammen, vereinbaren sie eine sog. „beschränkte Gattungsschuld“ in Form einer „Vorratsschuld“.
Beispiel für Vorratsschuld
K kauft beim Versandhändler V eine DVD über dessen Online-Shop durch Angabe der von V festgelegten Artikelnummer und Artikelbezeichnung.
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Die Vereinbarung der Parteien ist nicht immer eindeutig. Häufig lassen sich die Äußerungen sowohl als Vereinbarung einer Stück- wie einer Gattungsschuld auffassen. Das ist immer dann der Fall, wenn die Auswahl eines konkreten Stücks bei Vertragsschluss auch als exemplarische Beschreibung einer Gattung verstanden werden könnte und dem konkreten Stück lediglich die Funktion eines Musters zur Beschreibung der geschuldeten Gattung zukommen soll.
Entscheidend ist – wie immer – das redliche Verständnis der Äußerungen der am Vertragsschluss beteiligten Personen, §§ 133, 157. Fraglich ist alleine, welche Auslegung im Zweifel den Vorzug verdient und mit welchen Kriterien sich eine Vermutung für eine Stück- bzw. Gattungsschuld begründen lässt.
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Geht es dem Verkäufer ersichtlich nur um die Abgabe des konkret ausgewählten Stücks, etwa weil er erkennbar kein sonstiges Stück besitzt oder die restlichen Stücke ausdrücklich zurückbehalten möchte, liegt eine Stückschuld vor.[5] Der Verkäufer macht hier deutlich, nur das bei Vertragsschluss ausgewählte und