Schuldrecht Besonderer Teil I. Achim Bönninghaus
V verkauft dem K seinen einzigen, gebrauchten PKW.
Beispiel 2
Weinhändler V verkauft dem K wegen Räumung seines Ladenlokals seine gesamten Lagerbestände der Weinsorte X.
Beispiel 3
Verbraucher V bietet dem K eine neue DVD mit einem bestimmten Filmtitel zum Kauf an, die er selber versehentlich doppelt erworben hatte.
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Entsprechendes gilt für den Fall, dass der Käufer deutlich macht, sich aus bestimmten Gründen bewusst für das konkrete Exemplar entschieden zu haben. Dann sind die „Zweifel“, welchem Auslegungsergebnis der Vorzug zu geben ist, zugunsten der Stückschuld ausgeräumt.
Beispiel
Computerhändler V präsentiert von jedem seiner vorrätigen Laptops jeweils ein Modell im Laden. Kunde K möchte ein präsentes Exemplar kaufen und sofort mitnehmen. Er teilt mit, er habe keine Zeit und wolle nicht warten, bis V ein anderes Exemplar desselben Typs aus dem Lager beschafft habe.
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Eine bewusste Auswahlentscheidung des Käufers wird man redlicherweise auch bei unvertretbaren Sachen annehmen müssen. Das sind neben Grundstücken solche beweglichen Sachen, die vom Verkehr im Gegensatz zu den vertretbaren Sachen i.S.d. § 91 auch durch individuelle Merkmale unterschieden werden. Hier liegt wegen der Individualität des Stücks die Annahme fern, das Stück diene bloß als Muster für die Beschreibung einer Gattung.
Beispiel 1
K entscheidet sich beim Gebrauchtwagenhändler V nach Beratung und Probefahrt für einen von mehreren gebrauchten Jahreswagen desselben Modells mit vergleichbarer Laufleistung und Ausstattung. Hier unterscheidet sich jeder Wagen durch seinen individuellen Abnutzungsgrad, der von der Nutzungs- und Pflegeintensität der früheren Nutzer abhängt.[6]
Beispiel 2
K entscheidet sich beim Galeristen V nach eingehender Besichtigung für das Gemälde mit dem Titel „ICH“ aus der Trilogie „ICH – DU – WIR“ des Malers M. K will hier erkennbar das Bild „ICH“ und nicht „eines der drei Bilder“ aus dieser Trilogie erwerben.
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Beim Kauf einer „vertretbaren Sache“ wird schließlich vertreten, es sei im Zweifel eine (ggf. auf den Vorrat des Verkäufers beschränkte) Gattungsschuld vereinbart.[7] „Vertretbar“ ist eine bewegliche[8] Sache nach § 91, die im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht und nicht durch individuelle Merkmale bestimmt wird.
Beispiel
K geht zum Lebensmitteldiscounter V und entnimmt einem Karton mit 40 Mehlpackungen eine Packung. Diese Mehlpackung legt er an der Kasse vor. Die Kassiererin zieht die Packung über den Scanner und verlangt den Kaufpreis. Haben die Parteien jetzt einen Kaufvertrag nur über diese, an der Kasse vorgelegte Mehlpackung geschlossen (Stückschuld) oder sollte die vorgelegte Packung lediglich exemplarisch die geschuldete Gattung beschreiben (Gattungskauf)?
Der Schluss auf die Vereinbarung eines Gattungskaufes – meist in der Form einer Vorratsschuld – rechtfertigt sich daraus, dass vertretbare Sachen ohne weiteres untereinander austauschbar sind und der Verkäufer deshalb redlicherweise nicht davon ausgehen kann, es komme dem Käufer ausgerechnet auf das zufällig ausgesonderte Stück an. Im Beispiel ist aufgrund Vertretbarkeit der vorgelegten Mehlpackung und der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die Auswahlentscheidung des K letztlich vom Zufall geprägt war und er dem Vorrat des Verkäufers ebenso gut eine andere Verpackung hätte entnehmen können. Allerdings musste K davon ausgehen, dass dem V nur an einer Leistung aus seinem Vorrat gelegen ist, um keine zusätzlichen Beschaffungskosten zu haben. Damit haben die Parteien eine auf den Vorrat des V beschränkte Gattungsschuld vereinbart.
Diese Ansicht bedeutet keineswegs, dass es keine Stückschuld über vertretbare Sachen geben kann. Kann etwa der Käufer erkennen, dass der Verkäufer nur dieses eine (vertretbare) Stück vorrätig hat und ihm deshalb bei Vertragsschluss nur dieses Stück verschaffen kann und will, liegt – nach allen Ansichten – eine Stückschuld vor (s.o. Rn. 13, Beispiele 2 und 3.). Eine Stückschuld liegt außerdem trotz Vertretbarkeit der Sache vor, wenn der Käufer – wie im Laptopfall oben – seine Auswahl erkennbar bewusst aus besonderen Gründen getroffen hat.
Fazit:
Die hier vorgestellte Ansicht unternimmt methodisch nichts anderes, als den Parteiwillen vom Standpunkt eines redlichen Empfängers unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und Treu und Glauben nach §§ 133, 157 zu ermitteln. Verborgen gebliebene Auswahlkriterien einer Partei können – wie immer – bei der Auslegung vom jeweiligen normativen Empfängerhorizont mangels Erkennbarkeit keine Berücksichtigung finden.
bb) Erstreckung auf wesentliche Bestandteile/Zubehör
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Lesen Sie im Gesetz die §§ 93 ff., 311c, 926 parallel mit!
Da an einem wesentlichen Bestandteil gem. § 93 keine besonderen dinglichen Rechte bestehen können, wäre der Kaufvertrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet, wenn er gem. § 433 Abs. 1 S. 1 nur zur Übereignung der verkauften Sache ohne ihre wesentlichen Bestandteile verpflichtete.[9] Da die Vereinbarung einer unmöglichen Leistung dem Parteiwillen im Zweifel nicht entspricht, ist regelmäßig von einer Verpflichtung zur Übereignung auch der wesentlichen Bestandteile auszugehen.
Beispiel
Wird ein Grundstück verkauft, auf dem sich ein Haus befindet, sind auch das Haus und die zu seiner Herstellung eingefügten Sachen Gegenstand des Kaufvertrages (vgl. § 94).
Hinweis
Schließen die Parteien ausdrücklich einen Kaufvertrag, wonach bestimmte wesentliche Bestandteile beim Verkäufer verbleiben sollen, kann die Abrede im Wege der Auslegung als Einräumung von Wegnahme- und Aneignungsrechten an den wesentlichen Bestandteilen verstanden werden.[10]
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Eine Auslegungshilfe bietet die – nicht nur auf Kaufverträge anwendbare! – Vermutungsregel des § 311c, wonach sich die Verpflichtung zur Veräußerung einer Sache „im Zweifel“ auch auf dessen Zubehör (vgl. §§ 97, 98) erstrecken soll.
Beispiel
Wer ein Grundstück mit einem Gartenlokal verkauft, ist im Zweifel auch verpflichtet, das dem dauernden Betrieb des Gartenlokals dienende Inventar (Küche, Schankanlage, Einrichtung etc.) zu übereignen.[11]
cc) Verkauf noch nicht existierender Sachen
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Es ist denkbar, dass der verkaufte Gegenstand bei Abschluss des Kaufvertrages noch gar nicht existiert.
Beispiel 1
Züchter V „verkauft“ dem K sämtliche Welpen des nächsten Wurfes seiner Hündin Zora.
Beispiel 2
Händler V „verkauft“ dem K einen PKW, der erst noch