Schuldrecht Besonderer Teil I. Achim Bönninghaus
analog §§ 929 ff. übertragen und nicht durch Abtretung.
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Das Eigentum scheidet als Gegenstand eines Rechtskaufs aus.[65] Denn hierfür gelten die §§ 433 ff. direkt. Ebenfalls fällt der Besitz nicht unter § 453, da er kein Recht darstellt.
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Ist ein Recht verkauft, das zum Besitz einer Sache berechtigt, ist der Verkäufer gem. § 453 Abs. 3 verpflichtet, dem Verkäufer auch den Besitz an der Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
Beispiel
Beim Verkauf eines Erbbaurechts (§ 1 ErbbauRG) schuldet der Verkäufer nicht nur die Übertragung des Erbbaurechts, sondern auch die Besitzverschaffung am belasteten Grundstück.
c) Kauf sonstiger Gegenstände
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Als eine Art Auffangtatbestand enthält § 453 Abs. 1 noch die sonstigen „Gegenstände“, also handelbare Rechtsobjekte, die weder Sachen noch Rechte darstellen.
Beispiel
Gas, Strom, Know-How oder ein Unternehmen in seiner Gesamtheit, d.h. als Inbegriff aller materiellen und immateriellen Werte.
Den Verkäufer trifft hier ebenfalls eine Verschaffungspflicht, deren technische Ausgestaltung vom Gegenstand abhängt: Gas und Strom sind beispielsweise über Leitungen verfügbar zu halten, Know-How ist mitzuteilen.
Beim Kauf eines Unternehmens kommen zwei Varianten in Betracht:
Entweder vereinbaren die Parteien die Übertragung sämtlicher Einzelwerte (Sachen, Forderungen, sonstige Rechte und Gegenstände) des Unternehmens (sog. „asset deal“). Dann gelten für jeden Gegenstand die für ihn passenden Übertragungsregeln (§§ 398 ff., 873 ff., 929 ff., etc.).
Handelt es sich bei dem Unternehmensträger um eine Gesellschaft, können die Parteien alternativ vereinbaren, dass die Anteile am Unternehmensträger nach den dafür geltenden Bestimmungen (z.B. § 15 GmbHG i.V.m. §§ 398, 413) auf den Käufer übertragen werden sollen (sog. „share deal“).[66]
1. Teil Der Kaufvertrag › A. Wirksamer Kaufvertrag › II. Wirksamkeitsvoraussetzungen
II. Wirksamkeitsvoraussetzungen
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Nachdem Sie die Vereinbarung eines Kaufvertrages mit den typischen Pflichten gem. § 433 bzw. § 453 festgestellt haben, müssen Sie noch die Wirksamkeit dieses Vertrages untersuchen. Wie bei jedem Vertrag ist die Prüfung, ob ein wirksamer Kaufvertrag vorliegt, in drei gedanklichen Teilschritten vorzunehmen: Abschluss des Vertrages durch Angebot und Annahme, Bestehen etwaiger Wirksamkeitserfordernisse und Bestehen etwaiger Wirksamkeitshindernisse.[67] Dabei sind das Trennungs- und Abstraktionsprinzip strikt einzuhalten: Die Unwirksamkeit des Kaufvertrages führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der – getrennt zu begutachtenden – Erfüllungsgeschäfte (z.B. §§ 398 ff., 873 ff., 929 ff.) und umgekehrt.
1. Allgemeine Tatbestände
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Bei der Wirksamkeitsprüfung kommen zunächst die Wirksamkeitserfordernisse in Betracht, also die Tatbestände, die die schwebende Unwirksamkeit des Vertrages aussprechen.[68] Sie denken hier insbesondere an § 177 beim Vertragsschluss durch einen Vertreter und an die §§ 107, 108 bei Beteiligung eines beschränkt Geschäftsfähigen.
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Die im Anschluss zu prüfenden Wirksamkeitshindernisse sprechen die endgültige Unwirksamkeit des Vertrages aus. Sie prüfen gedanklich die allgemeinen Regeln durch, insbesondere die Formnichtigkeit nach § 125, Verbotswidrigkeit i.S.d. § 134, Sittenwidrigkeit gem. § 138[69] oder Nichtigkeit infolge einer Anfechtung gem. § 142 Abs. 1.[70]
2. Besondere Formerfordernisse
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Von allen denkbaren Fallgruppen wollen hier nur folgende Fallgruppen hervorheben: die Formnichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages (§ 125 S. 1 i.V.m. § 311b Abs. 1) und die Formnichtigkeit besonderer Verbraucherkaufverträge, nämlich den Kauf mit Teilzahlungsvereinbarung (§ 507 Abs. 2 S. 1) oder Ratenlieferung (§ 125 S. 1 i.V.m. § 510 Abs. 1 S. 1).
a) Formnichtigkeit beim Grundstückskaufvertrag (§ 311b Abs. 1 S. 1)
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Nach § 311b Abs. 1 S. 1 bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieses Formgebots geschlossener Vertrag ist nach § 125 S. 1 grundsätzlich nichtig. Allerdings kann der Formmangel dadurch geheilt werden, dass der Vertrag durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch (vgl. § 873) erfüllt wird, § 311 Abs. 1 S. 2. Die Heilung wirkt ex nunc.[71]
Die Formvorschrift des § 311b Abs. 1 S. 1 gilt demnach für solche Kaufverträge, mit denen sich der Verkäufer zur Übereignung eines Grundstücks (Sachkauf) verpflichtet. Die Formvorschrift findet weiter auch dann Anwendung, wenn sich der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer (nur) einen Miteigentumsanteil (ebenfalls Sachkauf[72]) an dem Grundstück zu übertragen.[73] Sie gilt schließlich kraft gesetzlicher Verweisung auch für die Verpflichtung zur Übertragung bzw. zum Erwerb von Wohnungseigentum (§ 4 Abs. 3 WEG) und Erbbaurechten (vgl. §§ 1, 11 Abs. 2 ErbauRG).
Hinweis
Denken Sie daran, dass § 311b Abs. 1 zur Verwirklichung der mit dieser Vorschrift zugleich verfolgten Warn- und Beratungsfunktion[74] auf solche Verträge entsprechend angewendet wird, die zwar selbst nicht die Verpflichtung zur Übertragung oder zum Erwerb eines der vorstehend genannten Rechte zum Gegenstand haben, aber eine solche Verpflichtung indirekt begründen.[75]
Indirekte Veräußerungs- oder Erwerbspflichten begründet beispielsweise ein Vorvertrag, der die Parteien unter bestimmten Bedingungen zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages verpflichtet, oder ein Vertrag, mit dem eine Partei ein Vorkaufsrecht in Bezug auf ein Grundstück erwirbt (s. dazu §§ 463, 464).
Außerdem findet § 311b Abs. 1 entgegen § 167 Abs. 2 auf die Erteilung einer Vollmacht zum Abschluss eines unter § 311b Abs. 1 fallenden Verpflichtungsvertrages Anwendung, wenn die Vollmacht unwiderruflich erteilt wurde oder nach dem Grundverhältnis unverzüglich genutzt werden darf.[76]
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Keine Anwendung findet § 311b Abs. 1 hingegen auf solche Kaufverträge, mit denen sich der Verkäufer lediglich verpflichtet, Grundstückszubehör oder (unwesentliche) Bestandteile (vgl. §§ 93 ff.) an einem Grundstück auf den Käufer zu übertragen.[77]
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Zu den typischen Klausurproblemen an dem Prüfungspunkt „Formwirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages“ gehört einmal die irrtümliche Falschbezeichnung („falsa demonstratio“) eines Grundstücks in der notariellen Urkunde.
Beispiel
A und B einigen sich darüber, dass A dem B eines seiner Grundstücke (Flurstück X) verkauft. Im notariell