Europarecht. Christiane Eichholz
gelten die gleichen Bestimmungen wie für den Unionsbürger selbst.[47]
Hinweis
Voraussetzung für ein Aufenthaltsrecht eines Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, ist nicht das Beherrschen der Sprache in dem Aufnahmemitgliedstaat.
Bei Tod oder Wegzug des Unionsbürgers aus dem gemeinsamen Aufnahmemitgliedstaat verliert der Familienangehörige ohne eine Unionsbürgerschaft nicht sein Aufenthaltsrecht, wenn er vor dem Tod des Unionsbürgers mindestens ein Jahr lang in dem Aufnahmemitgliedstaat mit dem Unionsbürger gelebt hat.[48]
JURIQ-Klausurtipp
Bei Klausuren ist zu berücksichtigen, dass ein Familienangehöriger ohne die Unionsbürgerschaft nach einer Scheidung, Eheaufhebung oder Beendigung der eingetragenen Partnerschaft auf persönlicher Grundlage u.U. ein eigenständiges Aufenthaltsrecht haben kann.
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Voraussetzung für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ist, dass
• | die Ehe oder die eingetragene Partnerschaft bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungs- oder Aufhebungsverfahrens oder bis zur Beendigung der |
• | eingetragenen Partnerschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und davon mindestens ein Jahr im Aufnahmemitgliedstaat oder |
• | dem Familienangehörigen aufgrund einer Vereinbarung der Ehegatten oder der Lebenspartner oder durch gerichtliche Entscheidung das Sorgerecht für die Kinder des Unionsbürgers übertragen wird oder |
• | es aufgrund besonders schwieriger Umstände erforderlich ist, wie etwa bei Opfern von Gewalt im häuslichen Bereich während der Ehe oder der eingetragenen Partnerschaft oder |
• | dem Familienangehörigen aufgrund einer Vereinbarung der Ehegatten oder der Lebenspartner oder durch gerichtliche Entscheidung das Recht zum persönlichen Umgang mit dem minderjährigen Kind zugesprochen wird, sofern das Gericht zu der Auffassung gelangt ist, dass der Umgang ausschließlich im Aufnahmemitgliedstaat erfolgen darf.[49] |
4. Die Änderungen bezüglich der Institutionen
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Sehen Sie hierzu die Darstellung der Rechtsetzungsverfahren in Rn. 207–210.
Der Europäische Rat als Gremium aller Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten und des Kommissionspräsidenten war erstmals in der EEA vertraglich verankert worden. In dem Vertrag von Maastricht wurde der Europäische Rat bestätigt und seine Funktion verstärkt.
Das Europäische Parlament wurde wesentlich aufgewertet durch die Einführung des Mitentscheidungsverfahrens gem. Art. 251 EGV.[50] Dieses Verfahren ergänzte und verstärkte die bereits bestehenden – jedoch schwachen – parlamentarischen Einflussmöglichkeiten in den Rechtsetzungsverfahren der Anhörung und der Zusammenarbeit gem. Art. 252 EGV.[51]
5. Die deutsche Verfassungsbeschwerde gegen den Maastricht-Vertrag
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In den in Deutschland erhobenen Verfassungsbeschwerden gegen das deutsche Zustimmungsgesetz zum Vertrag von Maastricht wurde als Klagegrund geltend gemacht, der Maastricht-Vertrag verstoße gegen Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG. Der Vertrag verletze das Demokratie-, Gewaltenteilungs- und Bundesstaatsprinzip und überschreite die Grenzen der Übertragung von Hoheitsrechten.
Gem. Art. 23 Abs. 1 S. 3 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG ist eine Übertragung von Hoheitsrechten auf die Europäische Gemeinschaft unzulässig, wenn es dadurch zum Verändern des Grundgefüges des GG kommt oder dadurch die wesentlichen Strukturen des GG ausgehöhlt werden.
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Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zu den Verfassungsbeschwerden in seinem Maastricht-Urteil vom 12.10.1993[52] entschieden:
• | „Aufgrund des Demokratiegebotes des GG behält sich das BVerfG die Prüfung vor, ob sich Rechtsakte von EG-Organen in den Grenzen der ihnen durch das deutsche Zustimmungsgesetz zum EUV a.F. eingeräumten Hoheitsrechte halten. Bei Grenzüberschreitung sollen EG-Rechtsakte in der Bundesrepublik nicht verbindlich sein. |
• | Das Demokratieprinzip wird nicht verletzt, solange dem Bundestag trotz Übertragung von Hoheitsrechten auf die EG stets noch hinreichende Aufgaben und Befugnisse von substanziellem Gewicht verbleiben. Die ununterbrochene Legitimationskette vom Volk hin zu den Staatsorganen besteht noch. |
• | Bei einer fortschreitenden Integration ist allerdings der Ausbau der demokratischen Grundlagen der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere mehr Kompetenzen für das Europäische Parlament, erforderlich. |
• | Die Übertragung von nationalen Hoheitsrechten auf die EG durch den EUV a.F. ist hinreichend bestimmt und vorhersehbar normiert, da die Gemeinschaftsorgane nur aufgrund der durch den Unionsvertrag eingeräumten Handlungsermächtigung tätig werden dürfen (enge Auslegung). |
• | Im Rahmen der EG kann keine strikte Gewaltenteilung erwartet werden. |
• | Der Erlass europäischer Rechtsnormen darf in der EG im größeren Umfang als in den einzelnen Mitgliedstaaten bei einem exekutiv besetzten Organ liegen, denn die einzelnen Organe nehmen verschiedene Interessen wahr“. |
1. Teil Die europäische Integration › B. Die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft › IV. Die Reform der Europäischen Gemeinschaften durch den Vertrag von Amsterdam
IV. Die Reform der Europäischen Gemeinschaften durch den Vertrag von Amsterdam
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Der Vertrag von Amsterdam vom 2.10.1997[53] trat am 1.5.1999 in Kraft. Mit Hilfe dieses Vertrages sollte mehr politische Union dadurch erreicht werden, dass Teile der dritten Säule der EU (die PJZS) in Art. 61–69 EGV überführt wurden.
1. Die weiteren Vergemeinschaftungen
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Überführt wurden die Bereiche:
• | Visa, |
• | Asyl, |
• | Einwanderung, |
• | Kontrolle der Außengrenzen, |
• | justizielle Zusammenarbeit im Zivilrecht, |
• |
Zollzusammenarbeit und
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