Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
Standplatz bei einer gemeindlichen Kirmes die kapazitativen Zulassungsmöglichkeiten, so ist eine an sachgerechten Kriterien orientierte Auswahlentscheidung zu treffen, zB nach Maßgabe der Reihenfolge der Anmeldungen („Prioritätsprinzip“[63]), der Attraktivität, der Bekanntheit und Bewährtheit der Unternehmen[64] bzw auch in Gestalt einer Rotation oder der Durchführung eines Losverfahrens[65]. Bei rechtswidriger Versagung eines Standplatzes ist es der Behörde und dem Gericht aber versagt, den Zulassungsanspruch unter Hinweis auf die Erschöpfung der Platzkapazität zu verwehren; es ist Sache der Marktanbieter, „durch die Regelung entsprechender Widerrufsvorbehalte oder die Vereinbarung entsprechender Kündigungsklauseln für diese Fälle vorzusorgen“[66]. Bei kommunalen Einrichtungen im Internet ist zudem sorgfältig zu prüfen, ob überhaupt eine Kapazitätsauslastung geltend gemacht werden kann[67].
Eine Vergabepraxis, die – bei grundsätzlicher Anwendung des Prioritätsprinzips im Übrigen – den eigenen städtischen Nutzungsinteressen generell gegenüber denen Dritter den Vorrang zubilligt, indem sie noch nachträgliche Eigenreservierungen erlaubt, lässt den Grundsatz gleicher Zugangsberechtigung zu einer öffentlichen Einrichtung außer Acht[68]. Bei rechtswidriger Vergabepraxis drohen ggf Amtshaftungsansprüche.
In Fällen der Kapazitätserschöpfung ist ein nicht berücksichtigter Bewerber, der im Rahmen einer „Konkurrentenverdrängungsklage“ den einem Mitbewerber zugesprochenen Standplatz erstreiten will nach der Rechtsprechung gehalten, neben dem Verpflichtungsantrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine (Dritt-) Anfechtungsklage gegen dessen Zulassung zu erheben und deren vorläufige Suspendierung nach § 80 Abs. 5 VwGO zu beantragen, weil sein Begehren sonst mangels verfügbarer Kapazität regelmäßig keinen Erfolg haben kann.[69]
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Des Weiteren ist die Einhaltung des Widmungszwecks (o. Rn 238) zu gewährleisten; der Gemeinde ist es dabei aber versagt, den grundsätzlichen Zugangsanspruch durch übermäßige Einschränkungen zu behindern.
Sind bei einer Benutzung der kommunalen Einrichtung auf Grund konkreter Anhaltspunkte Schäden zu erwarten, so darf die Zulassung grundsätzlich davon abhängig gemacht werden, dass der betreffende Veranstalter die Haftung in angemessener Höhe durch Kaution absichert bzw einen Versicherungsnachweis erbringt[70].
Andererseits kann die Gemeinde angesichts ihrer Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht verpflichtet werden, sehenden Auges die Begehung von oder Beihilfe zu Straftaten bzw die Aufforderung zu solchen während der Nutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen zu dulden[71].
Beispiele:
Einüben des sog. „Schotterns“ bei einer Anti-Atomkraft-Veranstaltung; Aufforderung auf einer Parteiveranstaltung, illegale Downloads auf bestimmten Internetseiten vorzunehmen.
Die bloße Behauptung, eine Partei sei verfassungswidrig, genügt indessen nicht, um ihr den Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung zu verwehren[72]. Solange das BVerfG eine Partei nicht für verfassungswidrig erklärt hat, lässt sich ihr Ausschluss vom Zulassungsanspruch auch nicht unter Verweis auf Art. 21 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 GG rechtfertigen, weil danach nur der Ausschluss „von staatlicher Finanzierung“ erfasst ist.[73]
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Die Gemeinde ist verpflichtet, über einen geltend gemachten Zulassungsanspruch selbst zu entscheiden; sie darf diese Entscheidung schon aus rechtsstaatlichen Erwägungen und Gründen der persönlichen demokratischen Legitimation (dazu bereits oben Rn 81) nicht einem privaten Dritten überlassen[74].
Negativ Beispiel:
Zulassung von Schaustellern zu einem kommunalen Volksfest durch den örtlichen Schaustellerverband[75].
Teil I Kommunalrecht › § 7 Kommunale öffentliche Einrichtungen und ihre Benutzung › VI. Öffentliche Einrichtungen in privatrechtlicher Form
VI. Öffentliche Einrichtungen in privatrechtlicher Form
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Die Gemeinde kann sich dem Benutzungsanspruch der Einwohner nicht dadurch entziehen, dass sie die öffentliche Einrichtung in privatrechtlicher Form betreibt[76]. In solchen Fällen bleibt der kommunalrechtlich fundierte Anspruch gegen die Gemeinde gerichtet und ist hier dann darauf bezogen, dass diese dem Einwohner durch entsprechende Einwirkung auf die von ihr dirigierte Gesellschaft (vgl Art. 93 bay.GO, § 71 m.v.KVerf., § 138 NKomVG, § 113 GO NRW) die erstrebte Zugangsmöglichkeit verschafft („Ingerenzpflicht“)[77]. Richtige Klageart ist dann die allgemeine Leistungsklage.
Das gilt auch, wenn die Gemeinde die Einrichtung nicht durch eine Eigengesellschaft (o. Rn 247) betreibt, sondern damit ein Unternehmen der Privatwirtschaft konzessioniert hat. Auch dann hat sie den Anspruch auf Benutzung der Einrichtung zu angemessenen Bedingungen durch Einwirkung auf diesen Privaten mit geeigneten Mitteln sicherzustellen[78]. Einer gesetzlich angeordneten Kostenbefreiung hat sie auch in dieser Ausgestaltung nachzukommen[79].
Gerade bei einer solchen organisatorischen Gestaltung tritt die in der Separierung von (a) Zulassung zur Benutzung („Ob“) und (b) Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses („Wie“) angelegte Abstufung, für deren rechtsdogmatische Bewältigung die Zwei-Stufen-Theorie entwickelt wurde, plastisch hervor[80].
Bei Streitigkeiten, die lediglich das – zivilrechtlich ausgestaltete – Benutzungsverhältnis einer kommunalen Einrichtung zum Gegenstand haben, ist der Verwaltungsrechtsweg daher nicht eröffnet[81]. Er ist grundsätzlich auch nicht eröffnet, wenn jemand auf Zutritt gegen die mit dem Betrieb der kommunalen Einrichtung beauftragte juristische Person des Privatrechts klagt[82].
Im Übrigen aber ist auf zivilrechtlicher Grundlage, etwa über § 826 BGB (Kontrahierungszwang), ggf die Durchsetzung eines Benutzungsanspruchs unmittelbar gegen das Betreiberunternehmen erreichbar[83].
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Lösungshinweis zu Fall 7 (Rn 235):
Im Ausgangsfall wäre die – als zulässig erkannte – Klage des Kreisverbandes auch begründet. Zwar können sich, da ein Benutzungsanspruch aus § 8 II, IV GO NRW[84] nur im Rahmen der Widmung besteht, Schranken für die Art, die Zahl und die Größe von Veranstaltungen auf dem Gelände in Ermangelung satzungsmäßiger Festlegungen nur in Orientierung an der bisherigen Überlassungspraxis bestimmen lassen; angesichts der technischen Ausstattung der Wiesen ergibt sich jedoch von der Größenordnung her kein Einwand. Eine spezielle Beschränkung für Veranstaltungen politischer Parteien ist nicht ersichtlich und wäre mit Blick auf den § 5 ParteiG auch bedenklich. Eine anderweitige Belegung zum beantragten Zeitpunkt liegt nicht vor. Einem Veranstalter, der seinen Sitz in der betreffenden Stadt hat, kann in Ansehung des Wortlauts des gemeinderechtlichen Zugangsanspruchs auch nicht entgegengehalten werden, bei den Veranstaltungsbesuchern handele es sich überwiegend um Ortsfremde[85].
Wiederholungs- und Verständnisfragen
1. | Was versteht man unter einer öffentlichen Einrichtung? Rn 237 |
2. |
In welchen Rechtsformen können öffentliche Einrichtungen betrieben werden? Rn 244 |