Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
der Einwohner
1. Gemeindeeinwohner
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Alle Einwohner einer Gemeinde sind gemäß entsprechender Anspruchsnormen der Gemeindeordnungen[41] im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, allerdings auch zugleich verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen.
2. Einwohner von Nachbargemeinden
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Ungeachtet der im Rahmen der Landesplanung vielfach vorgegebenen Stufenfolge zentralörtlicher Gliederung[42], durch die bestimmte Versorgungsleistungen – auch und gerade im kulturellen Bereich – auf zentrale Orte konzentriert werden, steht den Einwohnern von Nachbargemeinden ein Benutzungsanspruch de lege lata nicht zu[43].
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Den Städten ist es aber grundsätzlich versagt, bei Benutzungsgebühren (siehe dazu auch oben § 6 IV) zwischen Einwohnern und Fremden zu differenzieren (kein „Auswärtigenzuschlag“)[44].
Dagegen blieb ein „Einheimischenabschlag“ bei der gemeindlichen Gebührenerhebung unter Berufung auf Art. 28 II GG letztlich dann unbeanstandet, wenn auf solche Weise lediglich eine indirekte Subventionierung von Leistungen gegenüber den eigenen Einwohnern aus Mitteln des Gemeindehaushalts, nicht aber im Wege der Umverteilung zulasten der auswärtigen Benutzer erfolgte und die von Auswärtigen erhobene (im Vergleich höhere) Gebühr als solche keine rechtlichen Angriffspunkte enthielt[45]. Wenn eine Gemeinde durch eine Privilegierung (Preisnachlass) Einheimischer das Ziel verfolgt, „[…] knappe Ressourcen auf den eigenen Aufgabenbereich (Art 28 II 1 GG) zu beschränken, Gemeindeangehörigen einen Ausgleich für besondere Belastungen zu gewähren oder Auswärtige für einen erhöhten Aufwand in Anspruch zu nehmen, oder sollen die kulturellen und sozialen Belange der örtlichen Gemeinschaft dadurch gefördert und der kommunale Zusammenhalt dadurch gestärkt werden, dass Einheimischen besondere Vorteile gewährt werden, kann dies mit Art. 3 I GG vereinbar sein.“[46] Demgegenüber hat der EuGH in den von lokalen Einrichtungen gewährten Tarifvorteilen für den Zugang zu öffentlichen Museen, antiken Ausgrabungsstätten sowie Parkanlagen und Gärten mit Denkmalcharakter einen Verstoß gegen Art. 18 und 56 AEUV zulasten von Gebietsfremden oder ausländischen Touristen gesehen[47].
3. Auswärtige Grundbesitzer und Gewerbetreibende
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Soweit es um solche öffentlichen Einrichtungen geht, die in der Gemeinde für Grundbesitzer und Gewerbetreibende bestehen, sind auswärtige Grundbesitzer und Gewerbetreibende in gleicher Weise berechtigt, diese öffentlichen Einrichtungen zu benutzen (so Art. 21 III bay.GO; § 14 III m.v.KVerf.; § 30 II NKomVG; § 8 III GO NRW). Art. 21 III bay.GO präzisiert diese Aussage dahingehend, dass ein solcher Anspruch auswärts wohnenden Personen (sog. Forensen) nur für ihren Grundbesitz oder ihre gewerblichen Niederlassungen im Gemeindegebiet zusteht, dh aber: im Übrigen nicht. Diese Einsicht gilt auch für das Gemeinderecht der anderen Länder[48]. Insofern wird dann relevant, ob es sich um eine gewerberechtlich (gemäß § 69 GewO) festgesetzte Veranstaltung handelt, da in diesem Falle die vom Adressatenkreis her weitergefasste Anspruchsnorm des § 70 I GewO („jedermann“) greift[49].
Beispiel:
Zulassung von Schaustellern zur Gemeindekirmes[50].
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Die Nutzung öffentlicher Einrichtungen ist dabei nur ein Beispiel für die allgemeine Problemstellung der Legitimität einer Privilegierung Einheimischer durch Kommunen. Hinzu kommen Themen wie verbilligte Grundstücksabgabe (Rn 205), Vergabe öffentlicher Aufträge (vgl Rn 334), Gebührenrecht (s.o. Rn 333) u.ä.[51].
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Bei der Vergabe der Nutzung einer öffentlichen Einrichtung wie etwa einer Stadthalle an kommerzielle Veranstalter hat die Gemeinde im Übrigen den Grundsatz der Wettbewerbsneutralität zu wahren.
Hiermit lässt sich eine sog. Schutzfrist, welche die Attraktivität einer Veranstaltung durch ein befristetes Verbot gleichartiger Nutzungen der Einrichtung erhöhen soll, nur dann vereinbaren, wenn die zu schützende Veranstaltung dem öffentlichen Interesse dient und durch eine konkurrierende Nutzung der betreffenden Einrichtung in ihrem Bestand gefährdet wird[52].
Werden einzelne Bewerber von der Gemeinde rechtswidrig ausgeschlossen, können Schadensersatzansprüche nach Amtshaftungsgrundsätzen entstehen[53].
4. Juristische Personen, Personenvereinigungen, Parteien
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Alle vorgenannten Bestimmungen gelten entsprechend für juristische Personen und für Personenvereinigungen (vgl Art. 21 IV bay.GO, § 14 III m.v.KVerf., § 30 III NKomVG, § 8 IV GO NRW)[54]. Insofern ist entscheidend, dass die Personenvereinigung ihren Sitz in der Gemeinde hat.
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Soweit eine ständige gemeindliche Vergabepraxis, ungeachtet vorgenannter spezieller Ansprüche, ortsfremden Nutzungsinteressenten gleiche Zugangsmöglichkeiten einräumt, können diese als Antragsteller immerhin, gestützt hierauf iVm Art. 3 GG, einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung geltend machen[55].
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Für politische Parteien normiert § 5 ParteiG ein spezielles Gleichbehandlungsgebot, das bei entsprechender Widmung auch kommunale Einrichtungen und in gleicher Weise kommunale Leistungen einbezieht und sich ggf zu einem Zulassungsanspruch verdichten kann[56]. Eine politische Partei hat aber dann keinen Anspruch auf Überlassung einer kommunalen Einrichtung, wenn die durch Tatsachen begründete dringende Gefahr besteht, dass Parteiorgane im Rahmen dieser Veranstaltung zur Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten aufrufen werden[57].
Teil I Kommunalrecht › § 7 Kommunale öffentliche Einrichtungen und ihre Benutzung › V. Inhalt und Grenzen des Zulassungsanspruchs
V. Inhalt und Grenzen des Zulassungsanspruchs
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Durch diese gesetzliche Gewährleistung wird den Einwohnern im Rahmen einschlägiger gesetzlicher Einschränkungen[58] und der Widmung ein Anspruch auf Zulassung zur Benutzung zuerkannt[59]. Im Unterschied dazu ist bei öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch wie Straßen, welche keine öffentlichen Einrichtungen darstellen (s. o. Rn 239), der Anspruch inhaltlich bereits unmittelbar auf Benutzung gerichtet[60]. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass der Zulassungsanspruch, der dem Grunde nach ja allen Einwohnern zusteht, eine Grenze im Falle beschränkter Kapazitäten findet. Die einschlägigen Vorschriften gewähren keinen Verschaffungs- sondern nur einen Teilhabeanspruch im Rahmen der vorhandenen Kapazität, dem unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes Rechnung zu tragen ist. Der Anspruch der Bewerber reduziert sich bei beschränkter Kapazität also auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung.[61]
Hierauf ist etwa bei der Vergabe von Nutzungsrechten an konkurrierende Sportvereine bei kommunalen