Besonderes Verwaltungsrecht. Mathias Schubert
An Rechtsformen für vorbezeichnete öffentliche Einrichtungen steht den Kommunen nach gängiger Rechtsauffassung eine breite Palette zur Verfügung, auf die sie im Wege pflichtgemäßer Ermessensausübung zugreifen können[29].
1. Rechtsfähige juristische Personen des öffentlichen Rechts
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Sofern dies gesetzlich zugelassen ist[30], kann die Gemeinde eine rechtsfähige juristische Person des öffentlichen Rechts ins Leben rufen.
Beispiel:
Sparkasse (siehe unten § 9 V) als rechtsfähige öff.-rechtliche Anstalt.
Etwa seit Mitte der neunziger Jahre ist sukzessive in fast allen Gemeindeordnungen den Kommunen die Möglichkeit eröffnet worden, auf die Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts zuzugreifen, in Bayern in Gestalt des „Kommunalunternehmens“, das aber sowohl für wirtschaftliche wie für nichtwirtschaftliche Aktivitäten nutzbar ist (vgl Art. 89 bay.GO)[31]. Auch in den anderen Ländern (zB § 141 NKomVG, § 114a GO NRW) ist die Anstalt sowohl für Unternehmen wie auch für Einrichtungen (zur Terminologie siehe Rn 298) einsetzbar. Siehe auch u. Rn 308.
2. Nichtrechtsfähige Anstalten, Eigenbetriebe
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Eine Gemeinde kann sich, wie dies häufig geschieht, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben aber auch einer nichtrechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts (zB Volkshochschule, Bibliothek) oder auch eines Eigenbetriebes[32] (u. Rn 307) bedienen.
3. Eigengesellschaft
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Entsprechend dem Trend zur Privatisierung (siehe u. Rn 328) kann eine Gemeinde sich aber auch an einer privatrechtlichen Gesellschaft, etwa in Gestalt einer AG oder GmbH, beteiligen oder eine solche gründen, sei es zusammen mit Privaten (gemischt-wirtschaftliche Gesellschaft) oder mit anderen öff. Aufgabenträgern (gemischt-öffentliche Gesellschaft), sei es, dass letztlich alle Anteile vollständig in ihrer Hand verbleiben (sog. Eigengesellschaft, u. Rn 310).
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Schließlich besitzen öffentliche Aufgabenträger soweit dies gesetzlich nicht blockiert ist, die Möglichkeit, privatrechtliche Rechtsformen für ihre Leistungserbringung zu nutzen[33]. Die Gründung einer solchen Gesellschaft oder die Beteiligung hieran ist aber durchweg nur dann zulässig, wenn, neben weiteren spezifischeren Voraussetzungen, ein (dringender) öffentlicher Zweck der Gemeinde an der Gründung oder Beteiligung vorliegt (vgl Art. 92 bay.GO; § 69 I m.v.KVerf.; § 137 I NKomVG; § 108 I GO NRW), eine normative Anforderung, die weithin originäre kommunale Einschätzungen erfordert. Vereinzelt finden sich jedoch noch Regelungen, die – ähnlich dem bis 1995 im bayerischen Gemeinderecht verankerten Eigenbetriebsvorrang (Art. 91 I Nr 2 bay.GO aF) – eine Wahl privatrechtlicher Rechtsformen nur zulassen, soweit der öffentliche Zweck nicht wirtschaftlicher durch einen Eigenbetrieb erfüllt wird oder erfüllt werden kann (vgl § 69 I Nr 1 iVm § 68 II m.v.KVerf., ähnl. § 73 I Nr 1 iVm § 71 II thür.KO).
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Da die mit der Leistungserbringung betraute privatrechtliche Gesellschaft kommunale Aufgaben wahrnimmt, ist sie als kommunale Einrichtung zu betrachten[34]. Ganz in diesem Sinne ist dann auch konsequenterweise der Geschäftsführer einer sich im städtischen Alleinbesitz befindlichen GmbH, deren wesentliche Geschäftstätigkeit die Versorgung der Einwohner mit Fernwärme umfasst (dazu Rn 271 f), ein Amtsträger iSv § 11 I Nr 2 lit. c. StGB, wenn die Stadt die Geschäftstätigkeit im öffentlichen Interesse steuert[35].
4. Beauftragung privater Dritter
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Die Kommune kann schließlich bei fortbestehender eigener Sachverantwortung Drittunternehmen als kommunale Erfüllungsgehilfen (Verwaltungshelfer) einschalten[36]. Dies bedingt freilich hinreichende Einwirkungsmöglichkeiten (vgl auch Rn 276 zum Anschluss- und Benutzungszwang).
Beispiele:
Abwasserbeseitigung (§ 56 S. 3 WHG); Abfallentsorgung (vgl §§ 20 I, 22 I KrWG); siehe auch BGH, NJW 2014, 3580 – „Winterdienst“.
Zur Auffassung des BVerwG, unter bestimmten Umständen sei eine Privatisierung freiwillig übernommener kommunaler Einrichtungen (Weihnachtsmarkt) unzulässig, siehe bereits Rn 198.
Teil I Kommunalrecht › § 7 Kommunale öffentliche Einrichtungen und ihre Benutzung › III. Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses
III. Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses
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Soweit die betreffende öffentliche Einrichtung eine öffentlich-rechtliche Organisationsform aufweist, stellt sich die Frage, wie das Benutzungsverhältnis ausgestaltet ist, öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich.
Dass – soweit keine Beleihung vorliegt – eine privatrechtlich organisierte öffentliche Einrichtung ihre Rechtsbeziehungen zu den Benutzern nur privatrechtlich regeln kann (Vertragsabschluss unter Zugrundelegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen), versteht sich von selbst.
Beispiel:
Eine als Eigengesellschaft (GmbH) betriebene Stadthalle.
Dem Betreiber einer Einrichtung mit öffentlich-rechtlicher Organisationsform stehen im Sinne eines Wahlrechts beide Möglichkeiten offen; maßgebliche Aussagen sind im Einzelfall der jeweiligen Benutzungsordnung zu entnehmen. Indizien sind die – nur öffentlich-rechtlich mögliche – Erhebung von Gebühren an Stelle eines privatrechtlichen Nutzungsentgelts, der Einsatz staatlicher Zwangsmittel zur Befolgung von Anordnungen u.Ä.
Bestimmte Einrichtungen weisen zudem üblicherweise eine einheitliche Benutzungsordnung auf, so Schulen (öff.r.), Theater (privatr.), Schwimmbäder (privatr.).
Die Vermutung spricht wegen der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben für eine öffentlich-rechtliche Organisationsform und für ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis[37].
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Bei öffentlich-rechtlicher Ausgestaltung ist die Gemeinde als Trägerin der Einrichtung unmittelbar aus einer Vorschrift wie § 4 S. 2 NKomVG, § 8 I GO NRW befugt, Maßnahmen zu ergreifen, die den ordnungsgemäßen Betrieb und den Widmungszweck sicherstellen. Dies kann allgemein durch Satzung[38] oder auch – ohne ausdrückliche Ermächtigung – im Einzelfall durch Verwaltungsakt geschehen.
Beispiele:
Untersagung gewerblicher Benutzung eines Hallenbades[39]; Ausschluss eines Sängers aus dem Chor einer städtischen Musikschule wegen unerträglicher Spannungen[40].