Soldatengesetz. Stefan Sohm
§ 6
(1) Ein Offizier oder Unteroffizier kann sich in und außer Dienst über andere Soldaten, die im Dienstgrad nicht über ihm stehen, zum Vorgesetzten erklären, wenn er dies für notwendig hält, weil
1. | eine Notlage sofortige Hilfe erfordert, |
2. | zur Aufrechterhaltung der Disziplin oder Sicherheit ein sofortiges Eingreifen unerläßlich ist oder |
3. | eine einheitliche Befehlsgebung an Ort und Stelle unabhängig von der gliederungsmäßigen Zusammengehörigkeit der Soldaten zur Behebung einer kritischen Lage hergestellt werden muß. |
(2) Niemand kann sich zum Vorgesetzten von Soldaten erklären, die auf Grund der §§ 1 bis 3 und 5 Befehlsbefugnis über ihn haben.
(3) Mit der Erklärung erhält der Offizier oder Unteroffizier die Befugnis, den Soldaten, an die er die Erklärung gerichtet hat, Befehle zu erteilen, die nach der Lage erforderlich sind. In eine fachliche Tätigkeit soll nur ein facherfahrener Offizier oder Unteroffizier eingreifen.
V. Inkrafttreten
§ 7
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Kommentierung
VIII.Wechselseitige Vorgesetztenverhältnisse56
Literatur:
Vgl. die Literaturhinweise bei § 1, § 10 und § 11.
I. Allgemeines
1
Mit der ursprünglich aufgrund des § 1 Abs. 4 a.F. i.V.m. § 72 Abs. 2 a.F. erlassenen „Verordnung zur Regelung des militärischen Vorgesetztenverhältnisses“ vom 4.6.1956[1] hat das BMVg von der Ermächtigung Gebrauch gemacht, mil. Vorgesetztenverhältnisse durch RVO zu regeln. Die RVO ist geändert worden durch die
– | VO zur Änd. der VO zur Regelung des mil. Vorgesetztenverhältnisses vom 31.1.1959,[2] durch die § 4 Abs. 1 neu gefasst wurde, |
– | Zweite VO zur Änd. der VO zur Regelung des mil. Vorgesetztenverhältnisses vom 6.8.1960[3], durch die § 1 Abs. 1 neu gefasst und dem § 4 ein Abs. 3 angefügt wurden, sowie |
– | Dritte VO zur Änd. der VO zur Regelung des mil. Vorgesetztenverhältnisses vom 7.10.1981[4], durch welche die Überschrift den Zusatz „(Vorgesetztenverordnung – VorgV)“ erhalten hat und § 4 Abs. 1 Satz 2 neu gefasst wurde. |
Der systematischen Unterscheidung des Gesetzgebers in § 1 SG folgend, regelt die RVO mil. Vorgesetztenverhältnisse aufgrund der Dienststellung (Abschnitt I), des Dienstgrades (Abschnitt II), besonderer Anordnung (Abschnitt III) oder eigener Erklärung (Abschnitt IV).
II. § 1 VorgV
2
Das Vorgesetztenverhältnis eines Soldaten nach Abs. 1 ist umfassend, denn die VorgV nimmt keine örtliche, zeitliche oder sachliche Beschränkung vor. Unmittelbare Vorg. können im Rahmen des gesetzl. Zulässigen unbeschränkt das Führungsmittel des mil. Befehls einsetzen (allg. Befehlsbefugnis).
3
Mit dem Begriff des unmittelbaren Vorg. korrespondiert regelmäßig die truppendienstl. Unterstellung (ZentralRL A2-500/0-0-1 Nr. 301). Letztere ist das typische Unterstellungsverhältnis in den SK. Sie umfasst alle Aufgaben eines Vorg., deren Erledigung der Herstellung und Erhaltung der Einsatzbereitschaft des ihm anvertrauten Personals und Materials dient. Hierzu gehören die persönlichen, insbes. die disziplinaren Angelegenheiten, die Ausbildung, die Versorgung sowie fachl. Angelegenheiten der Dienststelle. Obwohl grds. umfassend ausgelegt, kann die truppendienstl. Unterstellung von spezielleren Unterstellungsformen überlagert werden, z.B. von der auf § 2 VorgV beruhenden fachdienstl. Unterstellung, von auf § 3 VorgV beruhenden Unterstellungen im besonderen Aufgabenbereich sowie von besonderen Weisungsbefugnissen einschließlich der Unterstellung für den Einsatz (ZentralRL A2-500/0-0-1 Nr. 302). Soweit Soldaten außerhalb der SK eingesetzt und aus deren unmittelbaren Befehlsstrang herausgelöst sind, scheidet eine unmittelbare Unterstellung nach § 1 VorgV aus. Eine truppendienstl. Unterstellung kann dann – insbes. im Hinblick auf die Disziplinarbefugnis und eine unterbrechungsfreie Kette der DiszVorg. bis zum BMVg – auch über Vorgesetztenverhältnisse nach § 3 VorgV geschaffen werden, ohne jedoch deshalb den Umfang der Befehlsbefugnis zu erweitern.[5]
4
Wer unmittelbarer und insoweit truppendienstl. Vorg. ist, ergibt sich aus dem organisatorischen