Soldatengesetz. Stefan Sohm
zu verweisen.
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Dienstvorschriften zum Gnadenrecht gem. § 5 sind derzeit nicht erlassen.[13]
a) Verfassungsrechtl. Grundlage des Gnadenrechts in Art. 60 Abs. 2 GG
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Konstitutive rechtl. Grundlage für ein umfassendes Gnadenrecht des BPräs gegenüber Soldaten und früh. Soldaten, auch soweit sich Strafurt. auf deren Rechtsstellung auswirken, ist Art. 60 Abs. 2 GG. Der BPräs hat hins. des Gnadenrechts die grds. Trennung von Bundes- und Landeshoheit zu beachten. Er übt dieses Recht nur „für den Bund“ aus.
Art. 60 Abs. 2 GG wird durch § 5 Abs. 1 in einem Teilbereich konkretisiert. Diese Vorschrift enthält einen Zuständigkeitshinweis hins. des Gnadenrechts bei Verlust von Soldatenrechten und Rechten aus einem früh. Soldatenverhältnis.[14] Eine weitere gesetzl. Konkretisierung des Art. 60 Abs. 2 GG findet sich in § 19 WDO (Begnadigung wegen nach der WDO verhängter Disziplinarmaßnahmen).[15]
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Die rechtl. Vorgaben und Grenzen des Art. 60 Abs. 2 GG sind auch im Rahmen des Abs. 1 zu beachten.
Demnach übt der BPräs das Begnadigungsrecht im Einzelfall für den Bund aus.
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Wie bereits angesprochen (vgl. o. Rn. 1), besteht das Begnadigungsrecht in der Befugnis, im Einzelfall eine rechtskräftig erkannte Sanktion ganz oder teilweise zu erlassen, sie umzuwandeln oder ihre Vollstreckung auszusetzen. Dem BPräs als dem Träger des Begnadigungsrechts ist daher im Rahmen eines weiten Gestaltungsspielraums (er kann dem Gnadenersuchen in einem von ihm zu bestimmenden Umfang entsprechen) die Möglichkeit eröffnet, aufgrund einer Ermessensentscheidung[16], die gem. Art. 58 Satz 1 GG gegenzeichnungsbedürftig ist,[17] eine im Rechtsweg zustande gekommene und im Rechtsweg nicht mehr zu ändernde Entscheidung auf einem „anderen“, „besonderen“ Weg zu korrigieren.[18] Er kann so ggf. Härten des Gesetzes, Irrtümer der Entscheidungsfindung oder Unbilligkeiten bei nachträglich veränderten allg. persönlichen Verhältnissen ausgleichen.[19] Eine Begnadigung ist erst nach Rechtskraft einer Entscheidung möglich. Der BPräs darf nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen und nicht bereits vor einer rechtskräftigen Entscheidung tätig werden. Ihm ist es nicht möglich, ein noch nicht abgeschlossenes Strafverfahren im Gnadenwege einzustellen;[20] hierzu ist vielmehr ein Gesetz zu erlassen (s.u. Rn. 10).
Aus dem Charakter des Gnadenaktes als ein dem Grds. der Gewaltenteilung fremder Eingriff der Exekutive in die rechtsprechende Gewalt (eine „Gestaltungsmacht besonderer Art“[21]) folgern Teile der Rspr.[22] und ihr zust. ein Teil der Lit.[23], dass die Ablehnung eines Gnadengesuchs gerichtl. nicht nachprüfbar ist.[24] Die Gewährung oder Nichtgewährung eines Gnadenerweises bedarf auch keiner Begründung.[25] Einer gerichtl. Kontrolle nach Art. 19 Abs. 4 GG[26] unterliegen erst der Widerruf und die Rücknahme eines gewährten Gnadenerweises.[27]
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Der BPräs kann das Gnadenrecht nur in konkreten Einzelfällen ausüben. Eine diesem Gnadenakt vergleichbare, weil ebenfalls auf rechtskräftig verhängte, noch nicht oder noch nicht ganz vollstreckte Strafen bezogene, allg., einen unbest., abstrakt umschriebenen Personenkreis betreffende Begünstigung bleibt dem Gesetzgeber in Form eines Amnestiegesetzes[28] vorbehalten.
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Das Gnadenrecht kann der BPräs gem. Art. 60 Abs. 2 GG nur für den Bund ausüben. Begnadigungen in Bezug auf Strafurt. der Gerichte der Länder, soweit es um die Beseitigung der strafrechtl. Urteilsfolgen (der Hauptstrafen Geld-, Vermögens- und Freiheitsstrafe, §§ 38 ff. StGB, der Nebenstrafen, z.B. Fahrverbot, § 44 StGB, und der strafrechtl. Nebenfolgen, etwa des Verlustes des aktiven und passiven Wahlrechts, § 45 StGB) geht, sind unzulässig,[29] wenn in Ausübung der Gerichtsbarkeit der Länder entschieden worden ist. Für solche Strafverfahren ist das Gnadenrecht des jew. Landes maßgeblich. Eine Ausnahme bilden die in Art. 96 Abs. 5 GG genannten Strafverfahren, in denen Gerichte der Länder (OLG) in Organleihe für den Bund tätig werden. Auch wenn der BPräs in diesen seltenen Fällen einer Bundeszuständigkeit für Strafurt. das Gnadenrecht hins. der Beseitigung strafrechtl. Urteilsfolgen ausübt,[30] ist § 5 Abs. 1 nicht anwendbar, da die Vorschrift nicht die Beseitigung strafrechtl. Urteilsfolgen zulässt. Die Ausübung dieses Gnadenrechts beruht vielmehr direkt auf Art. 60 Abs. 2 GG. Ansonsten kann der BPräs nur bei Strafen begnadigen, die ein Bundesgericht bereits in erster Instanz ausgesprochen hat.[31] Art. 60 Abs. 2 GG erfasst somit keine Strafurt. des BGH in Revisionssachen.[32]
b) Gnadenrecht nach Absatz 1 Satz 1
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Das Begnadigungsrecht nach Abs. 1 ist in seinem Zusammenspiel mit Art. 60 Abs. 2 GG zu sehen. Auch soweit ein Gnadenerweis des BPräs hins. der aus einer strafgerichtl. Verurteilung erwachsenden strafrechtl. Urteilsfolgen (zu Einzelheiten vgl. Rn. 11) nach Art. 60 Abs. 2 GG („für den Bund“) zulässig wäre, also insbes. in einem Strafverfahren nach Art. 96 Abs. 5 GG, kann Abs. 1 nicht angewendet werden. Der Gnadenerweis des BPräs nach Abs. 1 beschränkt sich auf die Beseitigung der aufgrund soldatenrechtl. (also bundesrechtl.) Vorschriften als Folge rechtskräftiger strafrechtl. Verurteilungen eingetretenen Rechtsverluste.
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Die hins. dieser Verluste ausgesprochene Begnadigung durch den BPräs lässt also die strafgerichtl. Verurteilung unangetastet. Andererseits lässt eine Begnadigung wegen strafrechtl. Urteilsfolgen (durch Gnadenträger der Länder oder – falls der BPräs ausnahmsweise zuständig ist – durch diesen) den Verlust soldatenrechtl. Rechte unberührt. Es handelt sich hier um zwei getrennte Rechtskreise.
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Ausnahmsweise ist ein Junktim zwischen der Begnadigung durch den Gnadenträger eines Landes oder den BPräs (im Falle der Bundeszuständigkeit) hins. einer strafgerichtl. Verurteilung und der Begnadigung durch den BPräs hins. der Beseitigung der aufgrund soldatenrechtl. Vorschriften als Folge rechtskräftiger strafrechtl. Verurteilungen eingetretenen Rechtsverluste – entspr. der Rechtslage im Beamtenbereich[33] – dann anzunehmen, wenn ein Soldat als strafrechtl. Nebenfolge einer Verurteilung nach §§ 45 bis 45b StGB vorübergehend die Fähigkeit verliert, öff. Ämter zu bekleiden. Solange diese strafrechtl. Nebenfolge wirkt, kann der hierdurch kraft Gesetzes eingetretene Verlust der Rechtsstellung eines BS oder SaZ (vgl. für BS § 48 Satz 1 i.V.m. § 38 Abs. 1, für SaZ