BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil. Harm Peter Westermann
voraus. Die Norm kann eingreifen, wenn C im Einzelfall A zum Vertragsbruch überredete und ihn von allen Ansprüchen der B freistellte, nur um diese zu schädigen.[131] Davon ist hier nicht auszugehen, weshalb sich B mit Schadens- bzw Aufwendungsersatz begnügen muss.
2. Ausnahmen
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Wie jedes schuldrechtliche Prinzip setzt sich die Relativität der Schuldverhältnisse nicht immer anderen Prinzipien oder Gerechtigkeitsgedanken gegenüber durch. Man kann insoweit auch von Durchbrechungen der Relativität der Schuldverhältnisse sprechen. Dabei geht es um Situationen, in denen Dritte aus spezifischen Gründen von den Rechten und Pflichten aus einem Schuldverhältnis berührt werden – sie also ein fremdes Schuldverhältnis ausnahmsweise doch einmal etwas angeht.
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So geht einen Dritten der Vertrag zwischen zwei anderen Personen dann etwas an, wenn dieser Vertrag gerade zu seinen Gunsten abgeschlossen wurde: Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine Familienmutter einen Lebensversicherungsvertrag zugunsten ihrer Tochter abschließt. Solche Verträge sind als Verträge zugunsten Dritter in den §§ 328 ff geregelt.[132] Eine weitere Durchbrechung haben wir beim Vertrauensschutzprinzip schon kennengelernt:[133] Gem. § 311 Abs. 3 kann ein Schuldverhältnis auch Dritten gegenüber begründet werden – etwa dann, wenn der Dritte gegenüber den eigentlichen Vertragsparteien in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat. Den Dritten treffen dann Pflichten aus einem für ihn an sich fremden Schuldverhältnis. Die Voraussetzungen dieser Norm sind allerdings eng; dahinter steht gerade das Prinzip der Relativität der Schuldverhältnisse, das Durchbrechungen nur in Ausnahmefällen zulässt.
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Dritte können, wie wir soeben gesehen haben, Pflichten aus einem fremden Schuldverhältnis treffen. Sie können aber auch aus einem fremden Schuldverhältnis berechtigt sein, wie § 328 zeigt. Ein weiterer Fall, in dem Dritten Ansprüche aus einem fremden Schuldverhältnis zugesprochen werden, ist der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.[134] Das Institut gibt Dritten Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Schutzpflichten aus einem Schuldverhältnis, dem die Dritten gar nicht angehören. Sein Zweck liegt vor allem darin, Schwächen des deutschen Deliktsrechts auszugleichen, indem ansonsten weitestgehend schutzlosen Dritten zumindest Schadensersatzansprüche zuerkannt werden. Eng verwandt mit dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist das Institut der Drittschadensliquidation[135]: Streng genommen begründet es keine Durchbrechung der Relativität der Schuldverhältnisse – denn die Ansprüche verbleiben in den jeweiligen Vertragsbeziehungen. Mit Blick auf seine Ordnungsaufgabe gehört es aber doch hierher. Wenn in einem Schuldverhältnis die Pflichtverletzung des Schuldners zu einem Schaden führt, der – aus zufälligen Gründen – nicht den Gläubiger, sondern einen Dritten trifft, kann der Gläubiger in bestimmten Fällen den Schaden des Dritten geltend machen. Der Dritte profitiert davon im Ergebnis, regelmäßig durch Abtretung des Schadensersatzanspruchs.
Anmerkungen
Radbruch, Rechtsphilosophie. Studienausgabe (1999), S. 34.
Dazu näher Arnold, Vertrag und Verteilung (2014), S. 15 ff.
Arnold, Bürgerliches Recht und Rechtsphilosophie – Gegenseitige Anerkennung und Gerechtigkeit als Schlüssel zur Rationalität des Rechts, in: Klippel/Loehnig/Walter, Grundlagen und Grundfragen des Bürgerlichen Rechts (2016), S. 5.
Dazu schon oben Rn 4.
Arnold, Vertrag und Verteilung (2014), S. 254.
Etwa Staudinger/Honsell, Eckpfeiler des Zivilrechts (2018), Einleitung zum BGB Rn 47; Oechsler, Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag (1997), S. 57 ff; Wendehorst, Anspruch und Ausgleich (1999), S. 14 ff; Radbruch, Rechtsphilosophie. Studienausgabe (1999), S. 120.
Arnold, Vertrag und Verteilung (2014), passim.
Ausführlich Arnold, Vertrag und Verteilung (2014), S. 153 ff.
Näher dazu Rn 760 und 776 f.
Ausführlich dazu Arnold, Vertrag und Verteilung (2014), S. 175 ff.
Beispiele dazu unter Rn 135.
Arnold, Verhaltenssteuerung als rechtsethische Aufgabe auch des Privatrechts?, in: P. Bydlinski, Prävention und Strafsanktion im Privatrecht – Verhaltenssteuerung durch Rechtsnormen (2016), S. 39.
Dazu auch Rn 1090.
Arnold, Vertrag und Verteilung (2014), S. 186 ff.
Näher Arnold, Vertrag und Verteilung (2014), S. 259 ff.
Dazu unten Rn 16 ff.
Diesen Freiheitsaspekt nennt man auch „negative Freiheit“ und verbindet damit Freiheit etwa von staatlicher Beeinflussung oder auch von Zwang oder Drohung (vgl § 123).
Diesen Freiheitsaspekt nennt man auch „positive Freiheit“ und verbindet damit Freiheit etwa zur Verfolgung eigener Ziele oder auch dazu, ein selbstbestimmtes oder gutes oder gehaltvolles Leben zu führen.