BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil. Harm Peter Westermann

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      Für die Bestimmung der maßgeblichen Zeitpunkte kommt es vorrangig auf die Vereinbarung der Parteien an, die es unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls auszulegen gilt. Das ergibt sich für beide Absätze des § 271 aus dem Wortlaut des Gesetzes.

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      In Fall 24 haben G und S eine Leistungszeit vereinbart, nämlich Lieferung in der Nacht von Sonntag auf Montag. Erfüllbarkeit tritt nach der Zweifelsregel des § 271 Abs. 2 aber schon vor diesem Liefertermin ein, so dass S auch schon am Freitag liefern dürfte. G und S könnten insoweit aber konkludent eine abweichende Vereinbarung getroffen haben, wonach die Zweifelsregel des § 271 Abs. 2 nicht gelten soll. Allein aus der Vereinbarung des Liefertermins lässt sich eine solche konkludente Vereinbarung aber nur schwer herleiten. Allerdings könnte sich aus den konkreten Fallumständen ergeben, dass die Zweifelsregel nicht gilt. Gemüse ist eine leicht verderbliche Ware. Für Gemüsehändler ist es wichtig, frische Ware anbieten zu können. Das ist Gemüsegroßhändlern auch bekannt. Just-in-time-Belieferungen sind deshalb im Gemüsehandel verkehrsüblich. Die Lagerprobleme der Großhändlerin sind ihrem Risikobereich zuzuordnen. Daher ergibt sich aus den Umständen, dass die Erfüllbarkeit entgegen § 271 Abs. 2 erst mit dem vereinbarten Liefertermin eintritt. S darf also nicht schon zuvor liefern.

      Hinweis: Man könnte – abweichend vom hier eingeschlagenen Lösungsweg – auf Grundlage der §§ 133, 157 auch eine konkludente Vereinbarung bejahen, derzufolge die Zweifelsregel des § 271 Abs. 2 nicht gelten soll. Dabei wären letztlich dieselben Argumente maßgeblich wie im Lösungsvorschlag oben. Es ist in Prüfungsarbeiten aber regelmäßig klüger, in entsprechenden Fällen eine konkludente Vereinbarung abzulehnen und die entscheidenden Sachargumente bei den „Umständen“ unterzubringen. So kann man der Korrektorin auch zeigen, dass man weiß: In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Umstände des Einzelfalls auch ganz unmittelbar – also ohne die Fiktion einer konkludenten Parteiabrede – zu Abweichungen von den Zweifelsregeln des § 271 führen können.

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      § 271 Abs. 2 regelt Fälligkeit und Erfüllbarkeit für den Fall, dass eine Leistungszeit bestimmt ist. Dann gilt für die Fälligkeit im Zweifel: Der Gläubiger kann die Leistung erst ab dem Zeitpunkt der bestimmten Leistungszeit verlangen. Für die Erfüllbarkeit sieht § 271 Abs. 2 Abweichendes vor. Der Schuldner kann im Zweifel die Leistung auch schon vor der vereinbarten Leistungszeit bewirken. Wer etwa ein zinsloses Darlehen erhalten hat, kann das Darlehen im Zweifel schon vor der bestimmten Leistungszeit zurückzahlen. Wenn der Schuldner einer unverzinslichen Geldforderung dementsprechend vorzeitig zurückzahlt, kann er jedoch gem. § 272 keinen Abzug wegen Zwischenzinsen vornehmen. Mögliche Zinsvorteile des Gläubigers muss der Schuldner in diesem Fall also hinnehmen, da seine Zahlung freiwillig erfolgt.

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