BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil. Harm Peter Westermann
268 setzt voraus, dass die Zwangsvollstreckung in einem dem Schuldner gehörenden Gegenstand betrieben wird. Für dingliche Sicherungsrechte sieht das Gesetz ähnliche Ablösungsrechte vor (für die Hypothek: §§ 1142 f, 1150; für das Pfandrecht §§ 1249, 1273). Deshalb ist § 268 nach hM darauf beschränkt, dass die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung betrieben wird (also gem. §§ 803 ff ZPO).[36] Die Zwangsvollstreckung wird betrieben, wenn ein Vollstreckungsantrag des Gläubigers gestellt wurde; das Ablösungsrecht endet mit Abschluss der Vollstreckung. Dem Dritten muss durch die Vollstreckung der Verlust eines dinglichen Rechts (beispielsweise eines Pfandrechts oder einer Hypothek) an dem Gegenstand oder des Besitzes an dem Gegenstand (§ 268 Abs. 1 S. 2) drohen. Hauptanwendungsfall des § 268 Abs. 1 S. 2 ist der Besitz des Mieters: Stellen Sie sich vor, dass die an Sie vermietete Wohnung zwangsversteigert wird. In diesem Fall hat der Erwerber ein Kündigungsrecht gem. § 57a ZVG – er könnte Sie also „vor die Tür setzen“. Um das zu verhindern, gewährt das Gesetz dem Mieter ein Ablösungsrecht: Sie könnten also die Schulden Ihres Vermieters bezahlen, um den Besitzverlust zu verhindern.
328
Unmittelbare Rechtsfolge des § 268 ist gem. § 268 Abs. 1 S. 1 das Ablösungsrecht des Dritten, das ihm ein Befriedigungsrecht gibt, bei dem der Widerspruch des Schuldners keine Konsequenzen hat. § 267 Abs. 2 ist dadurch ausgeschaltet. Die Rechtsposition des Dritten ist ferner dadurch gestärkt, dass er anders als bei § 267 die Befriedigung auch durch Hinterlegung und Aufrechnung vornehmen kann (§ 268 Abs. 2). Und schließlich kommt es gem. § 268 Abs. 3 zu einem gesetzlichen Forderungsübergang iSd § 412, soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt. Der Forderungsübergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden. Der Gläubiger soll durch die Drittleistung also nicht schlechter stehen. Das hat vor allem Bedeutung bei anteiliger Befriedigung durch den Dritten. So führt der Forderungsübergang bei teilweiser Zahlung auf Hypotheken oder Grundschulden zu einem Nachrangverhältnis des Dritten zugunsten des Gläubigers.[37]
5. Lösung Fall 27
329
B könnte gegen A einen Anspruch auf die Zahlung weiterer Verszugszinsen aus §§ 288 Abs. 1, 286 haben.
I. A war im Schuldnerverzug.
II. Der Schuldnerverzug könnte durch den Annahmeverzugs des B beendet worden sein, weil der Annahmeverzug des Gläubigers den Schuldnerverzug über dieselbe Schuld ausschließt.[38]
1. D hat B die Zahlung tatsächlich iSd § 294 angeboten. Gem. § 267 Abs. 1 kann die Leistung auch durch Dritte erfolgen. Nach § 267 Abs. 1 S. 2 ist dafür keine Einwilligung des Schuldners erforderlich. Eine höchstpersönliche Leistungspflicht besteht nicht. B hat das Zahlungsangebot auch zurückgewiesen.
2. Der Annahmeverzug könnte aber gem. § 267 Abs. 2 ausgeschlossen sein. Gem. § 267 Abs. 1 S. 2 ist zwar eine Einwilligung oder Erlaubnis des Schuldners für die Drittzahlung nicht erforderlich. Wenn der Schuldner aber widerspricht, hat der Gläubiger ein Ablehnungsrecht. A hat der Zahlung des D widersprochen, so dass B gem. § 267 Abs. 2 zur Ablehnung berechtigt war. B war daher nicht im Gläubigerverzug.
3. Der Schuldnerverzug des A ist also nicht durch den Gläubigerverzug ausgeschlossen.
Ergebnis: B hat gegen A weiterhin Anspruch auf Zahlung der Verzugszinsen aus §§ 288, 286 Abs. 1.
Teil II Der Inhalt von Schuldverhältnissen › § 6 Modalitäten der Leistungserbringung › IV. Teilleistungen (§ 266)
IV. Teilleistungen (§ 266)
Fall 29:
A schuldet B die Lieferung von fünf Kaninchen. Diese sollen allesamt aus einem Wurf stammen, welcher in Kürze erfolgen soll.
a) A und B haben bei Abschluss des Vertrags vereinbart, dass A einzelne Kaninchen zurückhalten darf, wenn dessen Tochter bestimmte Kaninchen besonders süß findet. Die Tochter des A findet nach erfolgtem Wurf zwei Kaninchen besonders süß.
b) Aus dem Wurf haben nur drei Kaninchen überlebt.
A bietet nunmehr dem B drei Kaninchen an. B weigert sich, die drei Kaninchen anzunehmen und besteht auf Lieferung von fünf Kaninchen. Es ergebe sich nämlich aus dem BGB, dass er Teilleistungen nicht anzunehmen brauche. Dadurch entstehen dem A in der Folgezeit Fütterungskosten in Höhe von 30 Euro.
A möchte nun von einem befreundeten Jurastudenten wissen, ob er diese Kosten von B ersetzt verlangen kann? Lösung Rn 340
1. Grundlagen
330
Bei teilbaren Leistungen (also etwa der Lieferung von fünf Kaninchen wie in Fall 29) kann der Schuldner daran interessiert sein, die Leistung „in Häppchen“ zu erbringen. Dem Gläubiger wird das dagegen im Regelfall eher lästig sein. Sein Interesse geht vielmehr dahin, die ganze Leistung gleich „am Stück“ zu erhalten und sich nicht auf häppchenweise Lieferung einlassen zu müssen. Diesen Interessenkonflikt entscheidet § 266 grundsätzlich zugunsten des Gläubigers: Der Schuldner ist, so sagt die Norm, zu Teilleistungen nicht berechtigt. Das Gesetz schützt das Gläubigerinteresse, nicht unzumutbar belästigt zu werden und durch Teilleistungen erhöhten Zeitaufwand zu haben.[39]
331
§ 266 schweigt darüber, ob der Gläubiger Teilleistungen verlangen und einklagen kann. Daran kann er interessiert sein, etwa, um Gerichtsgebühren zu sparen. Nach allgemeiner Meinung steht dem Gläubiger dieses Recht zu, freilich nur in den Grenzen von Treu und Glauben, also ohne etwa den Schuldner dadurch zu schikanieren.[40]
2. Teilbarkeit der Leistung
332
§ 266 setzt voraus, dass die Leistung teilbar ist. Das ist der Fall, wenn die Leistung ohne Wertminderung oder Gefahren für den jeweiligen Leistungszweck geteilt werden kann. Maßgeblich sind das jeweilige Rechtsgeschäft und die Verkehrsanschauung. Teilbar sind zB Geldschulden sowie die Verpflichtung zur Lieferung mehrerer Sachen (vgl Fall 29) oder größerer Warenlieferungen (etwa 20 Tonnen Mehl). Nicht teilbar ist etwa die Verschaffung des Eigentums oder eines Rechts.[41] Technische Teilbarkeit ist nicht entscheidend: Auch die Lieferung eines Autos mag teilbar sein, aber wer ein Auto kauft, erwartet zu Recht keinen Bausatz mit Millionen Einzelteilen. Die Leistungspflicht kann auch hinsichtlich mehrerer Komponenten teilbar sein. Insbesondere lässt sich die Pflicht des Verkäufers zur mangelfreien Leistung aus § 433 Abs. 1 S. 2 von der Pflicht zur Übergabe und Übereignung (aus § 433 Abs. 1 S. 1) trennen. Wird die verkaufte Sache mangelhaft übergeben und übereignet, hat der Verkäufer seine Leistungspflicht aus § 433 Abs. 1 (S. 1 und 2) nur teilweise erfüllt: Die Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 1 ist erfüllt, nicht aber die Pflicht aus § 433 Abs. 1 S. 2. In diesen Fällen spricht man – weil es bei Mängeln nicht um die Quantität, sondern um die Qualität einer Sache geht – auch von „qualitativer Teilleistung“.[42]
3. Begriff der Teilleistung
333
Eine Teilleistung ist jede Leistung, die hinter der vollständigen Leistungspflicht des Schuldners zurückbleibt. So liegt es, wenn statt zehn Tonnen Mehl nur