Comanchen Mond Band 2. G. D. Brademann

Comanchen Mond Band 2 - G. D. Brademann


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Dafür erntete er nicht nur von den einfachen Soldaten wütende Blicke, sondern auch vom Captain der Artillerie.

      Bevor er sich weiter den Kopf darüber zerbrechen konnte, kam gegen Mittag dieses Tages einer der Pawnee-Späher zurück. Er habe Spuren gefunden, meldete er – Spuren von einem Comanchenlager am Colorado. Um dort hin zu gelangen, versuchte einer der Scouts, Smith in seinem schlechten Englisch den Weg zu beschreiben. Am Ende zeichnete er mit einem Finger einige wenige Anhaltspunkte auf die Erde. Obwohl die Angaben ziemlich vage waren, genügten sie Smith fürs Erste. Vielleicht wussten die anderen Späher ja mehr. Na also! Hatte er doch den richtigen Riecher gehabt! Fast hätte er sich bereits selber auf die Schultern geklopft. Nach dieser hoffnungsvollen Meldung ritt der Pawnee erst einmal weiter, um sich Proviant zu holen. Smith gab den Befehl zum Halt. Der eine der beiden Trompeter blies die allgemein bekannte Tonfolge. Die lauten, unmelodischen Klänge, obwohl allen vertraut, schreckten viele von ihnen auf. Einige schüttelten die Köpfe. Ein einziger Ruf hätte auch genügt. Der ganze Trupp kam zum Stehen, sie saßen ab und blickten sich um. Sobald sie die Ursache erfuhren, wurde ein Lager aufgeschlagen und gerastet. Smith wollte erst auf neue, genauere Nachrichten der anderen Späher warten.

      Er holte sein Fernrohr heraus und begann, die Landschaft damit abzusuchen. Baumgruppen wuchsen unterhalb felsiger, sich vor ihnen aneinanderreihender Hügelketten. Diese seltsamen Tafelberge, die das Bild der Llanos bestimmten, musste man doch schon sehen können? Aber nein. Enttäuscht schob er das Instrument wieder zusammen. Die niedrig hängende Wolkendecke war lichtdurchflutet und strahlend hell. Die Sonne knallte unbarmherzig auf sie herab. Nach zwei Stunden war noch keiner der anderen Pawnee zurück. Da gab Smith enttäuscht den Befehl, wieder aufzusitzen.

      Nach einer halben Stunde im langsamen Schritt sahen sie von einem Hügel aus weit vor sich endlich das dunkle Band des Colorado River und begrüßten es mit lauten, freudigen Rufen. In eine schnellere Gangart überwechselnd durchquerten sie einige tiefliegende Senken, an deren Rändern blühende Sträucher wuchsen. Wilde Rosen ließen blassrosa Blüten auf sie herabregnen.

      Ihr Ritt führte sie an wie Oasen anmutenden Gruppen wilder Pflaumen-, Nussbäumen sowie andere ihnen unbekannte Gehölze vorbei. In der Ferne wurden jetzt immer deutlicher Felsformationen sichtbar, vor denen sich kleinere Wäldchen hinzogen. Hohes, wogendes Gras, das schon gelb zu werden begann, wurde vom lauen Wind bewegt. Oft reichte es ihren Pferden bis an die Bäuche. Nach einer ganzen Strecke, die nur aus dieser Graslandschaft bestand, ragten dann wieder vor ihnen riesige Felsen auf, die von Eichen und Eschen eingerahmt wurden.

      Nach Smiths Berechnungen entfernten sie sich jedoch wieder vom Colorado. Sie kamen an schlanken Kiefern, Zedern, Fichten, Erlen und Maulbeerbäumen vorbei bis in eine schlammige Senke.

      Dort fanden sie sogar eng beieinanderstehende Weiden in größerer Zahl, deren überhängende Äste bis hinunter in ein trübes Wasser reichten – jedenfalls nicht der Colorado. Gabelböcke sprangen erschrocken flüchtend in Sichtweite vorüber. Das waren die ersten Tiere, die sie seit langem zu sehen bekamen. Irgendwo kläfften Kojoten. Zwischen einem großen, aufgehäuften Steinberg wuselten Murmeltiere umher, und einmal sahen sie sogar eine kleine Antilopenherde am Horizont verschwinden.

      Endlich kehrte einer der ausgesandten Späher zurück und meldete, dass sich weiter nach Osten – der aufgehenden Sonne zu, wie er es ausdrückte, ein Canyon befand, durch den der Colorado River floss. Dort vermutete er ein Indianerlager. Um da hinzugelangen, müssten sie allerdings durch einen dicht zugewachsenen Wald. Man könnte auch über eine langgezogene Hügelkette von Osten her reiten – das wäre dann aber ein großer Umweg. Wir reiten durch den Wald. Das stand für Smith fest, sobald er sich die Meldung angehört hatte. Das Ziel vor Augen, setzten sie ihren Marsch fort. Sie kamen über einen Hügel und auf der anderen Seite zwischen Bäumen hindurch wieder heraus – da tauchte ein kleiner Canyon plötzlich wie aus dem Nichts vor ihnen auf. Es konnte unmöglich schon der von dem Späher angekündigte sein; außerdem gab es hier keinen Fluss. Gegen Abend-–Smith hatte nicht gedacht, dass es noch so lange dauern würde – entdeckten sie ein schmales Rinnsal zwischen verstreut wachsenden Bäumen. Brackiges, flaches Wasser spiegelte unter ihnen das Sonnenlicht. War das der Colorado? Sie ritten hinunter, tränkten ihre Pferde, füllten ihre Wasservorräte auf, so gut es ging, und ritten weiter nach Osten. Dann kamen sie aus einem kleinen Wäldchen heraus, und da lag vor ihnen eine mehrere Meilen breite offene Prärie. Mittlerweile war es fast Nacht. Zwei seiner Pawnee-Späher ritten heran, um Smith lediglich das zu bestätigen, was er schon von ihrem Kameraden gehört hatte. Sie waren also auf dem richtigen Weg. Doch jetzt konnten sie nicht mehr weiter. Sie mussten warten, bis der neue Tag begann. Also schlugen sie ein Nachtlager auf – diesmal jedoch ohne Feuer, ja, sie vermieden sogar jedes Geräusch. Am frühen Morgen des nächsten Tages ritten sie weiter.

      Allmählich wurde das Gelände unzugänglicher. Sie mussten zerklüftete Felsen umrunden und durch Canyons reiten, deren Wände steil vor ihnen aufragten. Schließlich tauchten sie in den von dem Pawnee angekündigten dichten Wald ein, der mit Unterholz zugewachsen war. Anfangs ging es ja noch gut voran, doch dann versperrten ihnen immer öfter Nadelbäume den Weg. Es sah so aus, als käme man da nur schwer hindurch. Besonders die Artillerie mit ihren Wagen und den Geschützen musste sich wieder um Hindernisse herumkämpfen. Oberstleutnant Smith hatte es eilig und wollte auf keinen Fall den anderen Weg über die Hügel im Osten nehmen. Zwar hatte er sie kurz durch sein Fernrohr betrachtet, dann jedoch diese Möglichkeit endgültig verworfen. Die Nachricht von einem Comanchenlager hinter diesem verdammten Wald machte ihn leichtsinnig.

      Der Captain der Artillerie fluchte, als sie ein ums andere Mal umgestürzte Bäume erst zur Seite räumen mussten. Die Hügelkette im Osten wäre besser geeignet gewesen. Wahrscheinlich hätten sie damit sogar Zeit gespart. Doch Smith hatte darauf bestanden, dass sie alle zusammenbleiben sollten.

      Für die Soldaten bisher nicht zu sehen, ragte ein hohes Geröllfeld im Süden auf, an dessen Südwestseite dunkelrote, mit gelbem Quarz durchzogene Felsen in den Himmel ragten. Zwischen diesem Geröllfeld und dem Beginn eines weitläufigen, hoch aufragenden Canyons, durch den der Fluss kam, tat sich ein Felsenbogen auf, unter dem drei, vier Reiter bequem nebeneinander hindurchpassten.

      Die Pawneespäher hatten recht gehabt. Direkt vor ihnen befand sich ein Comanchenlager. Doch ihre Berichte waren nur vage gewesen. Smith war von ihnen lediglich mit Beobachtungen versorgt worden, die eher Mutmaßungen ähnelten. Die alte Furcht dieser Pawnee vor den Comanchen – sie hatten schlechte, sehr schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht – hielt sie davon ab, nahe an das Lager heranzukommen. Ihre Informationen waren deshalb nur äußerst spärlich und mit Vorsicht zu genießen. Smith sah das anders. „Hier sind wir richtig“, rief er seinen Männern zuversichtlich zu. „Wir müssen durch das Dickicht. Dahinter sind der Fluss und das Lager der verdammten Comanchen.“

      Ihre Alarmbereitschaft wuchs mit jedem Schritt, den sie sich weiter durch das dichte Unterholz vorwärtskämpften – jeden Moment damit rechnend, auf den Feind zu stoßen. Plötzlich war der Fluss da. Er schimmerte etwa eine halbe Meile vor ihnen zwischen Bäumen hindurch. Sein Fernrohr zu Hilfe nehmend, erkannte Smith davor das kurze Stück eines breiten Pfades, der sich durch dichtes Unterholz nach Süden wand. Dort schien auch der Kiefernwald zu enden, denn er sah Laubbäume, die weiter auseinander standen. Dass dieser Pfad, von dem er nur eine kurze Strecke sehen konnte, der Hauptweg der Comanchen war, der die gesamte Flussstrecke, an der die Tipis standen, bis zur Ebene vor dem Geröllfeld durchmaß, wusste er nicht. Er wusste so vieles nicht.

      Die Artillerie tat sich weiterhin schwer, mit ihren Geschützen durch das dichte Unterholz zu kommen. Fluchend schoben sie sich an Gestrüpp vorbei, stiegen über vermoderte Bäume, blieben am Ende in dichtem Dornengestrüpp stecken. Der Kavallerie erging es auch nicht viel besser. Nur, dass sie keine schweren Geschütze mitführen mussten. Da der Wald noch dichter wurde, weigerten sich die Pferde, weiterzugehen. Einige Männer saßen bereits ab, um sie zu führen. Die Geräusche, die vor allem die Artillerie machte, beunruhigten Smith nicht im Geringsten. Sie gingen in der Dichte des Waldes und des feuchten, jungen Unterholzes unter. Der Fluss, den sie gesehen hatten, war noch mindestens eine halbe Meile entfernt – und damit auch das Lager der Comanchen, wenn es denn wirklich dort war. Vorsichtshalber gab er den Befehl aus, wenn möglich jedes laute Geräusch zu vermeiden. Sowie seine Pawnee die ersten Tipis sichteten,


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