Geschichte Italiens. Wolfgang Altgeld

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und die Wahrung des honor imperii, d. h. der ideellen und materiellen Rechte des Reiches. Gegen Griechen und Normannen wollten sie gemeinsam vorgehen und keine separaten Verträge schließen. Auf dem Weg zur Kaiserkrönung erließ Barbarossa 1155 das berühmte Scholarenprivileg, das als Authentica »Habita« dem justinianischen Corpus Iuris Civilis angefügt wurde. Dieses Privileg zugunsten derjenigen, die »aus Liebe zur Wissenschaft heimatlos geworden sind«, unterstellte die Studenten einer eigenen Gerichtsbarkeit und schützte sie so vor bestimmten Repressalien.

      Bei seiner Ankunft in Rom sah sich Barbarossa der Forderung der Römer ausgesetzt, die Kaiserkrone von ihnen entgegenzunehmen, was er gemäß den Vereinbarungen mit dem Papst strikt ablehnte. Die Krönungszeremonie wurde deshalb statt am Sonntag schon am Samstag (18. Juni 1155) durchgeführt; unmittelbar danach kam es zu einem [71]Aufstand der Römer, der blutig niedergeschlagen wurde, wobei sich u. a. Heinrich der Löwe hervortat. Nach der Krönung brachen die Konflikte mit der Kurie wieder auf, da der Kaiser den vorgesehenen Zug gegen die Normannen nicht sofort antreten konnte: Die Reichsfürsten, die zwar zur Romfahrt, nicht aber zu weiteren kriegerischen Unternehmungen lehnsrechtlich verpflichtet waren, zwangen ihn zur Rückkehr nach Deutschland. Daraufhin versuchte der Papst zunächst, allein gegen die Normannen vorzugehen, musste dann aber nach der Niederlage bei Brindisi im Vertrag von Benevent die Fronten wechseln und so gegenüber Barbarossa vertragsbrüchig werden.

      Das Schisma von 1159

      Der zweite Italienzug des Kaisers sollte eigentlich der Wiederherstellung der Reichsrechte in Oberitalien gewidmet sein. Ihn überschattete aber ein kirchenpolitisches Ereignis von äußerster Tragweite: das Schisma von 1159.

      Nach dem Tode Hadrians IV. gelang es den Kardinälen nicht, eine eindeutige Wahlentscheidung herbeizuführen. Vielmehr wurden in einer dramatischen Versammlung kurz nacheinander zwei Päpste gewählt und dem Volk zur Akklamation vorgestellt: Viktor IV. und Alexander III., wobei Viktor einen geringen zeitlichen Vorsprung hatte, während zu Alexanders Wählern mehr Kardinalbischöfe und überhaupt eine größere Zahl von Kardinälen gehörten.

      In der Doppelwahl spiegelten sich zwei Parteien im Kardinalskollegium: eine eher konservativ eingestellte, zur Zusammenarbeit mit dem Kaiser bereite Gruppe (die [72]Wähler Viktors) und die Verfechter der Politik Hadrians IV., die seit dem Vertrag von Benevent kaiserfeindlich ausgerichtet war; Alexander war zuvor Kanzler Hadrians gewesen und hatte den berühmten Zwischenfall auf dem Hoftag von Besançon ausgelöst, als er das Kaisertum als päpstliches Lehen hinstellte.

      In dieser Situation sah die gültige Papstwahlordnung von 1059 kein Instrument zur Konfliktlösung vor: Als Erstwähler waren zwar die Kardinalbischöfe festgesetzt, aber es war keine erforderliche Mehrheit der Stimmen definiert. Die Rechte des Kaisers waren damals im sogenannten Königsparagraphen gewahrt worden, jedoch hatte schon beim Schisma von 1130 die Stellungnahme aller europäischer Staaten, insbesondere Frankreichs, den Ausschlag gegeben, und nicht mehr allein diejenige des deutschen Königs bzw. des Kaisers. Barbarossas Versuch, auf einer Synode in Pavia im Alleingang eine Entscheidung herbeizuführen, musste deshalb erfolglos bleiben: Alexander III. und seine Anhänger erschienen gar nicht erst – mit der Begründung, der Papst könne von niemandem gerichtet werden, womit sie freilich ihrerseits die Entscheidung zu präjudizieren versuchten. Das Votum der Synode zugunsten Viktors galt deshalb nur für den Machtbereich des Kaisers (und selbst dort nicht uneingeschränkt), während Alexander vor allem von Frankreich unterstützt wurde.

      Das Schisma zog sich bis 1177 hin. Auf Viktor folgten, vom Kaiser aber nur noch halbherzig unterstützt, 1164 Paschalis III. und 1168 Calixt (III.). Die hauptsächliche politische Bedeutung des Schismas lag aber darin, dass Alexander in den lombardischen Städten, die gegen die Machtansprüche des Kaisers kämpften, natürliche Verbündete fand, [73]so dass sich die beiden Konflikte miteinander verbanden und auch nur gemeinsam gelöst werden konnten.

      Barbarossa und die Kommunen

      Der zweite, dritte, vierte und fünfte Italienzug Barbarossas diente vornehmlich der Wiedergewinnung und Durchsetzung der Reichsrechte in Norditalien, vor allem gegenüber den lombardischen Städten. 1158 wurden auf dem Reichstag von Roncaglia diese Rechte definiert: Beraten von vier Gelehrten aus Bologna, stellte der Kaiser eine Liste von Regalien auf, die von den Städten zurückgefordert wurden, sofern sie keine ausdrückliche kaiserliche Übertragung nachweisen konnten. Gegen die Städte, die dieser Aufforderung nicht nachkamen, ging er militärisch vor; den Höhepunkt bildete 1162 die Eroberung, Zerstörung und rechtliche Auflösung Mailands, dessen Bewohner auf vier offene Dörfer in der Umgebung zwangsumgesiedelt wurden.

      Auf den weniger wichtigen dritten Zug von 1163/64 folgte ab Herbst 1166 der vierte Italienzug mit bedeutender Heeresmacht, u. a. erstmals auch mit niederrheinischen Söldnern, den »Brabanzonen«. Auf diesem Zug wurde Rom erobert, Paschalis III. dort inthronisiert und 1167 die Kaiserin vom Papst gekrönt. Der Zug endete jedoch mit einer Katastrophe, die von den Zeitgenossen als Gottesurteil angesehen wurde: Mitte August 1168 vernichtete eine Epidemie das kaiserliche Heer, so dass Barbarossa nach Deutschland fliehen musste. Die Mailänder kehrten in ihre Stadt zurück, und die lombardischen Städte, die sich zu einem Bund [74]gegen den Kaiser zusammengeschlossen hatten (Veroneser Bund 1164, Liga von Pontida 1167), errichteten eine Bundesfestung, die zu Ehren Alexanders III. den Namen Alessandria erhielt.

      Erst 1174 konnte der Kaiser den fünften Italienzug antreten. Erstes Ziel war Alessandria, das er im Winter 1174/75 vergeblich belagerte. Erneute Seuchen im Heer veranlassten ihn, mit den lombardischen Städten zu verhandeln und im April 1175 in Montebello einen Präliminarfrieden zu schließen. Die Umwandlung in ein dauerhaftes Abkommen gelang jedoch nicht, sondern es kam im Herbst zu neuen Kämpfen. In diesen Zeitraum fiel auch die berühmte Begegnung des Kaisers mit Heinrich dem Löwen in Chiavenna, bei der Friedrich den Welfen vergeblich um Hilfe bat, obwohl er sich »mehr, als der kaiserlichen Majestät ziemt«, demütigte. Schließlich unterlag Barbarossa 1176 in der Schlacht von Legnano einem Heer des lombardischen Bundes.

      Jetzt näherte sich der Kaiser Papst Alexander III. an: Die Verhandlungen führten zunächst zum Vorfrieden von Anagni im November 1176 und schließlich 1177 zum Frieden von Venedig. Der Kaiser erkannte Alexander III. als Papst an, ließ also Calixt (III.) fallen und wurde im Gegenzug von der Exkommunikation losgesprochen. In den großen Streitfragen kam der Kaiser dem Papst im Vorfrieden weit entgegen: Er verpflichtete sich zur Herausgabe der Mathildischen Güter und zum Friedensschluss sowohl mit den lombardischen Städten als auch mit dem Königreich Sizilien; jedoch gelang es seinem Verhandlungsgeschick, die Erfüllung dieser Zusagen im endgültigen Frieden um sechs bzw. fünfzehn Jahre hinauszuschieben.

      [75]Die Lossprechung des Kaisers vom Bann erfolgte in den üblichen Formen der Zeit; erst eine spätere Legende, die in der Reformationszeit auf antipäpstlichen Flugblättern dargestellt wurde, will wissen, der Papst habe dem am Boden liegenden Kaiser den Fuß auf den Nacken gesetzt. Kurz vor Ablauf der sechsjährigen Frist folgte 1183 im Frieden von Konstanz die Aussöhnung mit den lombardischen Städten: Wesentlicher Punkt der Abmachung war eine Pauschalierung der kaiserlichen Ansprüche aus den Regalien, eine Regelung, in der sich die Einsicht des Kaisers nicht nur in die gewandelte machtpolitische Situation, sondern auch in die neuen ökonomischen Entwicklungen mit ihrer Tendenz zur Geldwirtschaft in Italien zeigte.

      Alexander III. konnte nach Rom zurückkehren, wo er 1179 das dritte Laterankonzil abhielt. Dessen wichtigster Beschluss war eine neue Papstwahlordnung: Wahlkörper waren jetzt die Kardinäle ohne Rücksicht auf ihren Ordo (die Sonderstellung der Kardinalbischöfe wurde also beseitigt), erforderlich war die Zweidrittelmehrheit der anwesenden Wähler; von einer Beteiligung der Laien oder von Rechten des Kaisers war nicht mehr die Rede. Es wäre jedoch falsch, von einer nachträglichen Legalisierung von Alexanders eigener Wahl zu sprechen; vielmehr war das Schisma von 1159 – abgesehen von der Parteistellung der Wähler – auch aus dem Konflikt einer älteren und einer jüngeren Auffassung über den Charakter der Wahlhandlung entstanden: Jetzt hatte sich die jüngere, von der sich entwickelnden kanonistischen Wissenschaft herausgearbeitete Auffassung durchgesetzt.

      [76]Heinrich VI.: Die unio regni ad imperium


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