Geschichte Italiens. Wolfgang Altgeld
Abschluss, indem sie auf alle Ansprüche der Anjou auf die Insel verzichtete.
Die Könige von Neapel
Als 1378 das Schisma ausbrach (vgl. S. 138), war Johannas Stellungnahme als Herrscherin des bedeutendsten Lehnsstaates der Kirche besonders wichtig. Die Königin wechselte jedoch dreimal zwischen der römischen und der avignonesischen Obödienz und wurde schließlich von Urban VI. zugunsten Karls von Durazzo, des ohnehin Nächst-Erbberechtigten nach der kinderlosen Königin, abgesetzt. Sie adoptierte deshalb Ludwig (I.) aus dem sogenannten jüngeren Haus Anjou, einen Sohn König Johanns II. von Frankreich. So entstand im Königreich Neapel ein »Königsschisma«, das sechzig Jahre andauerte. Im Laufe des daraufhin ausbrechenden Bürgerkriegs wurde Johanna I. 1382 ermordet, und da auch ihr Adoptivsohn 1384 starb, konnte sich Karl von Durazzo durchsetzen. Jetzt aber griff der geisteskranke Papst Urban VI. erneut ein und erklärte (möglicherweise aus nepotistischen Gründen) den von ihm selbst auf den Thron gebrachten Karl wieder für abgesetzt, war aber nicht in der Lage, dieses Urteil auch durchzuführen. Karl kam 1386 bei dem Versuch ums Leben, Erbansprüche auf die ungarische Königskrone zu realisieren.
[118]Das »Königsschisma« vererbte sich auf Ludwig II., den Sohn Ludwigs (I. von Anjou), und Ladislaus, den Sohn Karls von Durazzo, und danach auf deren Nachfolger, den minderjährigen Ludwig III. auf der einen und Ladislaus’ Schwester Johanna II. auf der anderen Seite. Nach dem Ende des kirchlichen Schismas versuchte Papst Martin V., eine Kompromisslösung zustande zu bringen, indem er zwar Johanna II. anerkannte, zum Nachfolger der kinderlosen Königin aber Ludwig III. bestimmte. Dies hatte jedoch nur zur Folge, dass Johanna II. (das Vorbild Johannas I. nachahmend) den bereits auf Sizilien regierenden Alfons V. von Aragón adoptierte, der sich nach weiteren Verwicklungen schließlich durchsetzte. Damit war das definitive Ende der Anjou-Herrschaft in Süditalien gekommen; der spätere Versuch König Karls VIII. von Frankreich, gestützt auf seine Verwandtschaft mit dem jüngeren Haus Anjou französische Erbansprüche auf Neapel zu realisieren, blieb Episode.
Sardinien und Korsika
ab 590 | Einfluss des Papsttums (Gregors des Großen) auf die Inseln. |
ab 703 | Sarazenische Bedrohung und Teileroberung. |
1016 | Vertreibung der Sarazenen durch Genua, Pisa und das Papsttum; seitdem Rivalität der beiden Seestädte. |
1165 | Barbarossa krönt Bareso I., Iudex von Arborea (1147–1185), zum König von Sardinien. |
1238 | Hochzeit (König) Enzos mit Adelaisia von Torres. |
1324 | [119]Sardinien aragonesisch. |
1347 | Korsika teilweise aragonesisch. |
1358 | Aufstand des Samucuccio d’Alando auf Korsika. |
1383–1402 | Eleonora von Arborea. |
Die beiden Inseln Sardinien und Korsika spielten keine aktive Rolle in der Geschichte Italiens und erfreuten sich nur vorübergehend einer begrenzten Selbständigkeit. Zwar waren sie von der langobardischen Invasion allenfalls am Rande betroffen, jedoch Gregor der Große interessierte sich für sie und versuchte, durch Mission und über die dortigen Bischöfe Einfluss zu nehmen (mit einigem Erfolg auf Korsika, weniger auf Sardinien). Seine Maßnahmen wurden später als Ausübung der Rechte interpretiert, die den Päpsten aus der Konstantinischen Schenkung zugeflossen seien, die ausdrücklich »die Inseln« als geschenkte Territorien aufführt. 703 setzten die sarazenischen Raubzüge ein, die 827 in eine teilweise Eroberung Sardiniens mündeten. Da trotz einiger Ansätze (Flottenhilfe des Grafen von Tuszien 828) wirksame Unterstützung vom Festland ausblieb, gewannen die lokalen Machthaber an Bedeutung, die in antiker Tradition den Titel iudex trugen. Auf Sardinien bildete sich eine Einteilung in vier Judikate heraus: Arborea, Cagliari, Gallura, Torres (Logudoro).
Unter dem Einfluss Genuas und Pisas
1016 vermittelte Papst Benedikt VIII. ein Bündnis zwischen Genua und Pisa zur Befreiung der Inseln von der [120]sarazenischen Herrschaft. Die Aktion gelang, jedoch bestand seither eine fortdauernde Rivalität zwischen den beiden Seestädten um die Dominanz auf Sardinien und Korsika, wobei jenes mehr in die pisanische, dieses mehr in die genuesische Einflusssphäre geriet. Auch kirchenrechtlich wurden die Bistümer Genua bzw. Pisa als Metropolen zugeordnet.
In der Stauferzeit versuchte das Reich, wiewohl letztlich erfolglos, vor allem auf Sardinien Fuß zu fassen: Barbarossa krönte 1165 den iudex von Arborea, Bareso I., in Pavia zum »König von Sardinien« – eine Maßnahme, die wohl auch gegen Alexander III. (vgl. S. 71 zum Schisma von 1159) gerichtet war; jedoch konnte Bareso seinen Titel nicht mit Leben erfüllen. Gleichzeitig mit der Garantie des Kirchenstaates musste Friedrich II. 1213/19 zugunsten des Papstes auf etwaige Ansprüche auf die Inseln verzichten. Er ließ jedoch 1238 seinen unehelichen Sohn Enzo die Erbin des Judikats Torres, Adelaisia, heiraten; Enzo führte auch seit 1243 den Titel eines rex Sardinie, ohne jedoch wirksam in die politischen Verhältnisse auf der Insel einzugreifen. Vielmehr geriet Sardinien immer stärker in Abhängigkeit von Pisa (teils dadurch, dass pisanische Adlige in die Familien der iudices einheirateten). In ähnlicher Weise wurde Korsika immer stärker von Genua aus beherrscht.
Unter aragonesischer Herrschaft
Am Ende des 13. Jahrhunderts wurde Sardinien, später auch Korsika, in die Auseinandersetzungen hineingezogen, die seit der Sizilischen Vesper 1282 Süditalien erschütterten. Im [121]Vertrag von Anagni 1295 wurden die beiden Inseln, die Bonifaz VIII. zu einem gemeinsamen Königreich proklamiert hatte, als Entschädigung für Sizilien dem König von Aragón übertragen. Die Inbesitznahme Sardiniens gelang aber erst 1324. Auf Korsika konnten sogar erst 1347 die nördlichen Gebiete (terra dei signori) erobert werden; die südlichen Gebiete (terra dei comuni) blieben in Anlehnung an Genua unabhängig.
Nach der Jahrhundertmitte war die aragonesische Herrschaft auf beiden Inseln durch Aufstände bedroht (1358 Samucuccio d’Alando auf Korsika). Von 1383 an gelang es Eleonora von Arborea, Sardinien vorübergehend zu einigen und unabhängig von Aragón zu regieren. Sie ist vor allem durch ihr Gesetzbuch, die carta de logu, berühmt geworden. Nach ihrem Tode 1402 gelang es allerdings nicht mehr, die Unabhängigkeit aufrechtzuerhalten; Sardinien wurde eines der aragonesischen (später spanischen) Vizekönigreiche in Italien.
Die lokale Komponente: Venedig, Mailand, Florenz (bis um 1450)
Venedig : | |
976 | Ermordung Pietros IV. Candiano: keine Erblichkeit des Dogats. |
1172 | Ende der Volkswahl des Dogen. |
1192–1205 | Doge Enrico Dandolo: Venedig erwirbt durch den vierten Kreuzzug ein Kolonialreich im östlichen Mittelmeer. |
1257–1269, 1294–1299, 1350–1355 | Kriege mit Genua. |
1314 | [122]Erbrechtliche Abschließung des Großen Rates (Serrata del Gran Consiglio). |
1378–1381 | Chioggia-Krieg. |
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