Wer braucht ein Herz, wenn es gebrochen werden kann. Alex Wheatle

Wer braucht ein Herz, wenn es gebrochen werden kann - Alex Wheatle


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Stimme aus reinem Granit, »dann sitze ich gerne die Strafe ab, die ich dafür kriege, dass ich dir die Organe aus deinem miesen Dreckskörper geschnitten hab!«

      Mum hielt sich eine Hand vor den Mund. Die Klinge bebte in Lornas festem Griff. Funkelte im Licht der nackten Glühbirne. Lloyd erstarrte, er wirkte wie durch den gezackten Stahl hypnotisiert. Ich spürte, dass es von der geöffneten Tür her zog. Etwas Winziges kroch über den Boden.

      »Das … das war bloß eine Meinungsverschiedenheit«, brachte Lloyd heraus.

      »Hältst du mich für eine verfluchte Idiotin?«, erwiderte Lorna. »Soweit ich das mitbekommen hab, hast du versucht, sie umzubringen.«

      »So war das nicht.«

      »Mo!«, rief Lorna plötzlich. »Pack ein paar Sachen, du bleibst erst mal bei mir.«

      Ich rannte in mein Zimmer, suchte meine Sporttasche und stopfte Klamotten rein. Auch mein Deo, meine Haarbürste und ein paar Kämme. Panisch suchte ich meinen Schulrucksack, bis ich merkte, dass ich ihn noch auf dem Rücken hatte. Ich ging zurück in den Flur. Lorna hielt Lloyd weiter mit dem Messer in Schach. Mum befand sich im Schockzustand, Tränen liefen ihr über die Wangen.

      Ich raste ins Bad, nahm meine Seife und mein Shampoo. Dann kam ich wieder in den Flur. »Fertig«, sagte ich.

      Lorna trat den Rückzug an.

      Ich hatte was vergessen. Eilig flitzte ich noch mal in mein Zimmer, machte den Kleiderschrank auf und nahm mein Fotoalbum mit. Ich kann nicht glauben, dass ich das mache. Scheiße! Konnte ich Mum wirklich mit ihm alleine lassen? Vielleicht lässt er es an ihr aus. Ach was. Mach schnell. Hat sie sich selbst eingebrockt. Jetzt muss sie die Suppe auslöffeln.

      Bevor ich ging, suchte ich noch Mums Blick, aber sie starrte leer an mir vorbei. Hielt die Arme verschränkt. Und rutschte mit dem Rücken an der Wand runter. Ich musste weg.

      Ich nahm drei Stufen auf einmal. Fast wäre ich gestolpert. Sam stand vor der Tür. »Ich hab Geschrei gehört«, sagte er. »Mum wollte nicht, dass ich mit nach oben komme. Alles in Ordnung bei dir, Mo?«

      »Nicht so richtig«, erwiderte ich.

      Gar nichts war in Ordnung. Mein Kopf loderte. Halb fiel ich Sam in die Arme. Und ließ mein Fotoalbum dabei los. Sam hob es auf. Ich hörte, wie oben eine Tür zuknallte. Schritte auf dem Beton.

      »Kannst sie behalten – die war uns sowieso bloß im Weg! Bleib bei deinem Freund, Mo. Sieh zu, wie du mit seiner irren Mutter klarkommst! Lass dich von denen durchfüttern! Sollen die doch deine Rechnungen bezahlen! Dir ein Dach über dem Kopf geben!«

      Lorna und Sam halfen mir in die Wohnung. Meine rechte Hand schmerzte von dem Schlag, den ich damit abgeliefert hatte. Lorna atmete schwer. Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Die beiden stützten mich, führten mich in ihr Wohnzimmer. Auf Sky News lief ein Bericht über Flüchtlinge. Ein kleiner grüner Buddha saß auf dem Beistelltischchen. Ein Plakat von Nina Simone hing über dem Dreisitzersofa, auf das sie mich behutsam niederließen. Zärtlich packte Sam mir ein Kissen unter den Kopf. In einer Ecke stand ein Gummibaum, so groß, dass er beinahe die Decke geknutscht hätte. Ich musste an Jack and the Beanstalk denken. Als ich klein war, hatte Mum mir das Märchen immer vor dem Schlafengehen vorgelesen. Fee Fi Fo Fum! Traurigkeit durchflutete mich. Ich roch Räucherstäbchen.

      »Alles in Ordnung mit Mum?«, brachte ich raus.

      »Sie ist ein bisschen theatralisch drauf, aber sie wird’s überleben«, sagte Lorna. Jetzt entdeckte ich das brennende Räucherstäbchen auf dem Beistelltischchen.

      Sam setzte sich neben mich und tippte mir auf die Schulter. »Du bist in Sicherheit hier«, sagte er.

      »Leg den Riegel auch noch vor«, befahl Lorna.

      Sam stand auf und zog seinen Schlüssel aus der Tasche. Lorna ließ sich in einen Sessel fallen. Sie stieß einen Monsterseufzer aus und starrte an die Decke. »Ganz schön dumm, so was zu machen. Der ist drei Mal so groß wie ich. Aber wir haben Schreie und Gebrüll gehört.«

      »Eigentlich wollten wir die Bullen rufen«, sagte Sam.

      »Die Polizei«, korrigierte Lorna ihn. »Aber dafür war gar nicht mehr genug Zeit. Es klang, als hätten die dich da oben umbringen wollen! Also hab ich mir einfach ein Messer geschnappt.«

      Ich rieb meine rechte Hand und schloss die Augen. O Gott! Elaine wird stinksauer auf mich sein. Mit den Bullen wollte ich immer noch nicht reden, aber ich hätte mit ihr nach Hause gehen sollen.

      »Das muss aufhören!«, beharrte Lorna. »Ich ruf jetzt die Polizei an.«

      »NEEEIIIN!«, protestierte ich und wunderte mich selbst über meine Lautstärke. »Bitte nicht… ich geh da nicht wieder hin… nie mehr. Die haben sich gegenseitig verdient. Soll sie doch glücklich werden mit dem, wenn sie’s so haben will. Von mir aus soll sie verrotten.«

      Sam und Lorna tauschten besorgte Blicke. Ich schloss erneut die Augen. In Gedanken konnte ich Mum sehen, wie sie nach mir ausholte. Sie sollte doch eigentlich auf meiner Seite sein! Wieso ist sie nicht auf meiner Seite?

      »Warum hasst sie mich?«, platzte es aus mir heraus. »Wieso zieht sie ihn mir vor? Wenn sie mich nicht haben wollte, hätte sie abtreiben sollen. Wäre für alle besser gewesen. Sie wollte mich zusammenschlagen. Was hätte ich machen sollen? Die ist verdammt noch mal böse. BÖSE! Was hab ich verbrochen, um so eine Mum zu verdienen?«

      Ich ballte meine Fäuste so fest ich konnte. Hörte meine Knöchel knacken. Meine rechte Hand fühlte sich heiß und wund an, alle möglichen Gefühle rauschten durch meine Brust. Mein ganzes Elend, lebenslanger Schmerz, das alles wirbelte mir durch den Kopf. Bis zum Anschlag war ich voll davon. Ich heulte nicht – ich schrie. Schrie, bis mir die Kehle wehtat. Bis meine Mundwinkel rissen. Und mir Rotz aus der Nase lief. Bis ich nur noch krächzen konnte. Ich wollte, dass sie mich hörten. Dass sie was von meinem Schmerz spürten. Bestimmt konnte man mich bis Crongton Heath hören.

      Sam und Lorna taten ihr Bestes, aber ich wollte nicht angefasst werden. Ich schaukelte vor und zurück, die Arme an den Bauch gepresst. Als meine Stimmbänder um Gnade flehten, hörte ich auf. Wischte mir über die Augen. Versuchte mich zu konzentrieren. O Gott! Ich war erschöpft. Was habe ich bloß getan?

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