Reiten als Spiegel des Herzens. Ina Ruschinski

Reiten als Spiegel des Herzens - Ina Ruschinski


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Pferdekörper

       Schlusswort

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      Einige Jahre sind vergangen, seit mein Buch Dein Pferd – Spiegel deiner Seele erschien. Seit dieser Zeit ist viel passiert. Ich musste Pferdegefährten verabschieden und über die Regenbogenbrücke begleiten. Und es gab auch wiederum Pferde, die mich zu einem lang ersehnten neuen Schritt im Leben schubsten.

      Doch nicht nur bei mir ist viel geschehen. Ich habe in den letzten Jahren unglaublich viele schöne und tief berührende E-Mails von Leserinnen und Lesern bekommen, die ich manchmal am PC mit Tränen las. Kleine Geschichten über die Liebe und das Band, das Pferd und Mensch verbindet, das vielleicht manchmal strapaziert und überstrapaziert wird und doch nie gänzlich reißt, sondern heilt und dadurch noch stärker wird. Geschichten, die Wundern gleichen, so sehr, dass ich mich über gar nichts mehr wundere.

      Pferde haben eine Magie, eine Weisheit, die sich uns vielleicht nie ganz erschließen wird. Nehmen wir es so hin. Denn dafür sind Wunder ja da – dass wir sie nicht begreifen, sondern nur demütig annehmen.

      Ich bedanke mich hier an dieser Stelle für all die wundersamen Geschehnisse zwischen Pferden und ihren Menschen, die ich erzählt und geschrieben bekam!

       Wollen wir in diesem Buch ein weiteres Stückchen zusammen wandern?

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      Pferde sind es gewohnt, viele weite Wege zu gehen, und wir Menschen, die ihnen verfallen sind, gehen mit. Müssen mit! Weite Strecken zurücklegen, holprige Wege beschreiten, Kurven bewältigen, Stolpersteine forträumen, uns in letzter Sekunde vor verletzenden Ästen ducken, an Weggabelungen ratlos stehen und entscheiden müssen.

      Was sind die Pferde für uns? Was sind wir ihnen? Wie wirken sie auf uns, auf unsere Seele, auf unser So-Sein und letztendlich auf unseren Lebensweg ein?

      Vielleicht werden Sie sich das selbst jetzt gerade fragen: Wie beeinflussen Pferde meinen Lebensweg?

      Ich kann das für mich beantworten. Alles, was ich tue, was ich bin, was ich bisher in meinem Leben schaffte, wurde von Pferden begleitet, unterstützt und mitunter sogar forciert.

      Mein Beruf mit Pferden und Kindern, meine Schriftstellerinnenarbeit, mein spiritueller Lebensweg, meine Lebensliebe.

      Dein Pferd, Spiegel deiner Seele? Ja, ganz sicher! Wie ist es bei Ihnen? Inwiefern haben die Pferde Ihr Leben bis hierher geleitet?

       Eine wichtige Frage wurde und wird mir oft gestellt: Ist es spirituell, mit Pferden zusammen zu sein?

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      Ich finde, Spiritualität kann man nicht wollen, nur zulassen. Oder eben auch nicht.

      Und so ist es mit den Pferden und ihrer „Magie“ auf uns. Man kann ihnen den Raum geben und sie unsere Seele berühren lassen. Und dann passiert es, dass manchmal seltsame Dinge geschehen. Man beginnt sich selbst besser kennenzulernen und zu erfahren. Die Frage: Wer bin ich?, bekommt mit Pferden eine ganz eigene Bedeutung.

      Und auch der Gedanke: Was will ich noch in diesem Leben – mit und ohne Pferde? Vielleicht tun sich Wünsche nach Veränderung auf. Der Wunsch, endlich so sein zu können und so zu leben, wie man es als Sehnsucht in seinem Innersten spürt.

      Und in diesem Prozess sind Pferde immer dabei. Schauen uns über die Schulter, verlangen nach Aufmerksamkeit, wenn wir abwesend sind, stupsen uns auf unseren Weg zurück und werfen uns unsanft ab, wenn wir uns mal wieder vergaloppiert haben.

      Sie können uns Lebenslehrer sein, das Herz öffnen, den Geist und den Willen – wenn wir es denn zulassen.

       Sicher, man kann auch ohne Pferde leben – ich kann es nicht. Können Sie es?

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      Und so sind wir bei dem Thema, das uns seit Jahrtausenden so eng mit den Pferden verbindet und so viele Fragen, Blickwinkel, Gefühle, Motivationen und Verirrungen aufwirft.

      Wir, die wir die Pferde lieben und uns eines unter erheblichem Kostenaufwand leisten, tun dies nicht nur um der Pferde selbst willen, ob ihres schönen Anblicks (und sicher gibt es tatsächlich etliche Ausnahmen, die Pferde aufgrund dessen besitzen), sondern weil wir den Wunsch hegen, sie zu reiten, auf ihnen zu sitzen und getragen zu werden. Und viele selbstkritische Menschen denken jetzt eventuell: Na ja, es ist wohl manchmal eher ein Ertragen.

      Mich fragte ein zehnjähriges Mädchen, ob es nicht Tierquälerei sei, ein Pferd zu reiten. Ganz unvorbelastet und reinen Wesens fragte sie sich das und letztendlich dann auch mich. Ich fand ihre Bewusstheit, ihren weitsichtigen Blick bemerkenswert. So begannen wir gemeinsam herauszuarbeiten, was denn ethisch vertretbar sei, wenn man Pferde reitet. Wir alle haben vielleicht schon einmal den Satz gehört, dass Pferde nicht zum Reiten geboren wurden. Doch noch weniger wurden sie geschaffen, um für unser unreflektiertes Vergnügen herzuhalten oder schlimmstenfalls sogar für das Ausleben unserer Schattenseiten – für unser Ego.

      Das Pferd muss auch „Ja“ sagen dürfen, wenn man es reitet, aber eben auf seine Art und Weise, befand das Mädchen. Ich stimmte zu. „Doch wie stelle ich das fest?“, wollte es weiter wissen.

      Ich antwortete, dass sie den Menschen auf ihren Pferden beim Reiten zuschauen solle. Dann, so sei ich mir sicher, würde sie das erkennen.

      Auch bei sich selbst, wenn sie auf dem Rücken eines Ponys sitze, solle sie darauf achten, was das Tier ihr signalisiert und auf seine Weise zurückmeldet. So könne sie feststellen, ob sie beide eine gemeinsame Sprache gefunden hätten, die sich in freudiger Bewegung ausdrückt. Kinder verstehen das zum Glück sehr schnell.

      Und auch Menschen, die so rein gar nichts mit Pferden zu tun haben, können meines Erachtens sehr gut erkennen, ob „Reiten“ schön anzusehen ist und eine Harmonie besteht oder nicht. Das stelle ich immer wieder fest und registriere Anmerkungen im Publikum, die sehr interessant und aussagekräftig sind. Der Blick reitunerfahrener Zuschauer und Zuschauerinnen ist noch nicht getrübt von eigenen Vergleichen, Erfahrungen und vermeintlichem Wissen, wie etwas beim Reiten zu sein hat. Sie sehen einfach, ob es ein schönes Miteinander zwischen Mensch und Pferd gibt, ob sie eins sind oder eben nicht.

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      Das Pferd soll die Möglichkeit haben, Ja zu dem Menschen auf seinem Rücken zu sagen.

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      Das wäre fürwahr eine gute Sache. Das würde so manchem Pferd erhebliche Qualen ersparen, wenn das ein grundsätzlich anzulegender Maßstab wäre.

      Gehen wir doch einmal gedanklich gemeinsam zu einem unserer letzten Besuche einer Pferdeveranstaltung. Zu einem Reitturnier, einer Pferdemesse oder auch nur zu einem Reitstall in der Nähe. Versuchen Sie sich an die Mimik und die Körpersprache der Pferde zurückzuerinnern. Wie viele Ja von Pferden zu ihren Reitern und Reiterinnen fallen Ihnen da ein?

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      Es ist aufschlussreich und leider auch so traurig.

      Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass man das Ja nicht nur in der Mimik des Pferdes meist vergeblich sucht, sondern auch in der angespannten Miene der reitenden Menschen. Erstaunlich, wie wenig gelöste, glücklich lächelnde Menschen man im Sattel sieht. Und das, wo doch Reiten angeblich zu absoluter Glückseligkeit führen soll.


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