Reiten als Spiegel des Herzens. Ina Ruschinski

Reiten als Spiegel des Herzens - Ina Ruschinski


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der barocken Reitkunst wurden die Pferde gebisslos mit Nasenband (Cavecon) bis zu einem gewissen Punkt ihres Reitpferdedaseins ausgebildet.

      Also braucht man wirklich Gebisse? Braucht man ein tätiges Maul? Oder genügt es nicht auch, wenn ein Pferd weich und entspannt im Genick den Impulsen nachgibt?

      Das Pferd sollte nachgiebig sein, ja es sollte dem Gebiss vertrauen und es als eine Kommunikationsform von mehreren zwischen Ihnen beiden sehen. Ansonsten darf das Gebiss meiner Meinung nach nebensächlich und entspannt im Pferdemaul ruhen. Können Sie sich auf feine Impulse an Ihrem Körper einlassen, wenn Sie ständig auf etwas herumkauen und schlucken? An dieser Stelle empfehle ich Ihnen, sich einmal mit den Forschungen von Dr. Robert Cook zu diesem Thema zu befassen. Das ist sehr aufschlussreich. Ich habe die besten Erfahrungen mit entspannten Pferden gemacht, die sensibel auf meine Wünsche reagieren, wenn ihnen das Gebiss nur ab und an Impulse sendet und ansonsten ruhig im Maul liegt. Die Anlehnung, oder besser Selbsthaltung, kommt da von ganz allein.

      Wenn Sie einmal ein Pferd gebisslos oder ohne Trense und Sattel reiten, werden Sie spüren, was ich meine. Da ist so viel entspannte Sensibilität und zufriedene Aufmerksamkeit im Pferd. Und auch Ihre eigene Hilfengebung wird sich auf andere, feinere Bereiche fokussieren als auf die ständig beschäftigten Hände.

      SCHWUNG, GERADERICHTEN, VERSAMMLUNG

      Im Sinne der Gesundheit Ihres Pferdes sollten Sie im Kopf haben, es muskulär geradezurichten: mit gut gestellten und gebogenen Zirkeln, Volten und Schlangenlinien, vielleicht auch kombiniert mit Seitengängen wie Schulterherein und Travers und einem guten Training vom Boden aus, wie seitliches Übertreten und Longieren. Als Ausgleich dazu lange Strecken geradeaus im Gelände. Und das Ganze ein Pferdeleben lang begleitend.

      Schwung? Eher eine aktive starke Hinterhand (der Motor des Pferdes), deren Bewegungsimpulse durch eine frei schwingende Rückenmuskulatur fließen. Tun Sie alles dafür, damit sich Ihr Pferd von Anfang an seinen entspannten Rücken bewahren darf und (Bewegungs-)Energie ungestört fließen kann.

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      Ich denke da an eine alltägliche „Gebrauchsversammlung“, die es meinem Pferd muskulär ermöglicht, mich in gesunder Balance lange im ruhigen gesammelten Trab oder Galopp durch Wald und Flur zu tragen. Man kann, aber man muss dazu nicht die Piaffe erlernen. Vielen Menschen macht die ständig angestrebte Versammlung im Hinterkopf so viel Druck, dass die Fokussierung darauf mehr Schaden anrichtet, als dass es dem Pferd nützt. Man kann die Muskulatur des Pferdes, insbesondere die der Hinterhand, sehr gut mit anderen, einfacheren Übungen als der Piaffe stärken: gutes, flüssiges Rückwärtstreten, daraus Antraben, Tempowechsel an sich, Schulter herein, Travers.

      Vielleicht vermittelt Ihnen diese Beschreibung von Versammlung ein anderes Bild als das einer eng gezogenen Kopf-Hals-Haltung, die das Pferd zwar „kurz“ erscheinen lässt, es aber gänzlich aus seiner inneren und äußeren Balance bringt.

      Gut, soweit habe ich Ihnen wahrscheinlich nicht viel Neues erzählt.

      Aber was könnte noch zu einem besseren Verständnis, zu einer tieferen Harmonie zwischen Mensch und Pferd und damit zu „gutem Reiten“ führen?

      Wie können wir zu dem lang ersehnten Ziel kommen, ein Pferd-Mensch-Paar zu werden, das „eins“ miteinander ist?

      Dazu denke ich: Nutzen wir unsere emotionalen Kompetenzen und unseren Geist, damit wir bewussten Menschen von unseren geliebten Pferden ein deutliches Ja bekommen und wir unserem eigenen hohen Anspruch an Ethik gerecht werden.

      Da es in der bestehenden Reiterei ganz wichtig ist, die körperliche Formgebung des Pferdes zu fokussieren, dessen Ausbildung und die schon gleich zu Anfang bewertete „Materialprüfung“ des jungen Pferdes vorzunehmen (eine abscheuliche Bezeichnung für eine Jungpferdeprüfung, die schon in der Wortwahl deutlich macht, woran es im Herzen mangelt), schlage ich mal ganz ketzerisch eine andere Skala der Ausbildung vor.

      SKALA DER AUSBILDUNG FÜR DEN „REITENDEN MENSCHEN“

      Punkt 1:

      Ich liebe das Pferd – und öffne ihm mein Herz, bevor ich überhaupt aufsteige. (Wie viele Reiter und Reiterinnen scheitern bereits an diesem ersten Punkt, der ethisch Voraussetzung sein sollte?)

      Punkt 2:

      Ich bin während der Reiteinheit mit meiner Aufmerksamkeit, Konzentration und Liebe ganz bei meinem Pferd. (Schwierig, ich weiß.)

      Punkt 3:

      Ich reite das Pferd so, dass ich ein emotionales Ja von ihm widergespiegelt bekomme. (Machbar!)

      Punkt 4:

      Ich strebe an, das Pferd so zu reiten und auszubilden, dass es sich in seiner gesamten seelischen, persönlichen und körperlichen Schönheit entfalten kann und gestärkt und zufrieden aus der gemeinsamen Reiteinheit gehen darf.

      Punkt 5:

      Meisterlichkeit. – Ich bin frei von Ego, wenn ich auf dem Pferd sitze. Mein Geist und mein Herz sind offen und lenken meine technisch formvollendeten Handlungen und Hilfengebungen auf dem Pferderücken bis zur vollständigen Verschmelzung des Pferdes und mir zu einer gemeinsamen Energie, die sich in leichter, nahezu tänzerischer Bewegung ausdrückt.

      Ja, das könnte vielleicht so eine Art Skala der Ausbildung für die reitenden Menschen sein.

       Und für Ihren Weg dahin biete ich Ihnen noch Folgendes an:

      image Bewusstheit – Achtsamkeit/Gegenwärtigkeit – Intention und natürlich …

      image Liebe

      Lassen Sie uns die Tafel der momentan bestehenden traditionellen Reitlehre einmal völlig leer wischen und uns zu einem neuen Anfang begeben.

      Reiten soll Liebe nur sein, ist Kunst, und Kunst ist ein Spiel mit den eigenen Möglichkeiten bis zur Vollendung. Und Vollendung ist reine Liebe nur, ist Reiten.

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       (I. R.)

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