Physikalische Chemie. Peter W. Atkins
*) Weitere Werte finden Sie im Tabellenteil im Anhang dieses Buchs.
Illustration 1.8
Für Benzol sind die Van-der-Waals-Koeffizienten a = 18, 57 atm dm6 mol−2 (1, 882 Pa m6 mol−2) und b = 0, 1193 dm3 mol−1 (1, 193 × 10−4 m3 mol−1); der Normalsiedepunkt liegt bei 353K. Wenn wir Benzoldampf bei T = 400 K und p = 1, 0 atm als ideales Gas auf fassen, finden wir für das molare Volumen Vm = RT/p = 33dm3 mol−1, also ist das Kriterium Vm ≫ b erfüllt, das für ein ideales Gas gelten muss. Es folgt, dass
Eine alternative Schreibweise unter Verwendung des molaren Volumens Vm = V/n ist
Beispiel 1.4: Die Anwendung der Van-der-Waals-Gleichung zur Bestimmung des molaren Volumens
Berechnen Sie das molare Volumen von CO2 bei 500K und 100 atm unter der Annahme eines Vander-Waals-Verhaltens.
Vorgehensweise Um Gl. (1.27b) als Ausdruck für das molare Volumen zu schreiben, multiplizieren wir beide Seiten mit
Nun teilenwir durch p und ziehen die Potenzen von Vm aus den Klammern heraus:
Die Lösungen einer solchen kubischen Gleichung analytisch zu berechnen ist zwar möglich, aber ziemlich kompliziert. Wenn man die analytischen Ausdrücke nicht unbedingt benötigt, ermittelt man die Lösungen am besten mit einer geeigneten mathematischen Software. Grafische Darstellungen können helfen, die richtige Wurzel zu ermitteln.
Lösung Entsprechend Tab. 1.6 sind für CO2 a = 3, 592dm6 atm mol−2 und b = 4, 267 × 10−2 dm3 mol−1. Die Koeffizienten der Gleichung für Vm ergeben sich dann wie folgt:
Wir setzen x = Vm/(dm3 mol−1) und erhalten die kubische Gleichung
Ihre physikalisch sinnvolle Lösung lautet x =0, 366 (Abb. 1.20), also ist Vm = 0, 366 dm3 mol−1. Das molare Volumen eines idealen Gases beträgt unter den gegebenen Bedingungen Vm = 0, 410 dm3 mol−1.
Abb. 1.20 Die grafische Lösung der kubischen Gleichung aus Beispiel 1.4.
Selbsttest 1.4
Berechnen Sie unter der Annahme eines Van-der- Waals-Verhaltens dasmolare Volumen von Argon bei 100 °C und 100 atm.
[Antwort: 0, 298dm3 mol−1]
(b) Zur Gültigkeit der Gleichung
Wir wollen nun untersuchen, inwieweit das Verhalten realer Gase durch die Van-der-Waals-Gleichung adäquat wiedergegeben wird. Der Anspruch, mit einer einzigen, einfachen Gleichung alle möglichen Zustände aller Stoffe erfassen zu können, ist zu hoch – oft muss man auf die Virialgleichung zurückgreifen, Tabellen der Koeffizienten bei verschiedenen Temperaturen zu Hilfe nehmen und das Problem numerisch lösen. Der Vorteil der Van-der-Waals-Gleichung liegt darin, dass sie eine analytische Form hat (also mit Symbolen aufgeschriebenwerden kann) und sich zum Ableiten einiger genereller Eigenschaften realer Gase eignet. Wenn diese Gleichung versagt, verwendet man eine andere Zustandsgleichung (einige davon sind in Tab. 1.7 aufgeführt), führt eine geeignete neue Beschreibung ein oder kehrt zur Virialgleichung zurück.
Tab. 1.7 Ausgewählte Zustandsgleichungen.
*) Reduzierte Größen sind definiert als Xr = X/Xc mit X = p, Vm, T. Zustandsgleichungen werden mitunter auch in Abhängigkeit vom molaren Volumen formuliert, Vm = V/n.
Nach diesen Vorbemerkungen wollen wir den Gültigkeitsbereich der Gleichung untersuchen. Dazu vergleichen wir die Isothermen, die man daraus auf theoretischem Wege erhält, mit den experimentellen Isothermen aus Abb. 1.17. Die berechneten Isothermen in Abb. 1.21 und 1.22 geben die experimentellen Werte recht gut wieder, wenn man von den Oszillationen unterhalb der kritischen Temperatur absieht. Diese Schwankungen – auch Van-der-Waals- Schleifen genannt – entsprechen nicht dem realen Verhalten, denn ihnen zufolge müsste in einem bestimmten Bereich eine Druckerhöhung zu einer Vergrößerung des Volumens führen. Sie wurden deshalb so durch horizontale Linien ersetzt, dass sich zwischen Kurve und Linie oberhalb und unterhalb der Verbindung gleiche Flächen ergeben, eine Methode, die von Maxwell eingeführt wurde (die sogenannte Maxwell-Konstruktion, siehe (1)). Durch Anpassung der berechneten Kurve an die experimentellen Daten mittels Regressionsrechnung erhält man die Van-der-Waals-Koeffizienten (siehe Tab. 1.6).