Physikalische Chemie. Peter W. Atkins
Selbsttest 2.2
Berechnen Sie die Differenz zwischen ΔH und ΔU, wenn 1,0 mol Zinn bei 10,0 bar von der grauen Modifikation (Dichte 5,75 g cm–3) in die weiße Modifikation (Dichte 7,31 g cm–3) umgewandelt wird [ΔH(298 K) = +2,1 kJ].
[Antwort: ΔH – ΔU = 4,4 J]
Im Gegensatz zu Prozessen, an denen kondensierte Phasen beteiligt sind, können die Werte für die Änderung der Inneren Energie bzw. der Enthalpie bei Prozessen, an denen Gase beteiligt sind, deutlich voneinander abweichen. Die Beziehung zwischen Innerer Energie und Enthalpie eines idealen Gases erhalten wir durch Einsetzen von pV = nRT in die Definition von H:
(2.19)
Daraus folgt, dass die Änderung der Enthalpie in einer isothermen Reaktion, bei der gasförmige Stoffe entstehen oder verbraucht werden, durch
gegeben ist, wenn Δng die Änderung der Stoffmenge der an der Reaktion beteiligten Gase bezeichnet. Bei molaren Angaben müssen wir Δng durch Δvg ersetzen.
Illustration 2.8
Bei der Reaktion 2 H2 (g) + O2 (g) → 2 H2O (l) werden 3 mol gasförmiger Stoffe zu 2 mol Flüssigkeit umgesetzt; folglich ist Δng = –3 mol. Bei 298 K (RT = 2,5 kJ mol–1) ist der Zusammenhang zwischen den Änderungen von Enthalpie und Innerer Energie während dieses Prozesses gegeben durch
Beachten Sie, dass die Differenz nun von der Größenordnung Kilojoule ist, nicht Joule wie in Beispiel 2.2! Die Enthalpieänderung ist geringer (ihr Betrag ist kleiner) als die Änderung der Inneren Energie: Zwar wird während der Reaktion Energie in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben; da sich durch die Bildung der Flüssigkeit aber das Volumen verkleinert, wird dem System wieder Energie aus der Umgebung zugeführt.
2.2.2 Die Temperaturabhängigkeit der Enthalpie
Wenn die Temperatur eines Stoffs steigt, nimmt auch seine Enthalpie zu. Der Grund hierfür ist derselbe wie im Zusammenhang mit der Inneren Energie: Moleküle werden in höher energetische Zustände angeregt, also erhöht sich auch die Gesamtenergie. Das Verhältnis zwischen beiden Zunahmen hängt von den genauen Bedingungen des Prozesses ab (beispielsweise können Volumen oder Druck konstant sein).
(a) Wärmekapazität bei konstantem Druck
Die Bedingung mit der größten praktischen Bedeutung ist der konstante Druck; durch Auftragung der Enthalpie gegen die Temperatur erhält man dann eine Kurve (Abb. 2.13), deren Steigung als Wärmekapazität bei konstantem Druck Cp bei der jeweiligen Temperatur bezeichnet wird. Formal lautet die Definition
Die Wärmekapazität bei konstantem Druck ist in Analogie zur Wärmekapazität bei konstantem Volumen definiert; beide sind extensive Eigenschaften. Die entsprechende intensive Eigenschaft ist die molare Wärmekapazität bei konstantem Druck Cp,m, die Wärmekapazität pro Mol eines Stoffs.
Mithilfe der Wärmekapazität bei konstantem Druck kann man eine Beziehung zwischen Enthalpieänderung und Temperaturdifferenz herstellen. Gemäß Gl. (2.21) gilt für infinitesimale Temperaturänderungen
Abb. 2.13 Die Steigung der Tangente am Graphen der Enthalpie als Funktion der Temperatur bei konstantem Druck ist die Wärmekapazität bei konstantem Druck. Sie kann von der Temperatur abhängen; in diesem Fall ist auch die Wärmekapazität temperaturabhängig. Beispielsweise unterscheiden sich in unserer Darstellung die Wärmekapazitäten in A und B. Für Gase ist die Abhängigkeit der Enthalpie von der Temperatur stärker als die der Inneren Energie, also ist Cp,m größer als CV,m.
Wenn die Wärmekapazität über einen bestimmten Temperaturbereich hinreichend konstant ist, kann man für endliche Änderungen in diesem Bereich auch
schreiben, und zusammengefasst
Eine Erhöhung der Enthalpie kann stets der Zufuhr einer Wärmemenge bei konstantem Druck gleichgesetzt werden; in der Praxis verwendet man Gl. (2.22b) daher in der Form
(2.23)
Aus dieser Gleichung können wir auch ablesen, wie die Wärmekapazität eines Stoffs gemessen werden kann: Eine bestimmte Wärmemenge wird der Substanz bei konstantem Druck zugeführt (letztere Bedingung ist immer erfüllt, wenn das Experiment in einem offenen Gefäß abläuft), dabei wird die Temperaturänderung verfolgt.
In engen Temperaturbereichen darf man die Temperaturabhängigkeit der Wärmekapazität mitunter näherungsweise ignorieren; für ein einatomiges ideales Gas (etwa ein Edelgas bei niedrigem Druck) stellt dies eine recht genaue Näherung dar. Für die Fälle, bei denen eine Vernachlässigung dieser Abhängigkeit nicht sinnvoll ist, hat sich die empirische Näherungsfunktion
Tab. 2.2. Temperaturabhängigkeit der molaren Wärmekapazität, Cp,m/(J K–1 mol–1) = a + bT + c/T2.*)
Substanz | a | b/(10–3 K–1) | c/(105 K2) |
C (s,Graphit) | 16,86 | 4,77 | –8,54 |
CO2 (g) | 44,22 | 8,79 | –8,62 |
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