Macht und Wort. Angela Steinmüller

Macht und Wort - Angela Steinmüller


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Grafiker*innen

       Grafiken

Uli Bendick 26, 186, 335
Mario Franke 10, 66, 80, 88, 109, 124, 132, 156, 162, 195, 198, 234, 254, 259, 271, 274, 323
Jan Hoffmann 167, 177, 203, 312
Michael Vogt 22, 34, 51, 248, 282, 305

      VORBEMERKUNG

      Autor*innen über das Autoritäre

      Orwells Neusprech ist längst in Politik und Wirtschaft angekommen. »Alexa« hat für alles und jeden ein offenes Ohr. Satire darf alles – aber muss sie das auch?

      Wer das Wort führt, führt auch Menschen, übt Macht aus. Das Verhältnis von Sprache und Macht ist unabhängig voneinander nicht zu denken. Die Sprache bestimmt unser Denken und gleichzeitig sind wir es, die unsere Sprache bestimmen. Das wirft Fragen auf.

      Wer hat in Zukunft das Sagen? Und mit welchen Mitteln werden sich diejenigen ausdrücken, die das Sagen haben – wenn »alternative Fakten« als alternativlos erklärt werden? Welche Propagandaalgorithmen werden uns zukünftig manipulieren? Und lässt sich künstliche Intelligenz überhaupt beherrschen?

      Macht die Macht uns am Ende sprachlos?

       Zu folgenden Themenfeldern haben unsere Autor*innen versucht, eine mögliche Zukunft zu skizzieren:

      •Was schreibt, das bleibt – Der Hort der letzten Erinnerung

      •Computer streiten nicht – Von künstlicher Intelligenz und natürlicher Dummheit

      •Großer Bruder – Am Anfang war das Wort. Am Ende das Diktat.

      •Unter der Maske – Nichts ist, wie es scheint.

      •Die Vergangenheit der Zukunft – Früher war die Zukunft auch schon besser.

       Die Herausgeber

      WAS SCHREIBT, DAS BLEIBT

      Hort der letzten Erinnerung

       mit den Storys

       •von der wilden Ära der Bücher

       •vom Glück der Worte

       •von der unbestechlichen Autokorrektur

       •vom Hollerbusch

      DIE FINGER VERBRENNEN, DEN GEIST ENTFACHEN

      von Christian Endres

       1.

      Der Auftrag kam nicht per Mail, Message oder Anruf wie gewohnt aufs Tablet, sondern per Brief. Ja, ein Brief, kein Witz. Ganz altmodisch. Oder auch nicht: Auf Papier und von Hand geschrieben, das sehr wohl – aber außerdem um einen rauen Stein gewickelt, mit einem Stück Schnur befestigt und wie ein unförmiger Baseball durch ein Fenster meiner Wohnung im ersten Stock geworfen.

      Als ich mit zwei Einkaufstüten bepackt in meine winzige Bude trat, die zugleich mein winziges Büro ist (vielleicht ist’s auch genau andersherum), erwarteten mich Schnur, Schreiben, Stein und Scherben auf meinem Schreibtisch.

      Vorsichtig fegte ich die Glassplitter zur Seite, säbelte die Schnur mit einem Messer auf, wickelte das Blatt vom Stein und stellte überrascht fest, dass mit dem Brief fünf zerknitterte Geldscheine gekommen waren, die für zwei Monatsmieten reichen sollten.

      Ich strich das Papier glatt. Die Nachricht war kurz und in sauberen Druckbuchstaben geschrieben, die sich leicht zur Seite neigten. Es war ungewohnt, etwas Handschriftliches zu lesen, ohne Hintergrundbeleuchtung, ohne Zoomen und Scrollen.

      Finden Sie 9783949452192.

      Wichtig: Ermittlung komplett offline.

      Hälfte der Bezahlung vorab & anbei.

      Tut uns leid wegen des Fensters.

      Aber Scherben bringen Glück.

      Suchen Sie uns, wenn Sie haben, was wir wollen.

      Wir erwarten Sie.

      Mein detektivisches Interesse war angesichts der Kontaktaufnahme und der Nachricht definitiv geweckt. Die Kohle tat ihr Übriges dazu, mich die Anfrage ernst nehmen zu lassen; selbst nach Austausch der Fensterscheibe würde allein von dieser ersten baren Hälfte des Honorars genug übrig bleiben.

      Zudem hatten ich und mein Ego einen interessanten, in mehr als einer Hinsicht lohnenswerten Fall bitter nötig.

      Leider hatte ich keinen Dunst, was 9783949452192 bedeuten sollte, und es war ewig her, dass ich einen Auftrag ohne Online-Recherche und -Schnüffelei bearbeitet hatte. Wieso auch, in einer durch und durch digitalisierten Welt?

      Ich klebte notdürftig ein Stück Karton von innen über das kaputte Fenster. Anschließend rasierte ich mich, zog ein sauberes Hemd an, band eine Krawatte um, schlüpfte in mein Jackett, setzte meinen Hut auf und ging los, um auf die altmodische Art ein paar Erkundigungen einzuholen.

      Im Erdgeschoss trat ich auf die Straße und blickte zum Himmel. Jenseits des ewigen, allgegenwärtigen Stroms aus Überwachungs- und Lieferdrohnen


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