MUSIK-KONZEPTE Sonderband - Josquin des Prez. Группа авторов
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Ulrich Tadday (Hrsg.)
MUSIK-KONZEPTE Sonderband XI/2021
Josquin des Prez
MUSIK-KONZEPTE
Die Reihe über Komponisten
Herausgegeben von Ulrich Tadday
Sonderband
Josquin des Prez
Herausgegeben von Ulrich Tadday
November 2021
Wissenschaftlicher Beirat:
Ludger Engels (Berlin, Regisseur)
Detlev Glanert (Berlin, Komponist)
Jörn Peter Hiekel (HfM Dresden/ZHdK Zürich)
Laurenz Lütteken (Universität Zürich)
Georg Mohr (Universität Bremen)
Wolfgang Rathert (Universität München)
Print ISBN 978-3-96707-397-3
E-ISBN 978-3-96707-399-7
Umschlaggestaltung: Thomas Scheer
Umschlagabbildung: Filippo Mazzola, Bildnis eines Musikers, akg-images/Erich Lessing und München, Bayerische Staatsbibliothek, 4 Mus.pr. 194#Beibd.9.
Die Hefte 1–122 und die Sonderbände dieses Zeitraums wurden von Heinz-Klaus Metzger und Rainer Riehn herausgegeben.
E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
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© edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, München 2021
Levelingstraße 6a, 81673 München
Inhalt
Vorwort
VOLKER REINHARDT
Josquin des Prez in Italien Macht, Hof und Kultur in Mailand, Rom und Ferrara
PHILINE HELAS Das Porträt des Komponisten und Musiktheoretikers Ein neues Bildthema in Italien im 15. Jahrhundert
LAURENZ LÜTTEKEN Musarum decus? Josquins Wirklichkeiten und die Wirklichkeit Josquins
CHRISTIANE WIESENFELDT Zwischen Ordo und Varietas Strategien des Wiedererzählens in Josquins Messenschaffen
KLAUS PIETSCHMANN Sublimierte Sinnlichkeit Josquins Messen in liturgie- und frömmigkeitsgeschichtlicher Perspektive am Beispiel der Missa Gaudeamus
DANIEL TIEMEYER Josquins marianische Kompositionen im Kontext zeitgenössischer Frömmigkeit
STEFAN MENZEL Josquins Motetten im lutherischen Gottesdienst
THOMAS SCHMIDT Imitationstechnik oder Textbehandlung? Zwei komplementäre Kompositionsprinzipien in den Motetten Josquins
MICHAEL MEYER Werkindividualität, Kanon und Gebet Überlegungen zu Josquins Ostinato-Tenormotetten
FELIX DIERGARTEN Wundersam schön Versuch einer Ehrenrettung von Ecce tu pulchra es
ESMA CERKOVNIK »Poenitentia«, »devotio« und »conversio« Über Josquins Bußpsalmmotetten
NICOLE SCHWINDT »Josquin des Prez, ne faictes plus chanson« Josquin und der Imperativ der Kantilene
GUIDO HEIDLOFF HERZIG Ein Blick in Josquins Komponierstube Sechsstimmige Satzkonzepte in der Chanson Se congié prens
MICHAEL CHIZZALI Aufer a nobis domine, eine neu aufgefundene Kontrafaktur von Josquins Chanson N’esse pas ung grant desplaisir Überlegungen zum Spannungsfeld »humanistischer« Textunterlegung
GESA ZUR NIEDEN Der Weg ins Unbekannte Ernst Blochs Josquin-Rezeption im Spannungsfeld von Geschichtsphilosophie der Innerlichkeit und Musikgeschichte
LUDWIG FINSCHER (†) Von Josquin zu Willaert – ein Paradigmenwechsel?
Abstracts
Bibliografische Hinweise
Autorinnen und Autoren
»Das Buch, das die Zeugnisse für Josquins Ruhm bei den Zeitgenossen und Nachruhm bis ins 17. Jahrhundert systematisch gesammelt und gedeutet hätte, ist«, so Ludwig Finscher, »noch nicht geschrieben, aber die Umrisse des Bildes sind deutlich genug. Josquin war der erste Komponist, der schon die Zeitgenossen als Person interessierte, und er galt spätestens seit den ersten Jahren des 16. Jh. unangefochten als der bedeutendste seiner Zeit«.1 So wenig die Geschichtsmächtigkeit Josquin des Prez’, der am 27. August 1521 in Condé-sur-l’Escaut starb, in Abrede gestellt werden kann, so wenig scheint die Frage, woher genau denn die Geschichtsmächtigkeit des Komponisten rührt, bislang beantwortet worden zu sein. Dafür dürfen an dieser Stelle zwei Gründe angeführt werden: Der erste Grund ist ein ästhetischer, der in der kompositorischen Güte und Auslegungsfähigkeit der Werke Josquins liegt. Der zweite Grund ist ein historiografischer, der in der Selbstbezüglichkeit des Diskurses über Josquin liegt. Letzterer hat im Laufe der Jahrhunderte dazu geführt, dass der überlieferte Spruch Martin Luthers, Josquin sei »der noten meister / die habens müssen machen wie er wolt / die andern Sangmeister müssens machen, wie es die Noten haben wöllen«,2 zwar nirgendwo fehlen darf, wenn von Josquin die Rede ist – auch in diesem Vorwort nicht –, dass die »Noten« selbst jedoch im emphatischen Sinne ihrer zeichenhaften Geschichtsmächtigkeit, weit über die Epoche der Renaissance hinausweisend zunehmend aus dem Blick geraten sind.
Damit soll nicht gesagt sein, dass es an Spezialforschungen zu Josquin fehle, das Gegenteil ist wohl eher Fall. Der vorliegende Sonderband verfolgt auch deswegen ein anderes, generelles Interesse, nämlich das Besondere der Musik Josquins mit dem Allgemeinen der Geschichte dialektisch zu verschränken. Deshalb hebt er mit drei einleitenden Aufsätzen zur Geschichte, Kunst- und Musikgeschichte der Josquin-Zeit an, denen Aufsätze zu den Messen, Motetten und Chansons folgen. Die vorgenannten Gattungen werden insofern heuristisch verstanden, als sie nicht gegeneinander abgegrenzt, sondern durch übergreifende Topoi, die zum Beispiel der Frömmigkeits- und Religionsgeschichte entstammen, miteinander verbunden und in dem Bestreben, einerseits ihre Eigenarten zu erkennen, andererseits zugleich entgrenzt werden. In summa geben die Aufsätze ein sehr eindrucksvolles, wenn auch längst nicht vollständiges Bild der deutschsprachigen Josquin-Forschung unserer Zeit, die sie spiegeln.
Den Beschluss bildet ein richtungsweisender Aufsatz Ludwig Finschers (1930–2020),