MUSIK-KONZEPTE Sonderband - Josquin des Prez. Группа авторов

MUSIK-KONZEPTE Sonderband - Josquin des Prez - Группа авторов


Скачать книгу
dynastischen Tauschgeschäft mit dem römischen König Maximilian im Jahr 1494 – war Francesco Sforza nach dem Aussterben der Visconti im Mannesstamm und langwierigen Verhandlungen mit dem Mailänder Adel aufgestiegen, in denen er diesem zahlreiche Zugeständnisse machte und Privilegien erteilte. Als homo novus an der Spitze einer der italienischen Hauptmächte, also an der Seite des Dogen von Venedig, der Medici in Florenz, des Papstes in Rom und des Königs von Aragon in Neapel und Sizilien, war Francesco Sforza dringend darauf angewiesen, sich das Image eines guten christlichen Herrschers zuzulegen, der seine Untertanen wie ein fürsorglicher Familienvater regierte. Mindestens ebenso dringend musste die ganze Familie ihre wenig prestigeträchtige Herkunft durch die Entfaltung von Kulturglanz überdecken und vergessen lassen – und hier kam, eine Generation später, Ascanio Maria Sforza und mit dessen Bestrebungen Josquin des Prez ins Spiel.

      I Im Rom der Borgia

      Dabei kam Kardinal Ascanio Maria und seinem Gefolge eine Schlüsselposition zu: Er sollte durch eindrucksvolles Auftreten an der Kurie die in Mailand und Umgebung zunehmend ausgehöhlte Machtstellung der Sforza stärken und nach außen glanzvoll repräsentieren. Das wurde durch die Wahl Innozenz’ VIII. im August 1484 schwieriger, aber nicht unmöglich. Obwohl sich der schwache neue Pontifex maximus vornehmlich an die Medici anschloss und mit deren Chef Lorenzo sogar ein Ehebündnis für seinen Sohn Franceschetto aushandelte, war er durchgehend auf gedeihliche Beziehungen zu allen größeren Mächten angewiesen. Für Kardinal Ascanio Maria Sforza schlug sich dieses Bemühen in der Erteilung einer Legation innerhalb des Kirchenstaats nieder, die diesem beträchtlichen Einfluss sicherte; zugleich war ihm Dispens von einem dauerhaften Aufenthalt in Rom erteilt worden, was ein regelmäßiges Pendeln zwischen Mailand und der Ewigen Stadt erlaubte; alles spricht dafür, das Josquin des Prez seinen Patron auf diesen Wegen begleitete. Dessen Rolle während des Pontifikats Innozenz’ VIII. lässt sich am besten als eine Position im Wartestand beschreiben. Der Papst war chronisch krank, sodass während seiner ganzen achtjährigen Regierungszeit stets mit einem Konklave zu rechnen war, für das die rivalisierenden Parteien ihre Ressourcen ordneten und mobilisierten. Dass des Prez ab 1489 als Mitglied der päpstlichen Kapelle erscheint, fügt sich nahtlos in dieses Bild – einem anderen Mächtigen renommierte Künstler zur Verfügung zu stellen, war ein politischer Akt, durch den man auf Wohlwollen und Gegenleistungen zählen durfte.


Скачать книгу