MUSIK-KONZEPTE Sonderband - Josquin des Prez. Группа авторов

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des Borgia-Papstes sehr weitgehend einschränkte, ja diesen sogar in vieler Hinsicht zum Befehlsempfänger des Hauses Sforza herabdrückte.13 Dessen Politik zielte mehr denn je auf die Vernichtung der aragonesischen Dynastie in Neapel ab, was ohne die Intervention einer auswärtigen Großmacht kaum zu bewerkstelligen sein konnte. Diese Strategie verfolgten Ludovico Sforza, der den nominellen Herzog immer weiter zurückdrängte und völlig entmachtete, und sein Bruder Ascanio Maria ab dem August 1492 in konzertierter Aktion bzw. aus der Perspektive des neuen Papstes betrachtet mit einer erpresserischen Zangengriff-Strategie. Alexander VI. fürchtete nichts mehr als eine Intervention der Großmächte Spanien oder Frankreich, von der er Prozess und Absetzung befürchten musste. V. a. ein militärisches Eingreifen Frankreichs war das Menetekel, das die beiden Sforza stets aufs Neue an die römischen Mauern malten – und an die neapolitanischen: Der ab 1483 regierende König Karl VIII. von Frankreich erhob als Rechtsnachfolger des Hauses Anjou Ansprüche auf das Königreich Neapel. Sollte er sich zu einem Heereszug in Richtung Vesuv entschließen, würde er damit das Gleichgewichts-Gefüge Italiens endgültig aufbrechen.

      Zwei Jahre lang spielten Ludovico und Ascanio Maria diese Karte in ihrem Machtpoker mit Alexander VI. stets aufs Neue aus, und zwar mit Erfolg. Der Papst musste zähneknirschend in eine Tripelallianz mit Mailand und Venedig eintreten, die gegen Neapel gerichtet war und ausdrücklich für einen Beitritt Frankreichs offengehalten wurde. Und in der Ewigen Stadt folgte eine Demütigung nach der anderen. Der Tiefpunkt war erreicht, als Lucrezia Borgia im Juni 1493 mit Giovanni Sforza, dem Herrn von Pesaro, aus einer Nebenlinie der Dynastie verheiratet wurde, obwohl ihr Vater weit höhere Pläne für seine Lieblingstochter hegte. Ascanio Maria Sforza war der wahre Herrscher Roms und der Papst sein Kaplan, so konnte man es an den Spottsäulen der Stadt in satirischen Gedichten nachlesen. Auch in Mailand stellte sich auswärtigen Beobachtern die Herrschaft der Sforza gefestigter denn je dar. Ludovico il Moro hatte sein seit Längerem angebahntes Tauschgeschäft mit dem römischen König Maximilian erfolgreich abgeschlossen: Der Habsburger heiratete Ludovicos Nichte Bianca Sforza und erhielt für diese nach aristokratischen Kriterien krasse Mesalliance die stolze Mitgift von 400.000 Dukaten; seine Gegenleistung bestand darin, Ludovico den Titel eines Herzogs von Mailand als Nachfolger seines Neffen Gian Galeazzo zu verleihen. So schien die Familie Sforza das Schicksal Italiens in der Hand zu halten. Des Prez durfte sich mehr denn je zur Wahl seines Patrons und Protektors gratulieren.

      Am Ende des Umsturz-Jahres 1494 erreichte die französische Armee Rom, in das sie kampflos einziehen konnte, da Alexander VI. auf aussichtslosen bewaffneten Widerstand verzichtete. Damit war der Tiefpunkt seiner Macht und das Maximum an Sforza-Dominanz erreicht. Doch diese Verhältnisse kehrten sich rasch um. Die Entourage Karls VIII. riet diesem dringend davon ab, ein Verfahren zur Absetzung des Papstes zu initiieren. Stattdessen begnügte sich dieser mit einem Unterwerfungsvertrag, in dem der Pontifex maximus demütigende Zugeständnisse, zum Beispiel die Auslieferung Cesare Borgias als Geisel an den König, machen musste. Alle diese Klauseln waren kurz darauf nicht mehr das Papier wert, auf dem sie standen. Der französische Monarch zog nach Neapel weiter, das er gleichfalls ohne größeren militärischen Widerstand einnahm; auf dem Weg dorthin war ihm seine Geisel abhandengekommen, die Familie Borgia im Vatikan also wieder vollständig. Kurz darauf musste Karl VIII. sein neues Königreich am Vesuv wieder verlassen und wurde danach bis zum Sommer 1495 von einer nahezu gesamtitalienischen Koalition aus Italien zurückgedrängt.

      II In Mailand und Ferrara


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