Erinnerungswürdig. Walter Thaler

Erinnerungswürdig - Walter Thaler


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Schwester Aloysia. Mozart aber zieht sie als Beraterin ständig heran und spielt ihr auch seine neuen Kompositionen vor. Constanze hat Mozart durchaus inspiriert. Daher widmet Mozart seiner Frau mehrere Werke, darunter die Sopranpartie der großen c-Moll-Messe. Als Mozart in der Nacht zum 5. Dezember 1791 stirbt, ist Carl sieben Jahre und Wolfgang sechs Monate alt. Er hinterlässt seiner Frau enorme Schulden, eine unfertige Partitur seines „Requiems“, für das er entlohnt worden ist, und einen ganzen Stapel ungeordneter und unvollständiger Musikautografen. Trotz der enormen Not verkauft Constanze jedoch die Manuskripte zunächst nicht, für die sie wegen des bereits großen Ruhms Mozarts großzügig entlohnt worden wäre, sondern bewahrt sie sorgfältig auf.

      Nach dem Tod des musikalischen Genies gelingt es ihr dank hochherziger Hilfen, ein Abgleiten in äußerste Not zu verhindern. So ist es ihr großes Verdienst, dass die Autografen nicht in alle Welt verstreut sind. Trotzdem ist sie von manchen Biografen als raffgierige und betrügerische Geschäftemacherin diffamiert worden. Die Ursache dafür mag in der Tatsache begründet sein, dass zwei Fragen bislang nicht ausreichend beantwortet werden können: Warum hat sie sich nie um Mozarts Grab gekümmert? Und warum hat sie bezüglich des „Requiems“ verschwiegen, dass der Komponist Franz Xaver Süßmayr (1766–1803) nach Mozarts Tod das „Requiem“ vervollständigt hat? Unbezweifelbar steht jedoch fest, dass es ein lebenslanges Anliegen der Witwe Mozarts war, sein Andenken wachzuhalten.

      Gemeinsam mit ihrer Schwester Aloysia unternimmt Constanze 1795/96 eine Konzertreise mit Mozarts Werken durch Deutschland. Die beiden Söhne bringt sie auf das Landgut Villa Bertramka des befreundeten Ehepaares Josepha und Franz Xaver Duschek bei Prag. Erst zur Jahreswende 1799/1800 verkauft sie die noch vorhandenen Autografen Mozarts an den Offenbacher Musikverleger Johann Anton André.

      Im Jahr 1797 lernt Constanze den dänischen Legationssekretär und Diplomaten Georg Nikolaus Nissen kennen. Sie kann ihn erst 1809 auf der Flucht vor Napoleon im damals ungarischen Preßburg heiraten, da im österreichischen Teil des Habsburgerreiches religiöse Mischehen verboten sind. Constanze führt ab dem Winter 1800 in Wien einen der wichtigsten musikalischen Salons am Michaelerplatz, um Mozarts kammermusikalische Werke zur Aufführung zu bringen. Als der Diplomat 1810 nach Kopenhagen berufen wird, lebt Constanze mit ihm zehn Jahre in der dänischen Hauptstadt. Zwischen 1820 und 1824 bereist das Ehepaar Nissen Deutschland, bevor es sich 1824 endgültig in Salzburg niederlässt.

      Nissen ist den beiden überlebenden Söhnen Mozarts ein liebevoller Vater. Carl, den Constanze zum Kaufmann ausbilden lässt, wird von ihr nach Italien geschickt, wo er als Verwaltungsbeamter der Monarchie lebt und 1858 als letzter Mozart stirbt. Sein Bruder Franz Xaver Wolfgang, ein begabter Sänger, Komponist und einer der renommiertesten Pianisten der Zeit, arbeitet in Lemberg beim Grafen Viktor von Baworowski, da er in der Pubertät mit seinen Eltern ständig in Konflikt geraten ist. In Salzburg machen sich Constanze und Nissen daran, das Leben Mozarts aufzuarbeiten und eine erste Biografie zu verfassen. Doch Constanze schildert ihrem Gatten hauptsächlich vordergründige Begebenheiten und kann über seine Musik nur Oberflächliches berichten. Daher stützt sich Nissen auf die Aufzeichnungen des Philosophen und Musikkritikers Franz Xaver Niemetschek. Zudem ist Nissen bemüht, alle ihm unschicklich erscheinenden Ereignisse im Leben Mozarts auszublenden, denn er will dem Ruhm des Meisters keinesfalls schaden. Als Nissen – der kein Adeliger war – 1826 stirbt, nimmt Constanze ein „von“ in ihren Namen auf. Sie vervollständigt Mozarts Lebensbericht. Das Buch „Biographie W.A. Mozarts“ erscheint 1828 und wird in Europa viel gelesen und in mehrere Sprachen übersetzt. In ihren letzten Lebensjahren in Salzburg darf auch ihr Beitrag für die Gründung des Mozarteums und die Errichtung der Mozartstatue auf dem Mozartplatz nicht unterschätzt werden.

      Constanze stirbt am 6. März 1842 in Salzburg an einer Lungenentzündung und überlebt damit Mozart um ein halbes Jahrhundert. Ihre jüngere verwitwete Schwester Sophie, die mit ihr im ehemaligen Domherrenstöckl Mozartplatz 8 wohnt, kann wenige Wochen nach Constanzes Tod ihre Blicke auf das neu errichtete Mozartdenkmal richten. Der „Witwe Mozart“, wie Constanze sich auch in ihrer Ehe mit Nissen stets bezeichnet hat, ist dieser sehnsüchtige Rückblick nicht mehr gegönnt.

      Drei weniger biografische als fiktionale, allerdings sehr lesenswerte Romane über Constanze Mozart haben die österreichische Schriftstellerin Renate Welsh („Constanze Mozart. Eine unbedeutende Frau“), die Münchener Kunsthistorikerin und Schriftstellerin Lea Singer („Das nackte Leben“) sowie die aus Constanze Mozarts Geburtsort stammende Schriftstellerin Heidi Knoblich („Constanze Mozart geb. Weber“) verfasst. Der Tiroler Dramatiker Felix Mitterer hat das Leben der Familie Weber in seiner musikalischen Komödie „Die Weberischen“ dramatisch gestaltet.

      BARBARA KRAFFT

      1764–1825

      Sie schuf das Porträt Mozarts

      Fast niemand kennt ihren Namen. Auch sind kaum dokumentarische Materialien wie Briefe, Tagebucheintragungen oder andere persönliche Zeugnisse von ihr erhalten. Nur Kunstexperten wissen um ihre wichtigsten biografischen Lebensstationen und kennen ihre bedeutendsten Bildnisse. Aber fast alle kennen das von ihr geschaffene Porträt Mozarts, das sogar Mozartkugeln ziert. Barbara Krafft hat 28 Jahre nach dem Tod Mozarts im Jahr 1819 nach den Angaben von Mozarts Schwester Nannerl das am häufigsten reproduzierte und inzwischen bekannteste Bildnis Mozarts gemalt. Sie gehört zu den bedeutendsten Porträtmalerinnen des Klassizismus und verstand es als Künstlerin, sich ein Netzwerk von Auftraggebern zu schaffen und Verkaufsausstellungen zu organisieren. Kurzum: Sie ist nicht nur eine bedeutende Malerin, sondern auch ein Marketingtalent des 18. und 19. Jahrhunderts.

      Barbara Krafft wird am 1. April 1764 in Iglau an der böhmisch-mährischen Grenze als Tochter des k. u. k. Hofmalers Johann Nepomuk Steiner geboren. Er porträtiert Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Joseph II., bleibt aber trotzdem ein von Geldsorgen geplagter Künstler. Die Mutter Maria Anna verfügt deshalb in ihrem Testament, dass nur das Kind erbberechtigt sein soll, das einen „ordentlichen“ Beruf ergreift. Daher erhält Barbara nach deren Tod nur den Pflichtteil, Bruder Franz Xaver, der Chirurg ist, wird Universalerbe. Schon in ihren Kinderjahren erhält Barbara Malunterricht von ihrem Vater, mit dem sie nach Wien übersiedelt und dort 1786 ihr erstes Bild ausstellt. Sehr rasch macht sie sich als Porträtmalerin einen Namen.

      1789 heiratet sie den Apotheker Josef Krafft. Im Jahr 1792 wird ihr Sohn Johann August geboren, den sie zum Maler ausbildet und der später in München als Lithograf tätig wird. Die Tochter Barbara wird 1801 in Prag geboren. In der Folge signiert sie ihre Bilder mit „Barbara Krafft nata Steiner pixit“ (Barbara Krafft, geb. Steiner hat es gemalt), um ihres Vaters Bekanntheit und ihre Herkunft als Qualitätsmerkmale anzuführen. 1794 zieht Barbara mit ihrem Mann und Sohn Johann August in die fürsterzbischöfliche Residenzstadt Salzburg, weil sie sich dort weniger künstlerischer Konkurrenz stellen muss. Die Stadt zählt damals 16 000 Einwohner und ist bereits vom Geist der Aufklärung geprägt. Sehr rasch erhält sie Aufträge für großformatige Repräsentationsporträts durch Salzburger Adelsfamilien, so etwa von Graf und Gräfin Kuenberg oder von Franz Xaver Altgraf von Salm-Reifferscheidt, aber auch von wohlhabenden Bürgerfamilien. Alle hier geschaffenen Porträts bemühen sich um eine Deutung des Charakters der dargestellten Person, was sich besonders in den Mund- und Augenpartien abzeichnet. Die Porträts der Salzburger Bürger*innen zeugen durch die genaue Darstellung von teuren Stoffen und prachtvollem Schmuck von der Wohlhabenheit der Dargestellten. Obwohl sie nur zwei Jahre in der Stadt verbringt, entstehen damals viele bedeutende Porträts, von denen das Salzburg Museum eine Reihe besitzt.

      Von Salzburg übersiedelt sie in ihre Geburtsstadt Iglau und geht 1797 nach Prag. Die Gründe für ihren oftmaligen Ortswechsel sind unbekannt. Vermutlich hat die Adelsfamilie Kuenburg eine Vermittlerrolle gespielt. Zudem ist Prag weitaus größer als Salzburg und zeigt ein reges kulturelles Leben. In den sieben Prager Jahren entstehen wieder eine Reihe von Porträts und auch ihr einziges Altarbild für die Pfarrkirche von Bubeneč, einem Stadtteil von Prag.

      Als Barbara Krafft 1804 nach Salzburg zurückkehrt, ist Salzburg mittlerweile durch die Napoleonischen Feldzüge zu einem Spielball der europäischen Politik geworden. Das geistliche Fürsterzbistum ist jetzt ein weltliches Kurfürstentum, das 1806 unter die Habsburgerherrschaft, 1809 unter


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