Medienwissenschaft und Mediendidaktik. Группа авторов

Medienwissenschaft und Mediendidaktik - Группа авторов


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bereits 1993 die Bertelsmann-Studie zum Leseklima in der Familie unternommen und ist dabei zu einem interessanten Ergebnis gelangt:

      Nicht nur in Familien, in denen das Buchlesen im Vergleich zum übrigen Mediengebrauch dominiert, finden wir Kinder, die gern lesen, sondern auch in Familien, in denen man sich einer Vielzahl von Medien intensiv zuwendet. (Hurrelmann, Hammer & Nieß 1993: 38)

      Die Autorengruppe um Hurrelmann stellt fest, dass neben den familiär geprägten Sozialisationsbedingungen vor allem die Mediennutzungsmuster ausschlaggebend dafür sind, ob ein Kind zum Leser oder Nichtleser wird. Zu einem ähnlichen Resultat kommen Rupp, Heyer & Bonholt (2004), die in ihrer Studie zu Lesen und Medienkonsum zunächst verschiedene Mediennutzungstypen herauskristallisieren, jedoch darüber hinaus feststellen, dass „der nachhaltige und dramatische Medienwandel der letzten zwanzig Jahre eine außerordentlich vielgestaltige Bandbreite an Nutzungsarten und Nutzungsorientierungen ergeben kann“ (Rupp et al. 2004: 208). Eine Korrelation zwischen Mediengebrauch und Sprachentwicklung bleibt, gerade wenn man das Lesen und Schreiben nicht eng auf Printmedien und manuelles Tun reduziert, weiterhin problematisch. Im Gegenteil, gilt es doch an mancher Stelle seine Vorurteile zu revidieren, wenn laut der Studie Lesen in Deutschland jeder zweite Intensivnutzer digitaler Medien sich selbst zugleich als Intensivleser einstuft (Schulz 2009: 70).

      1.3.3 Multiliteralität und Spracherwerb

      Im Jahre 1994 wurde der Terminus der multiliteracies pedagogy von der New London Group erstmalig definiert. Eine Gruppe aus Wissenschaftlern aus den USA, Australien und Großbritannien erarbeitete zusammen ein Konzept, „mit dem sich die monolithische Struktur des tradierten Literalitätsbegriffs aufbrechen lässt“ (Bach 2007: 24). Folgt man der New London Group (vergleiche NLG 1996), so umfasst MultiliteralitätMultiliteralität ein äußerst komplexes Spektrum von Teilkompetenzen, das in seiner Vielfalt das Ziel hat, das Individuum für ein zunehmend vernetztes Europa zu stärken (vergleiche Elsner, Küster & Viebrock 2007; Küster 2007). In diesem Sinne gestaltet sich sprachliches Lernen im Rahmen einer Multiliteralitätsdidaktik multimedial sowie multimodal. Es setzt am vorhandenen sprachlichen, medialen und interkulturellen Erfahrungswissen an und zielt darauf ab, zur Kompetenzerweiterung beizutragen, indem die verschiedenen Dimensionen von multiliteracy einbezogen werden (siehe dazu Abbildung 1.9), um die Lerner zu befähigen, in komplexen und sich verändernden mehrsprachigen, interkulturellen und multimedialen Kontexten zu interagieren. Multiliteralität beinhaltet demnach sowohl „mündliche als auch schriftliche Fähigkeiten in mehreren Sprachen“ (Wildemann 2011: 279). Es ist allerdings ein Irrtum anzunehmen, dass sich multiliteracies ausschließlich über das Lesen und das Schreiben bestimmen lassen, vielmehr fokussiert es auch „social practices and relationships, about knowledge, language and culture“ (UNESCO 2010). Das Konzept der multiliteracies pedagogy stützt sich somit „auf zwei gesellschaftliche Veränderungen [ab], zum einen die sprachlich-kulturelle Diversität und zum anderen die fortschreitende Entwicklung der Kommunikationstechnologien“ (Wildemann 2011: 278). Folglich zielt eine Multiliteralitätsdidaktik darauf ab, die vorhandene sprachliche Vielfalt aufzugreifen und im schulischen Kontext durch arrangierte Lernsettings, in denen Sprachenlerner interaktiv und autonom ihre mehrsprachigen Kompetenzen entwickeln und ausbauen können, zu erweitern. Hierbei sind die vorhandenen und zu erlernenden Sprachen Ausgangs- und Zielperspektive zugleich.

      Abbildung 1.9:

      Dimensionen einer Multiliteralitätsdidaktik (Erweiterung von Wildemann 2011: 280)

      Multilinguale und monolinguale Lerner begeben sich auf diese Weise in einen Begegnungsraum, der sowohl sprachliche als auch interkulturelle Dimensionen des Lernens beinhaltet. Interkulturalität beinhaltet dabei in Anlehnung an Welschs Transkulturalitätsbegriff ein Verständnis von Kulturen, die „hochgradig miteinander verflochten [sind]“ (Welsch 1995), und daher individuell, flexibel und quer verlaufend sind (vergleiche Wildemann 2008, 2010; Wildemann & Hoodgarzadeh 2008).

      1.3.4 Medienhandeln in der interkulturellen Unterrichtspraxis

      MedienkompetenzMedienkompetenz ist ein zentrales Leitziel des medienintegrativen beziehungsweise intermedialen Deutschunterrichts (vergleiche dazu Barth 1999; Bönnighausen 2010; Vach 2005). Sie lässt sich wiederum unterteilen in die beiden Zieldimensionen Wahrnehmungs- und Handlungskompetenz und somit in rezeptive und produktive Fähigkeiten im Umgang mit verschiedenen Medien. Beide Teilaspekte finden sich in der Definition von Bartsch wieder:

      Medienkompetenz (als Gegenstand und Ziel von (Medien-)Bildung) beschreibt (ganz im Sinne des Kompetenzbegriffs nach Weinert) die Summe der anwendungsbereiten Kenntnisse, der motivationalen und volitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten eines Menschen als Qualität, auf die vielfältigen Herausforderungen der Medienwelt angemessen zu reagieren, Medien für die eigene Lebensgestaltung selbstbestimmt zu nutzen sowie auf diese Welt aktiv handelnd Einfluss zu nehmen (also es nicht nur zu können, sondern es auch zu tun). (Bartsch 2010)

      Eine Ausdifferenzierung der Teilkompetenzen auf der Grundlage von Rezeption und Produktion hat Barth bereits 1999 vorgenommen. Ich halte diese Unterteilung nach wie vor für hilfreich, da sie sowohl mediales Wissen als auch Handeln in den Blick nimmt (siehe auch Barsch 2014). Sie berücksichtigt dabei zudem reflexive und ästhetische Verarbeitungsprozesse im Umgang mit Medien (vergleiche Barth 1999: 15f):

      Nutzungskompetenz

       zum Beispiel Schreiben und Lesen am Computer

       Kommunikation mithilfe der Informationstechnik

       Informationsbeschaffung im Netz (Lektüre von Hypertexten, Auswahl von Informationsangeboten)

      Kritikkompetenz

       Einsichten in die Prozesse der digitalen Kommunikation

       Aufmerksamkeit für den Wandel kommunikativer Strukturen

       Wahrnehmung von Medienentwicklungen

       Reflexion über eigene Medienerfahrungen

      Ästhetische Kompetenz

       Sensibilisierung gegenüber den vielfältigen kommunikativen Qualitäten auditiver, audiovisueller, multimedial-interaktiver Medien

       Leichteres Durchschauen und Entschlüsseln dieser kommunikativen Qualitäten (in Verbindung mit der Kritikkompetenz)

       Intensiveres Erleben der Medien

      Gestaltungskompetenz

       Verfassen von Medientexten mit Kassettenrekorder, Videokamera, Schreib-, Editoren-, Layout- und Präsentationsprogrammen etc.

       Produktionsorientierte Verfahren beziehungsweise Projekte

      Tatsache ist, dass sich Kinder und Jugendliche heutzutage in den drei Feldern Medialität, Mehrsprachigkeit und Interkulturalität mehr oder weniger intensiv bewegen. Dabei handelt es sich nicht immer um bewusst gestaltete Alltagshandlungen, sondern vielmehr um alltagsimmanente Erscheinungsformen. Für Menschen mit Migrationshintergrund gilt dabei, dass sie die verschiedenen technischen Medien in zunehmendem Maße nutzen, wobei insbesondere bei den Jüngeren, so die Prognose der aktuellen ARD/ZDF-Studie Migranten und Medien 2011 mit einer Angleichung der Mediennutzung an die Gesamtbevölkerung zu rechnen ist (vergleiche ARD/ZDF-Medienkommission 2011). Aufgabe von Schule ist es, an vorhandene Kompetenzen anzuknüpfen, dies gilt für sprachliche, mediale und interkulturelle Kompetenzen. Der theoretische Ansatz einer Multiliteralitätspädagogik beziehungsweise -didaktik wurde bereits skizziert. An dieser Stelle sollen nun mögliche Umsetzungsformen für mediales und sprachliches Handeln in interkulturellen Zusammenhängen vorgestellt werden.

      1.3.5 Umsetzungsformen

      Zweisprachige Bilderbücher lesen, hören, klicken (Klasse 2/3)

      Das Buch Kleiner


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