Neulateinische Metrik. Группа авторов

Neulateinische Metrik - Группа авторов


Скачать книгу
soll die Jugend auf humorvolle Weise zu Fleiß und Sittsamkeit erziehen. Man könnte sie aber auch ein Lehrstück über den Nutzen der Prügelpädagogik nennen! Die besorgte Mutter Philotecnium (eine hübsche Neubildung, wie sie alle Neulateiner lieben: „Kinderlieb“), die sich über die prügelnden Lehrer empört, muss sich zum Schluss belehren lassen, dass ihr verkommener Sohn und sein Freund nur diese Methode verdient haben. Vgl. Philotecniums Rede aus der ersten Szene des 1. Aktes (Edition Bolte 1897)Macropedius, GeorgiusRebelles:

Cum aetatis huius et peracti temporis
rationem habeo, considero haud me paucula
Paschalia edisse ova; nam rugosa fit
cutis genaeque flaccidae, canis quoque 80
respersa tempora. Quin et ipse filius
iam natus annos quindecim puellulam
me pernegat. Sed neque parum accelerant mihi
gravem hanc senectutem graves curae omnium
rerum domesticarum et immitis iugum 80
mariti et ingens prolium curatio,
quibus locupletandis honestandisque diu
noctuque pervigilo. Nam ob istuc Dyscolum
gnatum meum, qui grandior natu est, scholis
primum docendum tradidi; et mirum in modum 90
proficeret, id si liceat heu per improbam
didascalorum amentiam, qua tenerior
pueri cutis diverberatur: et eadem
est omnibus crudelitas doctoribus,
quasi sit rigore docendus, haud clementia. 95

      Wenn ich Gegenwart und Vergangenheit zusammenrechne, denke ich, dass ich nur winzige Ostereier zu essen bekommen habe. Denn die Haut wird runzlig und die Backen schlaff, auch die Schläfen sind von grauen Haaren übersät. Ja auch der Sohn selbst, der schon 15 Jahre alt ist, sagt mir, dass ich kein junges Mädchen mehr bin. Aber die schweren Sorgen um alle häuslichen Pflichten und das Joch des unerbittlichen Ehemannes und die gewaltige Fürsorge für die Kinder beschleunigen sehr dieses schwere Alter. Um ihnen Reichtum und Ehre zu verschaffen, wache ich bei Tag und Nacht. Denn deswegen habe ich meinen Sohn Dyscolus, der der ältere ist, als ersten zur Belehrung in die Schule geschickt. Und er würde erstaunliche Fortschritte machen, wenn es bei der bösen Dummheit der Lehrer möglich wäre, von der die allzu zarte Haut des Knaben verprügelt wird. Und alle Lehrer haben die gleiche Grausamkeit, als ob man mit Strenge lehren müsste, nicht mit Sanftmut.

      Macropedius verwendete für die Monologe und Dialoge nur iambische TrimeterIambusTrimeter mit Ausnahme des 4. und 5. Aktes, wo er auch iambische TetrameterIambusTetrameter und iambische SeptenareIambusSeptenar wagte. Ein einziges Mal gebraucht er den ganz ungewöhnlichen trochäischen TrimeterTrochaeusTrimeter. Den Enden der Akte 1 bis 4 verleiht er durch die iambischen DimeterIambusDimeter der beiden Teufel Lorcoballus und Marcolappus und des Chores eine Art strophischer Responsion, die es nicht in früheren Dramen gab. Das Ziel ist offenkundig, mithilfe der einfachen und korrespondierenden metrischen Formen den dramatischen Bau für die Schüler durchsichtig zu halten. Der Dialog wirkt infolge zahlreicher Enjambements und Antilabai sehr lebendig.

      Literaturverzeichnis

      1. Primärtexte

      Birck, Sixt: Iudith Drama comicotragicum, Augsburg [1544?] und Köln 1544 (dt. 1539).

      Buchanan, George: Tragedies, herausgegeben von Peter Sharratt/Patrick G. Walsh, Edinburgh 1983.

      Corraro, Gregorio: Progne, herausgegeben von Gary G. Grund in: Humanist Tragedies, Cambridge, Mass. 2011, 110–187.

      Dati, Leonardo: Hiensal [Hiempsal], herausgegeben von Joseph R. Berrigan in: Humanistica Lovaniensia 25, 1976, 85–145.

      Gnapheus, Gulielmus (Willem de Volder): Acolastus, Antwerpen 1529.

      Loschi, Antonio: Achilles [Achiles], herausgegeben von Alvise da Schio/Joseph R. Berrigan, München 1975 (Humanistische Bibliothek 2,17).

      Macropedius (Lanckvelt), Georgius: Rebelles und Aluta, herausgegeben von Johannes Bolte, Berlin 1897 (Lateinische Litteraturdenkmäler des XV. und XVI. Jahrhunderts 13).

      Muret, Marc Antoine: Julius Caesar; Michael Virdung: Brutus. Zwei neulateinische Tragödien. Herausgegeben von Andreas Hagmaier, München 2006 (Beiträge zur Altertumskunde 235).

      Mussato, Albertino: Écérinide, épîtres métriques sur la poésie, Songe, herausgegeben von Jean-Frédérique Chevalier, Paris 2000 (Les Classiques de l’Humanisme).

      Mussato Albertino: Argumenta tragoediarum Senecae, commentarii in L. A. Senecae tragoedias, fragmenta nuper reperta, herausgegeben von Anastasios Ch. Megas, Thessaloniki 1969.

      Roulers, Adrien: Stuarta Tragoedia, herausgegeben von Roman Woerner, Berlin 1906 (Lateinische Litteraturdenkmäler des XV. und XVI. Jahrhunderts 17).

      Sapidus, Johannes: Anabion, herausgegeben von Wolfgang F. Michael/Douglass Parker, Bern 1991.

      Treveth, Nicolaus: Expositio Herculis furentis, herausgegeben von Vincenzo Ussani jr., Rom 1959.

      Telesio, Antonio (Thylesius Consentinus¸ Antonius): Imber aureus, herausgegeben von Jan-Wilhelm Beck, Frankfurt a.M. 2000 (Bibliotheca Humanistica 7).

      2. Sekundärtexte

      Berrigan, Joseph R.: Early Neo-Latin Tragedy in Italy, in: Jozef Ijsewijn/Eckhard Kessler (Hg.): Acta Conventus Neo-Latini Lovaniensis, München 1973, 85–93 [zu Loschi].

      Berrigan, Joseph R.: Latin Tragedy of the Quattrocento, Humanistica Lovaniensia 22, 1973, 1–9.

      Blänsdorf, Jürgen: Die Verwandlung der senecanischen Tragödie in Marc-Antoine Murets „Julius Caesar“ und Jacques Grévins „César“, International Journal of the Classical Tradition 1, 1994, 58–74.

      Bloemendal, Jan (Hg.): Neo-Latin Drama. Forms, Functions, Receptions, Hildesheim 2008.

      Braden, Gordon: Renaissance Tragedy and the Senecan Tradition, New Haven 1985.

      Bradner, Leicester: The Latin Drama of the Renaissance (1314–1650), Studies in the Renaissance 4, 1957, 31–70 (55–70 List of Original Neo-Latin Plays Printed before 1650).

      Cloetta, Wilhelm: Beiträge zur Literaturgeschichte des Mittelalters und der Renaissance. 2 Bde., Halle a. S. 1890/1892 (ND Leiden 1975).

      Creizenach, Wilhelm: Geschichte des neueren Dramas, Bd. 1: Mittelalter und Frührenaissance [1893], Halle a. S. 21911; Bd. 2: Renaissance und Reformation, 1. Teil [1901], ebd. 21918.

      Ford, Philip: Neo-Latin Prosody and Versification, in: Philip Ford/Jan Bloemendal/Charles Fantazzi (Hg.): Brill’s Encyclopedia of the Neo-Latin World, Leiden 2014, 63–74.

      Herrick, Marvin Th.: Italian Tragedy in the Renaissance, Urbana, IL 1965.

      Ijsewijn, Jozef/Sacré, Dirk: Companion to Neo Latin Studies, 2 Bde., Löwen 1990/1998 [Bd. 1,


Скачать книгу