Lehrwerksintegrierte Lernvideos als innovatives Unterrichtsmedium im fremdsprachlichen Anfangsunterricht (Französisch/Spanisch). Elena Schäfer

Lehrwerksintegrierte Lernvideos als innovatives Unterrichtsmedium im fremdsprachlichen Anfangsunterricht (Französisch/Spanisch) - Elena Schäfer


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Gegensatz dazu haben die neuen Speichermedien, abgesehen von geringen Anschaffungskosten, den Vorteil, dass sie neben einer hohen Speicherkapazität auch über einen besseren Klang verfügen und nicht zuletzt dank des Internets einfach und schnell zu erwerben sind. Zudem ermöglicht die direkte Titelauswahl eine einfache Handhabung für die schulische Praxis:

      Szenen des Films können in Sekunden gefunden werden, da die DVD in Kapitel unterteilt ist und sogenannte Lesezeichen zulässt, mit denen man den Film in individuelle Szenen einteilen kann. DVDs stellen neben einer enormen Bildqualität auch die direkte Auswahl von Sequenzen, Standbildern, Vergrößerungen – manchmal auch Perspektivenwechsel – zur Verfügung […] und bieten Untertitel in verschiedenen Sprachen sowie zusätzliches Bildmaterial an (Grünewald/Küster 2009, 167).

      Angesichts dieser Vorzüge ist es kaum verwunderlich, dass die DVD als Speichermedium aus dem modernen Fremdsprachenunterricht nicht mehr wegzudenken ist. Wie die vorausgehenden Ausführungen gezeigt haben, ist der technische Stand von heute auf eine langjährige mediengeschichtliche und fachdidaktische Entwicklung zurückzuführen, die den Einsatz statischer wie auch bewegter Bilder in Form fremdsprachlicher Lernvideos überhaupt ermöglicht haben.

      Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse und unterrichtsrelevanter Publikationen kann Abbildung 3 entnommen werden. Die x-Achse dient als zeitliche Orientierung von den Anfängen Comenius’ bis hin zu den ersten fremdsprachlichen Lernvideos um die Jahrhundertwende. Die darüber liegenden Pfeile markieren dagegen die fremdsprachendidaktische Auf- und Abwertung (audio-)visueller Medien im Fremdsprachenunterricht. Sie stehen im Zeichen der sogenannten fünf großen Methoden der Fremdsprachendidaktik (Grammatik-Übersetzungsmethode, Reformbewegung/Direkte Methode, Audiovisuell global-strukturelle Methode, Kommunikativer Ansatz, Neokommunikativer Ansatz).

      Was die Form des Speichermediums betrifft, so zeichnet sich parallel zum Einsatz der DVD aktuell ein weiterer Trend ab, der in den kommenden Jahren sicherlich an Relevanz gewinnen wird. Er ist Gegenstand des folgenden Abschnitts.

      FSU = Fremdsprachenunterricht

      Abb. 3: Die mediengeschichtliche Entwicklung vom statischen Bild zu den ersten fremdsprachlichen Lehrfilmen

      2.3 Onlineressourcen statt DVDs – ein künftiger Trend?

      Seit der letzten Jahrhundertwende hat sich technisch einiges verändert. Während der Anfang der 1990er Jahre noch voll und ganz der Kommerzialisierung des World Wide Web verschrieben war, verkörpert das Web 2.0 gegenwärtig ganz im Gegensatz zu den Anfangsjahren ein neues Internetverständnis, das seine Nutzer sowohl zur aktiven Interaktion, Kommunikation als auch zum Daten- und Informationsaustausch befähigt, ohne dabei fachspezifische Computerkenntnisse abzuverlangen. Folglich gelten neben „Wikis [und] Weblogs […] [mittlerweile ebenso] Bild- und Videoportale“ als klassische Beispiele der netzbasierten Mitgestaltung (Grünewald 2011, 5). Unabhängig davon, wo man sich gerade befindet, erlauben jene Internetportale den direkten Zugriff und das Abspielen (audio-)visueller Inhalte.1 Diese Dienste werden jedoch nicht nur von Privatpersonen genutzt. Auch Schulbuchverlage machen sich die Möglichkeiten des Internets zu Nutze, indem sie das Speichermedium DVD zu Gunsten einer Speicherung im Web ersetzen oder parallel anbieten.

      Zwar sind die Inhalte der Lernvideos innerhalb des Schulbuchsektors bisher nur vereinzelt und keineswegs flächendeckend online verfügbar, das Angebot außerhalb des Schulbuchsektors zeigt jedoch, dass das Web zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein äußerst verlockendes und vielversprechendes Medium zur Speicherung audiovisueller Inhalte darstellt (cf. Kap. 6.1.2; cf. Kap. 6.3.4.3). Dies gilt sowohl für fremdsprachliche Lernvideos als auch für sogenannte Erklärfilme (auch: Tutorials), die Schülern in Ergänzung zum Unterricht grammatikalische Themen anschaulich erklären. Letztgenannte werden seit dem Jahr 2015 auch von Schulbuchverlagen bereit gestellt (e.g. Erklärfilme zu Déc série jaune)2. Grund hierfür ist nicht allein die Tatsache, dass die Inhalte jederzeit und von überall durch nur einen Mausklick oder aber das Scannen eines QR-Barcodes aufgerufen werden können.3 Womöglich könnten sogar Produktions- und Anschaffungskosten reduziert werden. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Frage nach dem Speichermedium in den kommenden Jahren entwickeln wird.

      3 Mentale Prozesse bei der Rezeption und Verarbeitung audiovisueller Daten

      Das Medium Film hat in der Vergangenheit nur zögerlich Einzug in das fremdsprachliche Klassenzimmer gehalten. Gründe für dieses eher marginale Dasein liegen nicht zuletzt in den damit verbundenen Schwierigkeiten und Herausforderungen, die es zu überwinden und zu meistern gilt. Die anfängliche Zurückhaltung geht oft mit der Befürchtung einher, dass viele Personen mit der Bilderflut der Massenmedien kognitiv überfordert sind und in der Masse der Informationen ertrinken. Dabei ist nicht die Menge an Informationen das Problem, „sondern der effektive Umgang damit“ (Ballsteadt 2004, 12).

      Bei der Rezeption audiovisueller Daten im Klassenzimmer wird der Lernende sowohl mit visuellen als auch mit verbalen Informationen konfrontiert. Unabhängig davon, wie gut das zu Grunde liegende audiovisuelle Medium ist, so ist sein Einsatz erst dann effektiv, wenn „[…] sich der Lehrer über sein Ziel, d.h. über kognitive, affektive und psychomotorische Lernziele […]“ bewusst ist (Spreitzer 1977, 117). Folglich fordert die audiovisuelle Rezeptionsdidaktik nicht nur Kenntnisse über medienimmanente Zusammenhänge (cf. Schludermann 1981, 117), sondern ebenso über die Rezeption und Verarbeitung audiovisueller Daten. Das Wissen des Lehrers über diesbezügliche mentale Prozesse stellt daher eine wichtige Grundlage für die systematische Erarbeitung von Übungsformen dar, um Schüler in ihrem Hör-Seh-Verstehen zu schulen. In diesem Sinne zielt das vorliegende Kapitel darauf ab, einen Einblick in lernpsychologische Aspekte zu ermöglichen und auf dieser Basis adäquate Übungsstrategien hinsichtlich audiovisueller Datenverarbeitung vorzustellen.

      3.1 Audiovisuelle Informationsverarbeitung

      Bei der Ausstrahlung audiovisueller Dokumente findet eine Informationsübertragung mittels verschiedener Sinneskanäle statt: dem visuellen und dem akustischen. Anders als bei realen Kommunikationssituationen können Sender und Empfänger audiovisueller Inhalte einander in ihren Aussagen und ihrem Sprechtempo nicht beeinflussen. Ein Eingriff in die präsentierten Inhalte ist nicht möglich, weswegen die Informationsaufnahme einseitig durch den Rezi­pienten stattfindet. Da es sich um eine sogenannte Einwegkommunikation handelt, besteht die Aufgabe und Leistung des Hör-Sehenden zum Zeitpunkt der audiovisuellen Rezeption darin,

      informative Signale, die ihm über mehrere Sinneskanäle zugeführt werden, und die zudem ganz unterschiedlichen semiotischen Systemen angehören, auf[zu]nehmen und zu sinnvollen Bewusstseinsinhalten [zu] verschmelzen (Scherer 1984, 20).

      Man spricht hierbei allgemein auch von multimodaler Sprachverarbeitung, da der mentale Apparat aus verschiedenen sensorischen Modulen besteht: dem visuellen, auditiven, gustatorischen, taktilen und olfaktorischen Modul (cf. Ball­staedt 1988, 7). Die erfolgreiche Verarbeitung der wahrgenommenen Stimuli ist abhängig von dem Zusammenspiel verschiedener psychologischer, physiologischer und physikalischer Faktoren, die in gegenseitiger Wechselwirkung zueinander stehen und zu einer einheitlichen Wahrnehmung beitragen. Die zu Grunde liegenden Verarbeitungsprozesse sind allerdings derart komplex, dass insbesondere die Frage nach dem Integrationsmechanismus „auditiver und visueller sprachlicher Information […] bisher noch nicht ausreichend geklärt“ ist (Schmid 2007, 24).

      Um etwaige Verarbeitungsmechanismen besser zu verstehen und die verschiedenen Areale modalitätsspezifischer Verarbeitung zu lokalisieren, lohnt sich ein Blick in den Aufbau des menschlichen Gehirns: Demnach werden visuelle Reize im Okzipitallappen des Cortex (d.h. im hintersten Teil des Großhirns) verarbeitet, wohingegen empfangene auditive Signale in den Temporallappen (d.h. in den laterobasalen Teil des Großhirns) und taktile Informationen in den Parietallappen (auch: Schläfenlappen, d.h. in den mittleren/oberen Teil des Großhirns) geleitet werden.1

      Visuelle Daten werden verarbeitet, indem das Auge optische Reize in Form von einfallenden Lichtstrahlen aufnimmt. Diese werden bei Eintreten in das Auge mehrfach gebrochen und erzeugen bei einem emmetropen


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