Sittes Welt. Группа авторов
das Triptychon mit Predella Liebe S. 430, Son-My und der Chemiearbeiter am Schaltpult S. 413.64 Damit verfügte das Museum 1973 bereits über 20 Gemälde des Künstlers, während die Zahl in allen anderen Museen der DDR nach wie vor einstellig war. Auch die Kunsthalle Rostock erwarb im Nachgang zur Retrospektive zusätzlich zum bereits 1970 vom Ministerium für Kultur der DDR übereigneten Notstandsritter zwei Gemälde: Praktikantin und Zwei weibliche Akte.65 Das Großformat Mensch, Ritter, Tod und Teufel S. 370 f wurde bereits 1970 durch Übereignung vom Ministerium für Kultur in das Museum Junge Kunst in Frankfurt an der Oder überführt, das heutige Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst. Damit befanden sich zu Beginn der 1970er Jahre die Hauptwerke des Sitte’schen Schaffens in den öffentlichen Museumssammlungen in Halle (Saale), Berlin, Dresden, Rostock und Frankfurt. Nachdem Sitte 1972 eine erste große Einzelpräsentation in der Ost-Berliner Nationalgalerie sowie im Ausstellungszentrum des Verbands Bildender Künstler der UdSSR in Moskau erhalten hatte, folgten ab Mitte der 1970er Jahre bedeutende Personalausstellungen in Hamburg (1975, Kunstverein, organisiert gemeinsam mit der DKP von Uwe M. Schneede) und Frankfurt am Main (1978, Kunstverein, organisiert gemeinsam mit der DKP von Georg Bussmann) sowie 1977 die Teilnahme an der documenta 6 in Kassel. In diese Zeit fällt auch der Kontakt zu dem westdeutschen Unternehmer und Kunstsammler Peter Ludwig (1925–1996), für den Sitte als Verbandspräsident einerseits ein wichtiger Mittelsmann zur Regierung der DDR war, andererseits begann Ludwig, bedeutsame Arbeiten des Künstlers über den Staatlichen Kunsthandel der DDR zu erwerben, was dem Land dringend benötigte Devisen einbrachte.
1979 erhielt Willi Sitte den Nationalpreis der DDR I. Klasse für Kunst und Literatur „für seinen hervorragenden Beitrag zur Entwicklung der sozialistisch-realistischen Malerei“66. Daraufhin gelangte im September 1980 mit Freundschaft S. 415 ein weiteres Gemälde des Künstlers in die Sammlung des halleschen Kunstmuseums. Wie die bereits 1975 erworbene Sauna in Wolgograd S. 473 wurde auch dieses vom Rat des Bezirks überwiesen. Zum 60. Geburtstag 1981 wurden Sitte mehrere große Ausstellungen ausgerichtet: zum einen vom 5. April bis 14. Juni eine zweite Werkschau im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), in der 242 Arbeiten der 1950er und 1970er Jahre gezeigt wurden und die mit dem Minister für Kultur der DDR, Hans-Joachim Hoffmann (1929–1994), und Ursula Ragwitz (* 1928), Leiterin der Abteilung Kultur im ZK der SED, eröffnet worden war,67 zum anderen parallel dazu im Staatlichen Museum Schloß Burgk eine Schau seines Schaffens ausschließlich der 1960er Jahre68 und zum dritten im Zentralen Haus des Künstlers in Moskau die bis dahin größte Ausstellung mit 428 Werken.69 Im Kontext und Nachgang zur halleschen Werkschau konnte das Museum noch einmal drei Gemälde erwerben: zum einen im Juni 1981 als Geschenk des Künstlers das Porträt Heinz Schwarz, zum anderen im März 1983 als Ankäufe vom Künstler Multis
1989/90: Werke im Depot, Ausstellungen nur noch in Westdeutschland
Mit der friedlichen Revolution 1989 und der Wiedervereinigung 1990 brach das in den zurückliegenden vier Jahrzehnten durch den Künstler zum Teil hart Erfochtene mit einem Schlag in sich zusammen.71 Willi Sitte sah sich pars pro toto für das Kunst- und Kultursystem des Staates heftigen Vorwürfen und Angriffen ausgeliefert und reagierte mit Rückzug. So sagte er unter anderem mit gleichlautenden Schreiben am 29. Dezember 1989 für die nächsten Jahre in Bad Kösen, Zwickau und Prenzlau geplante Ausstellungsprojekte ab: „Die veränderte politische Situation in unserem Lande und bestimmte Entwicklungen auf den Gebieten der Kunst und der Kunstkritik mit Aktivitäten, die auch meine künstlerische Arbeit unmittelbar betreffen, zwingen mich, vorerst in der DDR jegliche Ausstellungsvorhaben zurückzuziehen und einzustellen. […] Für neue Ausstellungsaktivitäten muß ich eine Situation abwarten, die einen Pluralismus gewährleistet, in dem eine sachliche und qualitätvolle Einschätzung auch der realistischen Kunst in der DDR möglich ist.“72
Auf diesen Zeitpunkt wartete der Künstler zu Lebzeiten letztlich vergebens, vor allem in seiner ostdeutschen Heimat. So konstatierte er enttäuscht im Sommer 1990: „Für die DDR bin ich mehrfach gestorben. Ich existiere überhaupt nicht mehr.“73 Wie heftig und schmerzhaft die unmittelbare Umbruchszeit 1989/90 für den Künstler gewesen sein muss, äußert sich in seinem Ausstellungsverbot für den Osten Deutschlands. So antwortete er in einem Interview anlässlich seines 70. Geburtstags 1991 auf die Frage „Und die weiteren Pläne?“: „Ich resigniere nicht und ziehe mich nicht in ein Schneckenhaus zurück. Allerdings werde ich, so lange ich lebe, nicht mehr in den Ost-Bundesländern ausstellen.“74
In den 1990er Jahren zeigte sich das Ausstellungsgeschehen um die Kunst Willi Sittes dann auch entsprechend auf den Kopf gestellt: „Während seine Werke in der einstigen DDR in die Museumsdepots verbannt werden, sind Galerien in den alten Bundesländern längst auf den Künstler aufmerksam geworden, besonders auf den exellenten [sic!] Zeichner und Grafiker Sitte.“75 So fanden größere Präsentationen seines Schaffens zum Beispiel 1992 in Bochum, 1996 in Seeheim-Jugenheim und 1997 in Wittlich statt,76 nahezu ausschließlich in Galerien, kaum in Museen. Die deutsche Museumslandschaft – Ost wie West – duckte sich weg vor einer Auseinandersetzung mit und einer Positionierung zu dem Werk des derart mit dem untergegangenen Staatssystem verbundenen Künstlers. Die heftigen und in einer medialen „Schlammschlacht“ sondergleichen ausgetragenen Auseinandersetzungen 2000/01 um die erst vom Museum auf Beschluss seines Verwaltungsrats verschobene, schließlich von Sitte selbst abgesagte Ausstellung zu seinem 80. Geburtstag im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg haben das Schweigen der deutschen Museen nur noch verstärkt.
So fanden um den Nürnberger Eklat herum zwar in Bremen und Coburg gleichsam trotz dessen und erst recht Ausstellungen seiner Werke statt,77 in seiner Wahlheimat an der Saale zeigten 2001 jedoch nur der Hallesche Kunstverein im Rangfoyer des Opernhauses einige Lithografien und der Kunstverein “Talstrasse“ Malerei und Grafik anlässlich des Geburtsjubiläums des betagten Künstlers. Das mittlerweile in Trägerschaft des Bundeslandes Sachsen-Anhalt sich befindende und den Status eines Landeskunstmuseums habende Museum in der Moritzburg, das das Werk des Künstlers über Jahrzehnte so rege begleitet hatte, aber schwieg bzw. wurde sich plötzlich seiner Verantwortung bewusst und begann, über eine Ausstellung nachzudenken.78 In der lokalen Tageszeitung hieß es dazu: „‚Wir wollen das wagen‘, sagte Frau Schneider im Gespräch mit der MZ und betonte, dass das Konzept für die Retrospektive die Reibungspunkte und Kontroversen, die Bestandteil von Sittes Werk und seiner politischer [sic!] Rolle sind, ansprechen werde. Keinesfalls werde es eine unkritische Darstellung geben. Diesem Punkt habe auch Willi Sitte zugestimmt. Der Maler ist offenbar bereit, Werke aus seinem Bestand als Leihgaben zur Verfügung zu stellen. Er fühle sich mit der Ausstellung in der Moritzburg ‚zuhause angekommen‘.“79 Letztlich kam das Vorhaben wohl