Steuerstrafrecht. Johannes Franciscus Corsten
target="_blank" rel="nofollow" href="#ulink_e7473491-29f4-580a-bbf3-0a91a3805521">Das europäische Doppelbestrafungs- und Verfolgungsverbot, Art. 54 SDÜ67, 68
Literatur (Auswahl):
Bülte Blankette und normative Tatbestandsmerkmale im Steuerstrafrecht, GedS Joecks, 2018, S. 365; Gaede Grundkenntnisse des materiellen und formellen Steuerstrafrechts, JA 2008, 88; ders. Grundzüge der Verteidigung im Steuerstrafverfahren – Teil 1, JA 2008, 804; ders. Grundzüge der Verteidigung im Steuerstrafverfahren – Teil 2, JA 2009, 633; Kudlich/Wittig Strafrechtliche Enthaftung durch juristische Präventionsberatung? Teil 1, ZWH 2013, 253; Mösbauer Die Bedeutung der Definitionsnorm des § 369 AO für die steuerstrafrechtliche Ermittlungszuständigkeit der Finanzbehörden, wistra 1996, 252; Radtke Zusammenspiel von BFH und BGH auf dem Gebiet des Steuerstrafrechts, in: 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland: Festschrift für den Bundesfinanzhof, 2018, Bd. 1, S. 569; Ransiek/Hüls Zum Eventualvorsatz bei der Steuerhinterziehung, NStZ 2011, 678; Reichling/Lange Der Täterkreis der Steuerhinterziehung durch Unterlassen, NStZ 2014, 311; Rönnau Die Verkürzung von Kirchensteuern – ein Betrug ohne Folgen?, wistra 1995, 47; Schmitz Wie viel Strafe braucht der Steuerstaat?, FS Achenbach, 2011, S. 477.
1. Die Regelungssystematik des Steuerstrafrechts
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Kern des materiellen Steuerstrafrechts bilden die im Ersten Abschnitt des Achten Teils der AO (§§ 369–376) enthaltenen steuerlichen Strafvorschriften (Steuer- und Zollstraftaten, vgl. § 369 Abs. 1, s. § 369 Rn. 6 ff.), allen voran die Steuerhinterziehung gem. § 370. Weitere Strafvorschriften finden sich in Einzelsteuergesetzen wie etwa in § 26c UStG oder § 23 RennwettLottG. Die allg. Regelungen des Strafrechts finden Anwendung, solange das Steuerstrafrecht keine abweichenden Sonderregelungen enthält (§ 369 Abs. 2, Details s. § 369 Rn. 3).
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Daneben existiert eine Vielzahl bußgeldbewehrter steuerlicher Ordnungswidrigkeiten (Steuer- und Zollordnungswidrigkeiten, vgl. § 377 Abs. 1, s. dort). Sie finden sich im Zweiten Abschnitt des Achten Teils der AO (§§ 377–384) und in vielen Einzelsteuergesetzen.
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Das allg. Verfahrensrecht des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts findet Anwendung, solange keine Sonderregelungen vorgesehen sind (vgl. § 385 Abs. 1; § 377 Abs. 2) (Details s. § 385 Rn. 2; § 377 Rn. 2).
2. Das Steuerstrafrecht als Annex des Steuerrechts
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Karl Engisch hat einmal gesagt, dass derjenige, der einen Paragraphen eines Gesetzbuches anwende, gleichzeitig das ganze Gesetzbuch anwende.[1] Für das materielle Steuerstrafrecht gilt dies in gesteigertem Maße, insofern hier gleich eine Vielzahl von Gesetzbüchern, einschließlich europäischer Rechtsakte[2] und mitunter sogar ausländischen Rechts,[3] anzuwenden sind. Sie alle bilden die gesamte Steuerrechtsordnung und machen das Steuerstrafrecht zu einem Annex des Steuerrechts (zur prozessualen Entscheidungsverantwortung der (Steuer-)Strafgerichte s. Rn. 23 ff.).[4]
a) Die Vorgabewirkung des Steuerrechts
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Steuerstrafrecht und Steuerrecht stehen in enger Verbindung. Die Antwort etwa auf die Frage, ob bei der Steuerhinterziehung gem. § 370 durch das Machen von Angaben über „steuerlich erhebliche Tatsachen“ oder deren „pflichtwidriges“ Verschweigen „Steuern“ „verkürzt“ oder „nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“ wurden, ergibt sich erst aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis des Steuerrechts (Vorgabewirkung des materiellen Steuerrechts).[5]
b) Die Entstehungsdynamik des Steuerstraftatbestands
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Ein subsumierbarer Steuerstraftatbestand entsteht erst aus dem Zusammenlesen von steuerstrafrechtlicher Norm einerseits und inhaltsausfüllender steuerrechtlicher Norm andererseits (Verweisungstechnik des Steuerstraftatbestands).[6] Die grundsätzliche Vereinbarkeit dieser Verweisungstechnik mit dem Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 103 Abs. 2 GG ist verfassungsgerichtlich abgesichert[7] (s. auch Rn. 11).
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Die Rspr. interpretiert das Steuerstrafrecht als Blankettstrafrecht.[8] Dies mag rechtstheoretisch unpräzise[9] sein, ist aber verfassungsrechtlich abgesichert[10] und hat in der Rechtspraxis die wichtige Folgewirkung, dass damit auch das mit dem Blankettstrafrecht üblicherweise verbundene höhere verfassungsrechtliche Schutzniveau zur Anwendung kommt. Es ist nicht überzeugend, allein aus Gründen vermeintlicher rechtstheoretischer Folgerichtigkeit inhaltliche Folgerungen abzuleiten, die für den Normadressaten mitunter, etwa hins. Vorsatz- und Irrtumsfragen, nachteilig sind.[11]
c) Die Autonomie der prozessualen Entscheidung
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Trotz Vorgabewirkung des Steuerrechts liegt die Entscheidungsverantwortung in den alleinigen Händen des (Steuer-)Strafgerichts, das insofern autonom über die Erfüllung der Voraussetzungen der jeweiligen Steuerstraftat zu entscheiden hat (Einzelheiten s. Rn. 23 ff.).
3. Steuerstrafrecht und Verfassung
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Das Steuerstrafrecht unterliegt vielfältigen verfassungsrechtlichen Bindungen.[12] Besondere Probleme ergeben sich für das Steuerstrafrecht hins. gesetzlicher Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG; Rn. 10 ff.) und Vollzugsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG, s. Rn. 21 f.). Weitere Anforderungen des Verfassungsrechts betreffen die Rechtsanwendung im Steuerstrafrecht (s. Rn. 35 ff.).
aa) Das Gebot verfassungsmäßiger Bestimmtheit
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Für das Steuerstrafrecht