Tatherrschaft im Rahmen der Steuerhinterziehung. Malte Wietfeld
verwirklicht, im Gegensatz dazu ein erhöhter Maßstab angelegt werden. Die bloße Verletzung einer Pflicht darf gerade nicht ausreichen, um den Tatbestand zu erfüllen. Ohne eine entsprechende Änderung des Wortlautes von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO würde eine Anwendung des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO bei bloßer Verletzung einer spezifischen Pflicht daher gegen den Grundsatz „nullum crimen sine lege“ aus Art. 103 Abs. 2 GG verstoßen.
Auch die systematischen Überlegungen, die scheinbar für eine Interpretation des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO als Pflichtdelikt sprechen, greifen im Ergebnis nicht durch. Das Tätigen unvollständiger Angaben im Sinne des § 370 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AO ist im Ergebnis nicht mit dem Unterlassen steuerlicher Angaben im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO vergleichbar.[4] Unvollständige Angaben im Sinne der Nr. 1 kann jedermann tätigen, der überhaupt steuerlich erhebliche Angaben macht. Auf eine spezielle steuerliche Erklärungspflicht kommt es hierbei nicht an. Demgemäß ist es zwar zutreffend, dass einer Person, die spezielle steuerliche Erklärungspflichten im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AO treffen, beim Tätigen unvollständiger Angaben im Rahmen von Nr. 2 und Nr. 3 gleichzeitig der Vorwurf gemacht werden kann, keine vollständigen Angaben im Sinne der Nr. 1 getätigt zu haben. Auf diese Personen beschränkt sich diese Möglichkeit aber nicht. Derselbe Vorwurf kann daneben auch noch an Personen gerichtet werden, die keine Erklärungspflichten nach Nr. 2 und Nr. 3 treffen. Dies erweitert den persönlichen Anwendungsbereich des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO über die Fälle der Nr. 2 und Nr. 3 hinaus und macht deutlich, dass auch nicht persönlich verpflichtete Personen in der Lage sind, einen derartigen Tatverlauf zu beherrschen.[5] Würden solche Personen nicht von dem Anwendungsbereich des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfasst, hätte dies vermeidbare Strafbarkeitslücken zur Folge.[6] Wollte man § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO als Pflichtdelikt begreifen, könnte sich hiernach jedoch konsequenterweise nur ein persönlich Verpflichteter strafbar machen.
Insgesamt kann der Auffassung, § 370 Abs. 1 AO sei vollständig als Pflichtdelikt zu interpretieren, deshalb nicht gefolgt werden.
Anmerkungen
Wulf Handeln und Unterlassen im Steuerstrafrecht, S. 210 f.
In diese Richtung Haas Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 55.
In diese Richtung Haas Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, S. 55.
Ransiek Kohlmann Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 91.
Ransiek Kohlmann Steuerstrafrecht, § 370 AO Rn. 91.
Hellmann in HHSp., § 370 AO Rn. 70.
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