Internal Investigations. Dennis Bock
kann zudem umfassen, dass auch Anfragen der Ermittlungsbehörde zu konkreten Einzelfällen im Rahmen der Internal Investigation mit bearbeitet und beantwortet werden. Und des Weiteren, dass der Ermittlungsbehörde alle Informationen und Unterlagen herausgegeben werden, soweit sich bei der Internal Investigation konkrete und belastbare Hinweise auf neue, bisher noch unbekannte Korruptionssachverhalte ergeben. Ein ähnlicher Austausch ist in diesen Fällen möglicherweise auch mit der Steuerfahndung und mit ausländischen Behörden vorzunehmen. Er sollte daher innerhalb des Lenkungsausschusses koordiniert werden, so dass projektseitig nur eine Schnittstelle entsteht. Die Kommunikation mit den Behörden selbst kann dann von dem jeweils zum Projektlenkungsausschuss gehörenden Fachmann geführt werden (Leiter der Rechts-/Steuerabteilung, beauftragter Rechtsanwalt/Steuerberater). Bei derart komplexen Internal Investigations kommt dem Lenkungsausschuss jedoch auch eine besondere Verantwortung hinsichtlich der Vertretung des Projektes innerhalb des Unternehmens zu. Eine mögliche Priorisierung der Internal Investigation gegenüber anderen Projekten und den Standardprozessen muss von ihm gesetzt und zur Stärkung des Projektleiters in das Unternehmen kommuniziert werden. Umgekehrt hat er darauf zu achten, dass innerhalb des Projektes eine ausreichende Sensibilität für die berechtigten Belange unternehmensinterner Umfeldgruppen entsteht.
62
Die Frage, in welcher Weise die Kommunikation gegenüber unternehmensinternen und -externen Umfeldgruppen erfolgt, hat auch Auswirkungen auf die Binnenorganisation des Projektlenkungsausschusses. Je mehr Mitglieder dieses Gremium aufweist, desto sorgfältiger sollte die Ausgestaltung dieser Organisation erfolgen. Die Mitglieder haben u.a. festzulegen, in welcher Weise die Koordination und Leitung des Ausschusses erfolgt (gleichberechtigt, Sprecher/Vorsitzender), und nach welchen Regeln Entscheidungen getroffen werden sollen (Mehrheit, Konsens).
cc) Projektleiter
63
Der Projektleiter trifft innerhalb des durch den Projektauftrag ihm abgegrenzten Freiraumes die fachlichen, inhaltlichen und organisatorischen Entscheidungen im Projekt. Er ist somit eigenverantwortlich für die operative Abwicklung der Internal Investigation zuständig; er steuert sie, treibt sie voran. Dies ist eine herausfordernde Aufgabe, weil für eine in der Regel einmalige/neuartige Problemstellung ein Lösungsweg gefunden werden muss, unter Beachtung der Zeit-/Kosten-/Ressourcenrestriktionen und Qualitätsanforderungen. Der Projektleiter muss deshalb sowohl über Grundlagen des relevanten Fachwissens als auch über ausreichend Methodenwissen und Führungserfahrung verfügen, idealerweise insbesondere im Projektmanagement (zu weiteren zur Projektleitung befähigenden Kompetenzen siehe Rn. 9). Welche Bedeutung der Arbeit des Projektleiters für den Erfolg eines Projektes und damit auch seiner Qualifikation beizumessen ist, lässt sich daran ablesen, dass die ICB[20] nicht weniger als 15 Verhaltenskompetenzen auflistet, „die für das Projektmanagement und im Projektkontext wichtig sind“. Neben der Fähigkeit zur Führung gehören zu diesen Schlüsselkompetenzen laut ICB unter anderem Durchsetzungsvermögen, Ergebnisorientierung, Effizienz und Verlässlichkeit. Vergleichbare Aufzählungen[21] erweitern diesen Katalog um Kriterien wie Teamfähigkeit, Urteilsfähigkeit und Frustrationstoleranz. Dem Idealbild wird selten gerecht zu werden sein, deshalb gilt für die Auswahl des Projektleiters, dass dieser als Generalist auf möglichst vielen Gebieten über die für das Projektmanagement wünschenswerten Kenntnisse verfügen sollte. Spezialisten mit einem hohen Maß an Fachwissen sind tendenziell für die Leitung einer Internal Investigation weniger geeignet, weil die Gefahr besteht, dass sie sich zu sehr den inhaltlichen Aufgaben widmen und darüber die Gesamtsteuerung und Kontrolle des Projektes vernachlässigen.
64
Unterstellt, dass der Projektleiter von dem Auftraggeber bereits zu einem frühen Zeitpunkt ernannt worden ist und somit bereits in die Festlegung der Untersuchungsziele und -strategien eingebunden wurde, obliegen ihm im Weiteren folgende wesentliche Aufgaben:
– | Gestaltung und Einrichtung der Aufbau- und Ablauforganisationen für die Internal Investigation, |
– | Aufbau des Projektteams und Rekrutierung erforderlicher Ressourcen, |
– | fortlaufende Steuerung der Internal Investigation, |
– | Projektkommunikation und -dokumentation, |
– | Projektcontrolling. |
65
Der Projektleiter hat die Internal Investigation zu strukturieren und im Detail zu planen. Sowohl die Aufbauorganisation (vgl. zur allgemeinen Vorgehensweise Rn. 52 ff.) als auch die Ablauforganisation (siehe hierzu im Einzelnen Rn. 78) sind von ihm zu Beginn des Projektes auszuarbeiten. Bereits aus dem Grund, selbst den Überblick über das gesamte Projekt zu wahren, hat er ein an den Erfordernissen der Internal Investigation ausgerichtetes Planungs-, Überwachungs-, Steuerungs- und Informationssystem aufzubauen. Der Projektleiter hat dafür Sorge zu tragen, dass eine Projektorganisation entsteht, die eine effiziente Zusammenarbeit der an der Internal Investigation beteiligten Personen ermöglicht und einen funktionierenden Informationsfluss sicherstellt.
66
Hat sich der Projektleiter mit dem Auftraggeber und/oder dem Projektlenkungsausschuss über die Aufbau-/Ablauforganisation verständigt, so muss er sich um die Ermittlung und Beschaffung der erforderlichen Ressourcen bemühen, zuvorderst um den Aufbau des Projektteams. Die Auswahl der Mitglieder, in der erforderlichen Anzahl (Teamgröße) und mit der notwendigen Qualifikation (Teamzusammensetzung), ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für die Internal Investigation. Der Projektleiter muss entscheiden, welches Fachwissen benötigt wird, aus welchen Abteilungen demnach die Teammitglieder im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand rekrutiert werden müssen. Er muss ferner entscheiden, welche Dienstleistungen im Rahmen der Internal Investigation eingekauft werden müssen, d.h. insbesondere inwieweit externe Berater zu engagieren sind. Auch über die Besetzung von Arbeitskreisen und Fachausschüssen innerhalb der von ihm ausgearbeiteten Projektorganisation hat sich der Projektleiter Gedanken zu machen und dem Auftraggeber hierzu entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Sofern gemäß seinem Projektplan weitere Ressourcen, wie bspw. Rechenzentrumskapazitäten und Teamräume, benötigt werden, ist die Beschaffung dieser Ressourcen von dem Projektleiter vorzunehmen.
67
Mit Beginn der Internal Investigation hat sich der Projektleiter der fortlaufenden Projektsteuerung zu widmen. Das Untersuchungsziel ist in Teilaufgaben zu übersetzen, diese in Arbeitspakete und Vorgänge zu unterteilen und Arbeitsgruppen bzw. einzelnen Teammitgliedern zuzuordnen. In der Bearbeitung der ihnen zugewiesenen Aufgaben sind die Projektmitarbeiter anschließend zu führen und zu kontrollieren. In Bezug auf Untersuchungsziel und -vorgehensweise sind von ihm fortlaufend inhaltliche Entscheidungen zu treffen. Vorhandene Ressourcen sind zu managen. Erforderlich ist nach ICB[22] nicht nur die „Ermittlung und Zuweisung geeigneter Ressourcen mit der erforderlichen Qualifikation“, sondern auch „die Optimierung der Ressourcenverwendung im vorgesehenen Zeitraum sowie die fortlaufende Überwachung und Steuerung der Ressourcen“. Dies schließt sowohl die Teammitglieder, d.h. die personellen Ressourcen, ein, als auch die für das Projekt erforderliche Infrastruktur (z.B. Informationstechnologie). Benötigte Dienstleistungen sind rechtzeitig einzukaufen, genehmigte Projektbudgets freizugeben. Während der Dauer der internen Untersuchung hat der Projektleiter die Aufrechterhaltung der eingerichteten Projektorganisation sicherzustellen, sich um deren Aktualisierung zu bemühen und ggf. erforderliche Änderungen anzustoßen.