Internal Investigations. Dennis Bock
Investigations: Definition und rechtstatsächliche Erkenntnisse zu internen Ermittlungen in Unternehmen › III. Begriffsbestimmung „Internal Investigation“
1. Definitionsansätze der Literatur
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Der Begriff der Internal Investigations fokussiert nicht bloß eine allgemeine Sachverhaltsaufklärung, sondern einen spezifischen Typ von Untersuchung.[1] In der deutschsprachigen Literatur existieren dazu bereits Definitionsansätze, die sich voneinander vor allem in ihrem Ausgangspunkt unterscheiden.
a) Definition nach einem „Drei-Kriterien-Modell“
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Die erste Möglichkeit einer definitorischen Eingrenzung des Begriffs der Internal Investigations liegt in der Heranziehung von Einzelkriterien. Genannt werden in diesem Zusammenhang von der einschlägigen Literatur vor allem drei Merkmale: 1. die repressive Ausrichtung der Maßnahmen, 2. die Hinzuziehung externer Berater sowie 3. der Zusammenhang mit einem (drohenden) Straf- oder zumindest Bußgeldverfahren.
aa) Repressive Zweckrichtung/Ahndung von Fehlverhalten
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Unter anderem bei Momsen[2] findet sich zunächst der repressive Charakter unternehmensinterner Untersuchungen genannt. Während es bei Compliance-Maßnahmen darum gehe, Risiken im Vorfeld zu vermeiden, fokussierten Internal Investigations eine Reaktion auf bereits begangene Regelverstöße mit dem Ziel ihrer Aufklärung und einer Folgenbegrenzung. Momsen bezeichnet unternehmensinterne Ermittlungen daher als „repressive Facette der Compliance“.[3] Diese repressive Zweckrichtung der Ermittlungsmaßnahme setzt voraus, dass der Verdacht eines Verstoßes gegen bestehende Gesetze oder sonstige Regeln besteht.[4]
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Auf welche Art von Fehlverhalten die Maßnahme abzielt, ist dabei noch nicht klar umrissen. Teilweise wird hier der „Verdacht einer Straftat“ genannt.[5] Demgegenüber handelt es sich bei einer Internal Investigation nach Auffassung von Vogt um eine unternehmensinterne Untersuchung, die vor allem der Aufklärung von compliance-relevanten Pflichtverletzungen der Unternehmensleitung und der Mitarbeiter dient, also jegliches Fehlverhalten betrifft, sofern es compliance-relevant ist.[6] Nach a.A. bleibt der Begriff der Internal Investigation auf Fehlverhalten der Unternehmensleitung zu reduzieren,[7] soll also Fehltritte einzelner Mitarbeiter nicht erfassen.
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Faktisch werden strafrechtlich relevante Regelverstöße den wesentlichen Anwendungsbereich unternehmensinterner Ermittlungen ausmachen. Diesen Rückschluss erlaubt schon ein Blick in die einschlägigen Pressemeldungen, wonach vor allem große Unternehmen hierzulande häufig als Reaktion auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen eigene Untersuchungen anstellen.[8] Im Übrigen besteht jedoch kein Anlass zu einer terminologischen Reduzierung der Internal Investigations auf Straftaten (ggf. unter Einschluss von Ordnungswidrigkeiten); erfasst wird somit jegliches compliance-relevantes Fehlverhalten.
bb) Hinzuziehung externer Berater
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Elementar und (soweit ersichtlich) von allen Autoren als wesentliches Element[9] genannt ist das Kriterium einer Hinzuziehung externer Berater bzw. Ermittler. Bei den mitwirkenden Personen handelt es sich in der Praxis größtenteils um spezialisierte Rechtsanwälte, zum Teil auch um Wirtschaftsprüfer, die im Auftrag des betroffenen Unternehmens tätig werden.[10] Terminologisch korrekter wäre es also, nicht von „internen“, sondern lediglich von „nicht-staatlichen“ Ermittlungen zu sprechen.[11]
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Neben der Möglichkeit, Externe mit der Untersuchung zu beauftragen, kann eine Sachverhaltsaufklärung auch von einer unternehmenseigenen Innenrevision durchgeführt werden.[12] Hierbei handelt es sich allerdings nicht um Internal Investigations i.e.S., sondern um eine bloß innerbetriebliche Maßnahme, die insbesondere nicht mit derselben positiven Publizitätswirkung verbunden ist. Aus diesem Grund bedienen sich insbesondere große Unternehmen,[13] zunehmend aber in gleicher Weise der Mittelstand,[14] externer Unterstützung durch Fachleute, um entsprechende Effekte in Sachen Imagepflege zu erzielen.
cc) Zusammenhang mit staatlichem Verfahren
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Drittens soll die Ermittlung im Zusammenhang mit einem (drohenden) staatlichen Verfahren wegen der genannten Regelverletzungen stehen.[15] Maßgeblich dabei ist, dass das vorangegangene Fehlverhalten von staatlicher Seite geahndet und mit unternehmensbezogenen Unrechtsreaktionen belegt werden kann.[16] Hierbei muss es sich nicht zwingend um eine Sanktionierung durch deutsche Stellen handeln; hinreichend ist, wenn überhaupt eine staatliche Unrechtsreaktion bevorsteht – ggf. durch eine ausländische Behörde wie der SEC. Soweit es den deutschen Rechtsraum anbelangt, stehen einerseits strafrechtliche Reaktionen (gegen die Unternehmensleitung), andererseits aber ebenso ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen im Raum.[17]
b) Begriffsbestimmung durch Klassifizierung
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Eine weitere Klassifikationsmöglichkeit ergibt sich aus der Unterscheidung zwischen staatlichen Ermittlungen durch staatliche Akteure, staatlichen Ermittlungen durch private Akteure und privaten Ermittlungen. Dabei werden Internal Investigations (überwiegend) dem letztgenannten Bereich zugeschrieben.[18]
Dies schließt unternehmensinterne Ermittlungen insbesondere aus dem Bereich der durch beliehene Privatpersonen durchgeführten staatlichen Ermittlungen aus, zumal soweit sie lediglich als „management tool“ von Unternehmen eingesetzt werden, die ausschließlich dem deutschen Recht unterliegen. Begründen lässt sich dieses Ergebnis damit, dass den staatlichen Stellen bei unternehmensinternen Ermittlungen die (Ermittlungs-)Herrschaft fehlt.[19] Soweit es den US-amerikanischen Rechtsraum betrifft, bzw. das deutsche Unternehmen am dortigen Markt agiert, kommt der Hinzuziehung externer Ermittler vor allem die Funktion zu, den aufgeklärten Sachverhalt und die gewonnenen Erkenntnisse glaubhaft der zuständigen Behörde (i.d.R. die SEC oder das DOJ) zu übermitteln und ihr die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Allein die Tatsache, dass die hinzugezogenen Ermittler das Vertrauen der SEC genießen, macht die Untersuchung jedoch mangels Ermittlungsherrschaft noch nicht zu einer staatlichen.[20]
Im Ergebnis lässt sich somit festhalten, dass es sich bei Internal Investigations unabhängig von dem Rechtsraum, in dem sie stattfinden und in dem das betreffende Unternehmen tätig ist, um private Ermittlungsmaßnahmen handelt.
2. Historische Herleitung der Definition
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Wie gesehen differiert die Motivation der betroffenen Unternehmen zur Durchführung interner Ermittlungen bzw. ist abhängig von den im maßgeblichen Rechtsraum herrschenden (Straf-)Verfahrensbedingungen. Hält in den USA vor allem die SEC zu unternehmensinternen Untersuchungen an, so sind es im deutschsprachigen Rechtsraum vorwiegend andere Gründe, die Internal Investigations im Fall von Regelverstößen zu einem probaten Mittel der Intervention machen. Partiell erscheinen solche Ermittlungen veranlasst durch entsprechende gesetzliche Regelungen wie sie sich bspw. im Aktiengesetz finden[21] – wenngleich nicht ausdrücklich oder in dieser konkreten Ausgestaltung. Nur zum Teil sind unternehmensinterne Ermittlungen auch eine Folge der Privatisierungstendenzen im Strafverfahren. Denn während in den USA das bestehende Anreizsystem quasiverpflichtend Internal Investigations fordert, bleiben die Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten im Geltungsbereich des deutschen Strafverfahrensrechts